Wettbewerbsrecht

Gericht verbietet kostenlose Blutzuckermessgeräte

Berlin - 24.07.2017, 17:00 Uhr

Kostenlose Blutzuckermessgeräte für Kunden? Apotheken machen sich darüber ihre Gedanken. Tatsächlich sollten sie besser vorsichtig mit solchen Angeboten sein. (Foto: Kzenon / Fotolia)

Kostenlose Blutzuckermessgeräte für Kunden? Apotheken machen sich darüber ihre Gedanken. Tatsächlich sollten sie besser vorsichtig mit solchen Angeboten sein. (Foto: Kzenon / Fotolia)


Keine Image-Werbung

Laut Gericht liegt jedenfalls ein Verstoß gegen  § 7 Abs. 1 HWG vor, der auch für Medizinprodukte wie Blutzuckermessgeräte gilt. Danach ist es unzulässig,  Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Allerdings gibt es Ausnahmen: Das Verbot gilt beispielsweise nicht, wenn die Zuwendungen von geringem Wert sind oder in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag bestehen.  

Das Gericht stellt klar, dass die beanstandete Werbung nicht lediglich Imagewerbung sei, die nicht unter das Heilmittelwerbegesetz fallen würde. Es sei vielmehr eine produktbezogene Werbung. Sie bezwecke, Diabetiker als Kunden für die angebotenen Teststreifen zu gewinnen und zu binden. Dazu führen die Richter aus, dass die Bindung des Diabetikers an ein Produkt bereits dadurch eintrete, dass er mit einem bei dem beklagten Händler erworbenen Messgerät nur die dafür vorgesehenen  Messstreifen verwenden – die derselbe Händler vertreibt.

Ein klares Werbegeschenk von nicht geringem Wert

Die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Verbrauchers – wie sie das Heilmittelwerbegesetz unterbinden will – bestünde ferner dann nicht, wenn der Werbeadressat die Zuwendung nicht als Werbegeschenk ansieht. Doch so liegt es hier nach Auffassung des Gerichts nicht: Die angesprochenen Diabetiker sähen die Abgabe des Blutzuckermessgerätes sehr wohl als  Werbegeschenk an – und zwar ganz gleich, ob sie privat oder gesetzlich versichert sind. Es sei für jeden Patienten offensichtlich, dass die Messgeräte einen erheblichen Wert verkörpern. Der Wert der kostenlosen Abgabe sei dabei hoch anzusetzen, so das Gericht. Denn ein insulinpflichtiger Diabetiker sollte wenigstens zwei Messgeräte besitzen, um bei Verlust oder Defekt sofort den dringend notwendigen Ersatz zu haben. Da die Krankenversicherungen insbesondere Teststreifen restriktiv handhabten, messe der Angesprochene der kostenlosen Abgabe etwa eines zweiten oder dritten Messgeräts besonderen Wert bei. Das zeige zugleich, dass es sich nicht lediglich um eine Werbegabe von geringem Wert handele.  

Die kostenlose Abgabe von Blutzuckermessgeräten sei auch kein bestimmter oder auf bestimmte Art zu berechnender Geldbetrag. Es sei offensichtlich, dass der Wert der angebotenen verschiedenen Geräte differiere, also nicht bestimmt sei. Da der Händler den Wert zudem nicht mitteile, sei er auch nicht bestimmbar.

Weiterhin konstatiert das Gericht, dass dieser angenommene Verstoß auch die Interessen von Mitbewerbern spürbar beeinträchtige. 

Offen lassen die Richter jedoch, ob die Werbung für die kostenlose Abgabe von Blutzuckermessgeräten irreführend nach § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG ist. Dagegen spreche, dass der Endverbraucher sich üblicherweise bewusst sei, dass ihm gewährte Werbegeschenke durch höhere Preise bei anderen von ihm erworbenen Produkten finanziert werden. Gerade Diabetiker wüssten, dass eine Bindung an den Blutzuckermessstreifen des Herstellers des Messgerätes besteht.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das beklagte Unternehmen kann gegen die Entscheidung Berufung einlegen.

Urteil des Landgerichts Dresden vom 29. Juni 2016, Az.: 44 HK O 200/16



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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