Knollenblätterpilz

Achtung, Vergiftungsgefahr! 

Stuttgart - 26.07.2017, 17:40 Uhr

Durch Verwechslungen kommt es immer wieder zu Vergiftungen mit hochgiftigen Knollenblätterpilzen. (Foto: picture alliance/WILDLIFE)

Durch Verwechslungen kommt es immer wieder zu Vergiftungen mit hochgiftigen Knollenblätterpilzen. (Foto: picture alliance/WILDLIFE)


Die Medizinische Hochschule Hannover hat jüngst fünf Patienten mit einer lebensbedrohlichen Pilzvergiftung aufgenommen. Sie stammen aus Osteuropa und haben offenbar den hochgiftigen Knollenblätterpilz irrtümlich für essbar gehalten. Er hat große Ähnlichkeit mit essbaren Arten in den Herkunftsländern. Doch auch in hiesigen Breiten besteht Verwechslungsgefahr. 

Mehrere Patienten kamen mit Erbrechen und Durchfall an den beiden letzten Wochenenden in die Notaufnahme der Medizinische Hochschule Hannover. Diagnose: Pilzvergiftung. Sie hatten hochgiftige Knollenblätterpilze zu sich genommen. Bereits im vergangenen Spätsommer hatte die Klinik mehr als 30 Asylbewerber mit Pilzvergiftungen behandelt. Der Knollenblätterpilz hat große Ähnlichkeit mit essbaren Arten in den Herkunftsländern, aber auch mit Champignons wird er oft verwechselt. Deshalb wurde ein Warn-Plakat in sieben Sprachen entworfen, das jetzt wieder per Mail an Behörden und Migranten-Treffpunkte verteilt werden soll. 

Knollenblätterpilzvergiftungen können tödlich sein

Vergiftungen mit Amanitin-haltigen Pilzen, wie dem Grünen Knollenblätterpilz, Amanita phalloides, gehören zu den gefährlichsten Pilzvergiftungen. Sie sind potenziell tödlich. Amanitine sind bizyklische Octapeptide, die die RNS-Polymerase II und somit die Proteinbiosynthese hemmen. Sie schädigen vor allem die Leber. Es dauert etwa zwischen vier und 24 Stunden, bis die ersten gastrointestinalen Symptome auftreten. Nach einer vorübergehenden scheinbaren Besserung folgt die Phase mit den typischen Symptomen einer starken Leberschädigung wie Ikterus, Gerinnungsstörungen und im schlimmsten Fall Coma hepaticum. Gerettet werden können nur Vergiftete, die schnell behandelt werden und nicht viel vom Knollenblätterpilz gegessen haben.

Knollenblätterpilz vs. Champignon

  • nur bei den Knollenblätterpilzen ist eine Knolle vorhanden
  • Bei Knollenblätterpilzen sind die Lamellen weiß. Bei den Champignons werden sie mit zunehmendem Alter dunkler.  
  • An der Hutfarbe kann man sie nicht unterscheiden. Auch Grüne Knollenblätterpilze können einen weißen Hut haben.

Was tun beim Verdacht auf Pilzvergiftung?

Ein anderer Amanitin-haltiger Pilz ist der Gifthäubling, Galerina marginata. Er kann mit dem Stockschwämmchen, Kuehneromyces mutabilis (syn. Pholiota mutabilis) verwechselt werden, weil sie die selben Standorte mögen. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal: Das Stockschwämmchen hat Schüppchen am Hutrand, Stiel und der Hutunterseite, der Gifthäuptling nicht. 

Kommt es nach dem Verzehr von Pilzen zu Übelkeit, Durchfall oder Erbrechen, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Und zwar von allen, die den Pilz gegessen haben, auch wenn noch keine Symptome aufgetreten sind. Bei Knollenblätterpilzen kann das ja zwischen vier und 24 Stunden dauern.

Finger weg von Hausmitteln!

Wichtige Anlaufstellen sind auch die Giftinformationszentralen. Sie sind in der Lage, anhand der Symptome die Vergiftungsursache einzuengen. Zudem können sie Verhaltenstipps und Behandlungsratschläge geben. Bei leichten und schnell einsetzenden Symptomen können sie noch vor dem Arzt kontaktiert werden. Sie sind jeden Tag 24 Stunden erreichbar. Von Hausmitteln ist abzuraten. So ist Milch trinken immer falsch. Auch Salzwasser, um Erbrechen zu provozieren, oder Kohletabletten können die Prognose unter Umständen verschlechtern. Auch noch wichtig: Pilz-Reste, zubereitet oder unzubereitet, und eventuell Erbrochenes sollen aufbewahrt und zum Arzt mitgenommen werden. 

Häufiger als Vergiftungen durch Giftpilze sind jedoch die „unechten Pilzvergiftungen“. Sie werden durch zu alte oder falsch zubereitete Pilze verursacht. Oder weil der Betroffene schlicht zu viel gegessen hat. Der hohe Gehalt an Ballaststoffen oder viel Fett und Zwiebeln im Pilzgericht können empfindlichen Personen ebenfalls Beschwerden bereiten. Zudem sind individuelle Unverträglichkeiten möglich. 

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Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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