Das Beste aus 2017

Diese „mabs“ sollten Apotheker kennen

Stuttgart - 29.12.2017, 09:00 Uhr

Auf Antikörpern liegen viele Hoffnungen. (Foto: Kateryna_Kon / Fotolia)

Auf Antikörpern liegen viele Hoffnungen. (Foto: Kateryna_Kon / Fotolia)


Ixekizumab, Secukinumab, Idarucizumab: Gefühlt kommen im Wochenrhythmus neue „mabs“, monoklonale Antikörper, auf den Markt. Fast so vielfältig wie die Wirkstoffe sind die Targets. Die zum Teil fast unaussprechlichen Namen machen das Ganze nicht leichter. Da kann man schon mal den Überblick verlieren. Wir haben die wichtigsten Antikörper einmal für sie zusammengestellt. 

Das Beste aus 2017

Was waren die Top-Themen 2017? Was hat die DAZ.online-Leser im abgelaufenen Jahr  interessiert? Zum Jahresabschluss präsentieren wir ihnen eine Auswahl der beliebtesten Artikel aus dem abgelaufenen Jahr.

Am Suffix „mab“ für „monoclonal antibody“ sind sie leicht zu erkennen. Indikationen sind beispielsweise Autoimmunerkrankungen, aber auch in der Tumortherapie werden sie viel eingesetzt. Sie sind Proteine und somit komplexe, biotechnologisch hergestellte Wirkstoffe.

Der erste therapeutische Antikörper wurde bereits 1986 zugelassen: Muromonab-CD3 (Handelsname Orthoclone OKT3®) zur Behandlung einer akuten Abstoßungsreaktion nach Organtransplantationen. Es handelte sich dabei um einen murinen Antikörper. Das Problem dabei: Nicht menschliche Antikörper wirken im menschlichen Organismus selbst als Antigen und können eine gegen sie gerichtete Immunantwort auslösen.

Seitdem ist eine Vielzahl von Antikörpern auf den Markt gekommen, vor allem in den letzten Jahren – gegen eine Vielzahl von Targets. Vollständig humane oder zumindest humanisierte Antikörper, die nur noch etwa zehn Prozent Maus-Proteine enthalten, sind heute Standard. Man erkennt übrigens in der Regel an der Endung, um welchen Antikörper-Typ es sich handelt.

- omab: muriner Antikörper, 100 Prozent Maus-Proteine

- ximab: chimärer Antikörper; ca. 33 Prozent Maus-Proteine

- zumab: humanisierter Antikörper ca. 10 Prozent Maus-Proteine

- umab: vollhumaner Antikörper; 100 Prozent menschliche Proteine

Mittlerweile gibt es bereits die ersten Biosimilars. Den Überblick zu behalten, ist schwer, zumal die große Mehrheit im Apothekenalltag keine Rolle spielt. Im folgenden, ein Überblick über die wichtigsten Antikörper. 

Antikörper gegen Autoimmunerkrankungen

Rheumatische Erkrankungen gehörten neben Krebserkrankungen zu den ersten Krankheitsbildern, bei denen Antikörper routinemäßig zum Einsatz kamen. Allerdings kommen sie in der Regel erst zum Einsatz, wenn andere Therapien versagt oder nicht ausgereicht haben. Einer der ersten war Infliximab, das seinen Siegeszug in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis begann. Heute ist Infliximab zudem bei Morbus Crohn (auch Kindern), Fistelbildungen bei Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew), Psoriasis-Arthritis und Schuppenflechte zugelassen. Eine Entwicklung, die es auch bei anderen Wirkstoffen gab. Ein weiteres Krankheitsbild, wo große Hoffnungen in Antikörpern liegen, ist die Behandlung der multiplen Sklerose. 

Targets unter anderem der Tumornekrosefaktor α (TNF-α), verschiedene Interleukine (IL) oder spezifische Oberflächenmerkmale (CD = Cluster of differentiation).

Diese Antikörper sind derzeit bei Autoimmunerkrankungen zugelassen: 

Wirkstoff Molekül Target Handelsname (Original) 
Abatacept Fusionsprotein aus CTLA-4 und Antikörper-Fc-Teil CD80 und CD86 Orencia®
Adalimumab humaner Antikörper 

TNF-α*

 

Humira®
Alemtuzumab humanisierter Antikörper gegen CD52 CD52 auf B- und T-Zellen Lemtrada®
Basiliximab Chimärer Antikörper CD25 auf aktivierten T-Zellen Simulect®
Belimumab humaner Antikörper humanes B-Lymphozyten-Stimulator-Protein Benlysta®
Certolizumab pegol pegyliertes, humanisiertes Fab-Fragment  TNF-α Cimzia®
Canakinumab humaner Antikörper IL**-1 beta Ilaris®
Daclizumab humanisierter Antikörper CD25 auf aktivierten T-Zellen Zenapax®
Golimumab humaner Antikörper TNF-α Simponi®
Infliximab chimärer Antikörper TNF-α Remicade®
Ixekizumab humanisierter Antikörper IL-17A Taltz®
Natalizumab humanisierter Antikörper α4-Integrin Tysabri®
Rituximab chimärer Antikörper CD20 auf B-Zellen MabThera®
Secukinumab humaner Antikörper IL-17A Cosentyx®
Tocilizumab humanisierter Antikörper IL-6-Rezeptor  RoActemra®
Ustekinumab humaner Antikörper IL-12, IL-23 Stelara®
Vedolizumab humanisierter Antikörper α4β7-Integrin Entyvio®

Biosimilars sind derzeit von Rituximab und Infliximab verfügbar. 

Antikörper gegen Krebserkrankungen

Krebserkrankungen sind derzeit das größte Einsatzgebiet der therapeutischen Antikörper. Sie richten sich gegen viele verschiedene Tumorentitäten und somit auch gegen viele Targets.

Targets

  • VEGF= Vascular Endothelial Growth Factor
  • EpCAM = Epitheliales Zelladhäsionsmolekül
  • EGFR= Epidermal Growth Factor Receptor
  • RANKL = Receptor Activator of NF-κB Ligand
  • CTLA4 = Cytotoxic T-Lymphocyte-Associated Protein 4
  • PD-1: Programmed Cell Death Protein 1
  • SLAMF7 = Signaling Lymphocyte Activation Molecule Family Member 7
  • PDGFR-α**= Blutplättchen produzierten Wachstumsfaktor-Rezeptor α
  • HER 2= Human epidermal Growth Factor Receptor 2

Hier spielt das Thema personalisierte Medizin eine Rolle. Da für die Wirksamkeit der Moleküle die Tumorzellen bestimmte Strukturen aufweisen müssen.

In der Tumortherapie ist es ähnlich wie bei den Autoimmunerkrankungen: Die Indikationsgebiete werden in der Regel ausgeweitet. 

Diese Antikörper sind derzeit bei Krebserkrankungen zugelassen:
 

Wirkstoff Molekül Target Handelsname (Original) 
Bevacizumab humanisierter Antikörper VEGF*Avastin® 
Blinatumomab bispezifischer Antikörper aus zwei scFv-Fragmenten (BiTE) CD19 auf B-Zellen, CD3 auf T-Zellen Blincyto® 
Brentuximab vedotin Antikörper-Wirkstoff-Konjugat CD30 Adcetris® 
Catumaxomab muriner Antikörper CD3, EpCAM**Removab® 
Cetuximab chimärer Antikörper EGFRErbitux® 
Daratumumab humaner Antikörper CD38 Darzalex® 
Denusomab humaner Antikörper RANK-Ligand Xgeva® 
Elotuzumab humanisierter Antikörper SLAMF7 * Empliciti® 
Ibritumomab
-Tiuxetan 
Antikörper-Wirkstoff-Konjugat CD20 Zevalin® 
Ipilimumab humaner Antikörper CTLA-4 Yervoy® 
Necitumumab humaner Antikörper EGFR Portrazza® 
Nivolumab humaner Antikörper PD-1-Rezeptor Opdivo® 
Obinutuzumab humanisierter Antikörper CD20 Gazyvaro® 
Ofatumumab humaner Antikörper CD20 auf B-Zellen Arzerra® 
Olaratumab humaner Antikörper PDGFR-α** Lartruvo® 
Panitumumab humaner Antikörper EGFR Vectibix® 
Pembrolizumab humanisierter Antikörper PD-1-Rezeptor Keytruda® 
Pertuzumab humanisierter Antikörper HER2 Perjeta® 
Ramucirumab humaner Antikörper VEGF Rezeptor-2 Cyramza® 
Siltuximab chimärer Antikörper IL-6 Sylvant® 
Trastuzumab humanisierter Antikörper HER2 Herecptin® 
Trastuzumab Emtansin Antikörper-Wirkstoff-Konjugat HER2 Kadcyla® 

Asthma, Hypercholesterinämie und das Pradaxa-Antidot

Gegen Krebs- und Autoimmunerkrankungen gibt es bislang die meisten Antikörper. Doch auch in anderen Bereichen werden es mehr und mehr. Targets sind zum Beispiel die Proproteinkonvertase Subtilisin Kexin Typ 9 PCSK9), der Glykoprotein IIb/IIIa-Rezeptor oder Dabigatran. 

Wirkstoff Molekül Target Handelsname (Original) Indikation
Abciximab Chimärer Antikörper GP-IIb/IIIa-Rezeptor ReoPro® u.a. instabile Angina pectoris
Alirocumab humaner Antikörper PCSK9* Praluent® Hypercholesterinämie
Eculizumab humanisierter Antikörper Komplementprotein C5 Soliris® u. a. paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie
Evolocumab humaner Antikörper PCSK9* Repatha® Hypercholesterinämie
Denosumab humaner Antikörper RANK-Ligand Prolia® Osteoporose
Idarucizumab humanisiertes Antikörperfragment Dabigatran Praxbind® Antidot für Dabigatran
Mepolizumab humanisierter Antikörper IL-5 Nucala® Asthma
Omalizumab humanisierter Antikörper IgE Xolair® Asthma
Palivizumab humanisierter Antikörper Fusionsproteins des Respiratory Syncytial Virus Synagis® Atemwegserkrankungen
Ranibizumab humanisierter Antikörper VEGF A Lucentis® u.a. altersabhängige Makuladegeneration und diabetisches Makulaödem
Reslizumab humanisierter Antikörper IL-5 Cinqaero® Asthma

Dieser Artikel ist ursprünglich erschienen am 19. Juli 2017. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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