Arzneimittel-Automat in Hüffenhardt

Gerichts-Pleite für DocMorris-Schwester

Berlin - 26.07.2017, 16:00 Uhr

Das Landgericht Mosbach hat erneut über einen Antrag auf einstweilige Verfügung des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg befunden. (Foto: DAZ.online)

Das Landgericht Mosbach hat erneut über einen Antrag auf einstweilige Verfügung des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg befunden. (Foto: DAZ.online)


Das Landgericht Mosbach hat ein weiteres Urteil zum DocMorris-Arzneimittelautomaten im baden-württembergischen Hüffenhardt gesprochen. Diesmal richtete sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht gegen DocMorris selbst, sondern gegen die Mieterin der Hüffenhardter Räumlichkeiten, die Tanimis N.V. – eine andere niederländische Tochter von Zur Rose. Ihr wurde verboten, DocMorris die Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. 

Auch wenn die Hüffenhardter Videoberatung von DocMorris bereits seit einigen Wochen geschlossen ist, hat das Landgericht Mosbach nun ein weiteres Urteil in dieser Sache gesprochen. Voraussichtlich ist es das letzte, weitere Verfahren sind nun nicht mehr anhängig.

Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV), der bereits im ersten Verfahren gegen DocMorris Antragsteller war, hatte sich nämlich auch die Tanimis N.V. vorgeknöpft – eine DocMorris-Schwester aus der Zur Rose-Familie. Diese Firma hat die Räumlichkeiten der ehemaligen Brunnen-Apotheke in Hüffenhardt angemietet, um sie sodann DocMorris zur Verfügung zu stellen. Dieser Umstand war zunächst nicht offenkundig. 

Rechtsanwältin und LAV-Geschäftsführerin Ina Hofferberth erklärt: „Den Antrag gegen Tanimis hatten wir in dem Moment gestellt, nachdem die Vertreter von DocMorris offengelegt hatten, dass die Versandapotheke nicht Mieter der Betriebsräume in Hüffenhardt ist und auch das Terminal nicht betreibt, sondern deren Tochterfirma Tanimis. Für uns war es ein prozessstrategisch zwingend nötiger Schritt, dann auch gegen diese Tochter vorzugehen“. 

Nun hat die Vorsitzende Richterin am Landgericht Mosbach Karin Hark also ein weiteres Urteil gesprochen. Tanimis wird einstweilen verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs durch Bereitstellung von Räumlichkeiten und technischer Infrastruktur in Hüffenhardt, einen Dritten – hier also DocMorris – dabei zu unterstützen, dass eben dort apothekenpflichtige und/oder rezeptpflichtige Arzneimittel abgeben werden. Jedenfalls, wenn sich diese Arzneimittel in den Räumen befinden, für die DocMorris keine Apothekenbetriebserlaubnis besitzt.

Ebensowenig darf es Tanimis unterstützen, dass Patienten durch DocMorris Arzneimittel erhalten, welche nach einer stichprobenartigen Qualitätsprüfung im Wege einer Sinnesprüfung in den Betriebsräumen von DocMorris im niederländischen Heerlen nach Hüffenhardt gelangt sind und dort keiner weiteren solchen stichprobenartigen Prüfung unterzogen werden können.

Zudem wurden Tanimis weitere Unterstützungshandlungen untersagt. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung droht dem Unternehmen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro‚ ersatzweise Ordnungshaft.

Bewusstes und gewolltes Zusammenwirken mit DocMorris

Zur Begründung führt das Gericht in seiner Pressemitteilung aus, dass die in Hüffenhardt von DocMorris praktizierte Abgabe von Arzneimitteln wettbewerbswidrig sei. Dies ist bereits den vorangegangenen Urteilen des Landgerichts Mosbach zu entnehmen, bei denen DocMorris direkte Prozessbeteiligte war. Anders als von DocMorris behauptet, befand das Gericht das Vorgehen in Hüffenhardt nicht als von der Versandhandelserlaubnis gedeckt.

Ebenso wettbewerbswidrig sei es, wenn DocMorris in Hüffenhardt verschreibungspflichtige Medikamente abgebe, ohne dass hierbei auf der Originalverschreibung das Namenszeichen des pharmazeutischen Personals aufgenommen und gegebenenfalls Änderungen vermerkt werden könnten.

Das alles muss sich Tanimis zurechnen lassen, meint das Gericht. Denn das Unternehmen handle mit DocMorris bewusst und gewollt zusammen. Beide Gesellschaften hätten teilweise dieselben vertretungsberechtigten Personen. Auch ihre Geschäftssitze befänden sich am selben Ort in derselben Straße. Im Einvernehmen hätten sie ein Vertriebskonzept entwickelt und realisiert, damit Arzneimittel über einen Ausgabeautomaten an Verbraucher abgegeben werden könnten. Tanimis sei bekannt gewesen, wozu sie die Erdgeschossräume in der Hauptstraße 45 in Hüffenhardt angemietet habe, so das Gericht. Das Unternehmen habe beabsichtigt, seine technische Infrastruktur zum Zweck der Medikamentenausgabe an Verbraucher einzusetzen. Ein weiteres Indiz für ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken sieht das Gericht darin, dass DocMorris die einzige Gesellschaft ist, die die Hard- und Software von Tanimis nutze. 

LAV-Geschäftsführerin Hofferberth ist über das Urteil nicht überrascht: „Es hätte mich gewundert, wenn heute eine andere Entscheidung gefallen wäre. Der Tatbestand und die Verstöße gegen geltendes Recht liegen gleichermaßen vor – egal, wer dieses Terminal betreibt“.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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