Welt-Hepatitis-Tag

Rund 9 Millionen Europäer leiden an Hepatitis B oder C

Remagen - 28.07.2017, 10:15 Uhr

Zu oft werden Hepatitis C und B auch in Europa noch unbewusst übertragen. (Foto: bluebay2014 / fotolia)

Zu oft werden Hepatitis C und B auch in Europa noch unbewusst übertragen. (Foto: bluebay2014 / fotolia)


Schätzungen zufolge leben etwa 4,7 Millionen Europäer mit chronischer Hepatitis B und 3,9 Millionen mit chronischer Hepatitis C. Viele Betroffene wissen gar nichts davon, denn sie wurden bislang nicht darauf getestet. So kann die Krankheit unbewusst weiter übertragen werden. Anlässlich des heutigen Welt-Hepatitis-Tags fordern Experten vom European Centre for Disease Prevention an Control (ECDC) mehr Konsequenz bei Präventionsmaßnahmen.

Zum Welt-Hepatitis-Tag hat das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) die Ergebnisse einer umfangreichen Analyse von Literaturdaten aus dem Zeitraum 2005 bis 2015 vorgestellt. Hiernach wird die Prävalenz der Hepatitis B (HBV) in der Europäischen Union und im Europäischen Wirtschaftsraum auf etwa 0,9 Prozent und die der Hepatitis C (HCV) auf rund 1,1 Prozent geschätzt. Die tatsächliche Belastung könnte jedoch darüberliegen, meint das ECDC, denn viele Infektionen verliefen symptomlos und würden nicht erkannt.

Fast 60.000 neue Fälle in 2015

Im Jahr 2015 berichteten die Länder der EU/des EWR fast 60.000 neu diagnostizierte Fälle, davon rund 24.600 mit Hepatitis B und 34.600 für Hepatitis C. In ganz Europa sind die diagnostizierten und gemeldeten Fälle zwischen 2006 und 2015 um 26 Prozent angestiegen. Das ECDC führt die Zunahme auf eine intensivierte Test-Praxis in ganz Europa zurück, gibt jedoch zu bedenken, dass dies nicht für alle europäischen Länder gilt. Eine aktuelle Umfrage der ECDC zeige vielmehr von Land zu Land große Unterschiede.

Zu wenig Leitlinien und konsequente Testprogramme

Hiernach fehlen auf politischer Ebene häufig klare Vorgaben für HBV oder HCV-Testungen (in neun bzw. acht Ländern). Auf der Ebene der Umsetzung hapert es meist daran, dass Risikogruppen nicht adäquat in den Fokus genommen werden (17 Länder für HBV und 16 Länder für HCV). 19 bzw. 18 Länder gaben zwar an, nationale Test-Leitlinien unter Einbeziehung von HBV bzw. HCV zu haben, aber nur sechs verfügen über spezielle Leitlinien für die Testung auf HBV und zehn auf HCV. Hauptrisikogruppen, die am häufigsten durch das Prüfraster fallen, sind Prostituierte, homosexuelle Männer, Menschen, die sich Tattoos oder Piercings machen lassen und Obdachlose. Der Anteil der nicht diagnostizierten Infektionen soll für HBV von 45 bis 85 Prozent und für HCV von 20 bis 89 Prozent reichen.

Diagnose ist der Haupt-Flaschenhals

„Es gibt hochwirksame Medikamente zur Behandlung von Menschen mit Hepatitis B und C“, sagt ECDC-Direktorin Andrea Ammon. „Der Haupt-Flaschenhals in der Bekämpfung ist der Nachweis. Zu viele Infektionen mit Virushepatitis bleiben unerkannt.“ Weniger als die Hälfte der antwortenden EU/EWR-Staaten habe nach der ECDC-Erhebung spezielle Leitlinien zur Testung auf Hepatitis B oder C und noch weniger hätten Schätzungen zur möglichen Dunkelziffer von Infizierten zur Verfügung stellen können, bemängelt Ammon und fügt an: „Die Länder müssen außerdem die Qualität und Vollständigkeit der Überwachung verbessern, vor allem im Hinblick auf die Übertragungswege.

Bis 2030 keine Hepatitis mehr in Europa

Rückendeckung bekommt sie hierbei von Vytenis Andriukaitis. „Wir brauchen größere Anstrengungen, um das Leiden und die Kosten zu verringern, die Hepatitis in ganz Europa verursacht.“ betont der EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. „Um den zugrundeliegenden Ursachen wirksam zu begegnen, müssen wir Instrumente auf dem Gesundheitssektor mit sozialen Instrumenten verbinden und über die Gesundheits-, Sozial-und Bildungspolitik zusammenarbeiten."

Bis zum Jahr 2030 soll die Hepatitis in der EU bzw. dem EWR eliminiert sein, so lautet die Zielvorgabe des WHO Regional Action Plan. Hierzu müssen Präventions- und Kontrollprogramme weiter hochgefahren werden, fordern die Experten. Das ECDC arbeitet derzeit an einer Evidenz-basierten Test-Leitlinie, um die Länder hierbei zu unterstützen.   

Jedes Jahr am 28. Juli

Der Welt-Hepatitis-Tag wird jedes Jahr am 28. Juli begangen, um die Erkrankung in das Bewusstsein der Menschen zu rücken und das Wissen darüber zu verbessern. Die fünf bekannten Hepatitis-Viren sind A, B, C, D und E. Das European Centre for Disease Prevention and Control koordiniert die Überwachung für die Hepatitis A, B und C. Eine jüngere Studie des ECDC stellt auch Daten zur Hepatitis E für den Zeitraum 2005 bis 2015 zur Verfügung.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.