Hepatitis E

Können Mettbrötchen wirklich tödlich sein? 

Stuttgart - 21.07.2017, 13:10 Uhr

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit warnt vor dem Verzehr von rohem Schweinefleisch. (Foto: rdnzl / Fotolia)

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit warnt vor dem Verzehr von rohem Schweinefleisch. (Foto: rdnzl / Fotolia)


Ist Mett tödlich? So war es dieser Tag im Netz zu lesen. Hintergrund ist eine Warnung der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vor dem Verzehr von rohem oder nicht durchgegartem Schweinefleisch. Das sei nämlich in der EU die häufigste Ursache für Infektionen mit dem Hepatitis-E-Virus, ein Erreger den man im Gegensatz zu Hepatitis A,B und C hierzulande wenig auf dem Schirm hat. Aber wie groß ist die Bedrohung?

Die symptomatische Hepatitis E tritt als akut verlaufende Leberentzündung auf. Der Erreger, das Hepatitis-E-Virus (HEV,) gehört zur Familie der Hepeviridae – eine Familie, die nur eine einzige Gattung umfasst: die Hepeviren. Bis 2006 wurden diese als „Hepatitis-E-like viruses" der Familie Caliciviridae zugeordnet. Beim Menschen findet man die Spezies Orthohepevirus A, eben den Erreger der Hepatitis E, die in noch in verschiedene Geno-und Subgenotypen unterteilt wird. 

Antikörper gegen HEV finden sich in Deutschland bei etwa 16,8 Prozent der erwachsenen Bevölkerung – bei Männern genauso häufig wie bei Frauen. Diese Antikörper sind mehrere Jahre nach einer Infektion nachweisbar. Vergleicht man das mit den gemeldeten Infektionen – 2016 waren 1991 – scheint es neben einer Untererfassung der symptomatischen Infektionen auch viele Infektion mit asymptomatischem oder subklinischen Verlauf zu geben. Vor allem bei dem in Deutschland endemisch auftretenden Virus-Subytp, HEV-3, ist das laut RKI der Fall. Insgesamt steigen die Fallzahlen seit Jahren, allein von 2015 auf 2016 um 58 Prozent. Das Robert-Koch-Institut führt das aber auf eine erhöhte Aufmerksamkeit der Ärzteschaft und nicht tatsächliche Steigerung der Erkrankungszahlen beim Menschen zurück. 

Wie findet die Übertragung statt?

In vielen Ländern Asiens und Afrikas ist das Hepatitis-E-Virus mit den Genotypen 1 und 2 endemisch. Gründe sind unzureichende Trinkwasser- und Lebensmittelhygiene. Auch eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung scheint dann möglich. In westlichen Industriestaaten findet die Übertragung vor allem über tierische Lebensmittel, wie unzureichend gegartes Wild­- oder Schweinefleisch und daraus hergestellten Produkten statt – eben das besagte Mett. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung von in Deutschland erworbenen HEV-3-Infektionen erachtet das RKI als extrem unwahrscheinlich. Von den 2016 gemeldeten Infektion wurden 84 Prozent in Deutschland erworben, die übrigen waren reiseassoziiert. 

Wie viele Menschen sterben an Hepatits E?

In der Regel ist die Hepatitis E selbstlimitierend. Die Inkubationszeit beträgt 15 bis 64 Tage. Wenn überhaupt Symptome auftreten, verläuft die Infektion häufig ohne Ikterus mit milden gastrointestinalen oder allgemeinen Symptomen. Grundsätzlich ist jedoch ein breites Symptom-Spektrum möglich. Im Extremfall kann es aber auch zu fulminanten Hepatitiden kommen. Es werden die typischen Symptome infektiöser Hepatitiden, also Ikterus, Dunkelfärbung des Urins, Entfärbung des Stuhls, Fieber, Oberbauchbeschwerden, Müdigkeit und Verlust des Appetits beschreiben, aber wurden auch atypische Krankheitszeichen, zum Beispiel neurologische Beschwerden. Besonders gefährdetet für schwere Verläufe sind Personen mit vorgeschädigter Leber oder Immunsupprimierte. Bei Letzteren kann es auch zu chronischen Verläufen kommen, die zwar oft lange asymptomatisch bleiben, aber wie andere chronische Hepatitiden, zur Leberzirrhose führen.

Die Letalität bei den gemeldeten Fällen liegt laut RKI deutlich unter 1 Prozent. EU-weit wurden 21.000 Hepatits-E-Fälle in den letzten zehn Jahren gemeldet. 28 Menschen sind an der Krankheit gestorben. Zum Vergleich: Bei Salmonellen liegt Gesamtletalität bei unter 0,1 Prozent. 

Wie wird der Erreger nachgewiesen?

Die Diagnostik erfolgt in der Regel bei frischen Infektionen mit entsprechenden Symptomen und Laborwerten (Erhöhung der Transaminasen) über dem Nachweis von Anti-HEV-IgM im Serum. Bei immunsupprimierten Patienten funktioniert die serologische Diagnostik der Hepatitis E nicht. In diesen Fällen muss gegebenenfalls der Erreger nachgewiesen werden, zum Beispiel mittel PCR. 

Im Stuhl ist das Virus etwa eine Woche vor bis vier Wochen nach Beginn des Ikterus nachweisbar. Wie lange infizierte Personen infektiös sind ist laut RKI noch nicht abschließend geklärt. Wobei sich diese Frage, wie bereits erwähnt, ohnehin nur bei den reiseassoziierten Varianten stellt. Ob nach einer durchgemachten Infektion lebenslange Immunität besteht, ist unklar. 

Wie wird behandelt?

Immunkompetente Personen brauchen in der Regel keine Therapie – allenfalls eine symptomatische Behandlung ist angezeigt. Bei chronischer HEV-Infektion sollte versucht werden, das Virus zu eliminieren. Das kann entweder durch eine Reduzierung der Immunsuppression geschehen oder, wenn das nicht möglich ist, durch eine antivirale Behandlung (z.B. mit Ribavirin oder pegyliertem Interferon alpha) in Frage. Bei fulminanten Verläufen ist eine Transplantation derzeit die einzige Therapieoption. 

Wie kann man vorbeugen? 

Für Deutschland und andere Länder, in denen nur der Genotyp 3 und 4 vorkommt, lautet die Empfehlung Schwein und Wild nur durchgegart zu verzehren, wie es die EFSA jüngst auch empfohlen hat. Durchgaren bedeutet erhitzen auf über 71°C für mindestens 20 Minuten. Um Kreuzkontaminationen zu vermeiden, sollte auf Küchenhygiene geachtet werden. Bei Reisen in Gebiete mit endemischer Verbreitung des Genotyps 1 oder 2 gelten die allgemeinen Regel n, um lebensmittelbedingten Infektionen zu vermeiden.

In China ist ein Impfstoff zugelassen (Hecolin). In Europa steht er aber nicht zur Verfügung.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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