Interview Fabian Vaucher, Präsident Schweizer Apothekerverband

„Was zur Rose macht, hat mit Versorgung nichts zu tun“

Berlin - 17.07.2017, 07:00 Uhr


„ Zur Rose ist und war nie Mitglied von pharmaSuisse“

DAZ.online: Eine Frage zur Rolle des Verbandes pharmaSuisse. In der Schweiz gibt es kein Fremdbesitzverbot. Das heißt, Sie vertreten auch Fremdkapital-gesteuerte Apotheken, wie beispielsweise die Phönix-Gruppe. Warum sehen Sie Zur Rose kritischer als beispielsweise Apothekenketten?

Vaucher: pharmaSuisse ist sowohl der Berufsverband als auch der Branchenverband der Apotheker und eben auch der Apotheken. Die Mitgliedschaft ist freiwillig – für Berufstätige wie auch für die Betriebe. Die Apotheke Zur Rose ist und war nie Mitglied von pharmaSuisse. Aktuell sind alle Ketten in der Schweiz mit ihren Betrieben Mitglied bei pharmaSuisse, neu sind zum Beispiel die Betriebe der Phönix-Gruppe mit allen Benu-Apotheken Kollektivmitglied unseres nationalen Berufsverbands geworden. Zur Rose war von Beginn her ein durch ärztliche Investoren betriebenes disruptives Konzept mit dem Ziel, das Geschäft der stationären Präsenzapotheke mit Patientenkontakt gezielt zu übernehmen. Somit kann diese Apotheke, die die statutarischen Ziele des Berufsverbands klar nicht erfüllt, auch nicht als Mitglied aufgenommen werden.

DAZ.online: In der Schweiz ist Zur Rose ja nun auch ins Vor-Ort-Geschäft eingestiegen: Im Rahmen einer Kooperation mit der Supermarktkette Migros gibt es die erste Shop-in-Shop-Apotheke von Zur Rose in einem Supermarkt. Zur Rose behauptet, dort günstigere Preise anbieten zu können. Geht das überhaupt?

Vaucher: Ich kann nicht beurteilen, wie die Preise bei Zur Rose wirklich aussehen. Wir möchten aber daran erinnern, dass auch für Zur Rose die gesetzlichen Rahmenbedingungen bei der Preisbildung gelten. Wir würden es außerdem sehr kritisch sehen, wenn wegen der bloßen Gewinnmaximierung und niedriger Preise Abstriche bei der Versorgungsqualität gemacht werden. Die Kooperation und die angekündigten Tiefpreise sind aber auch bedenklich, weil für weitere Senkungen der Margen fast kein Spielraum mehr da ist. Rein theoretisch sind solche Tiefpreise nur möglich, wenn man die Mengen mit Absicht ausweitet. Betriebswirtschaftlich gesehen kann ein Rabatt von 10 Prozent nur mit einer Verdoppelung des Absatzes gewinnneutral finanziert werden. Außerdem befürchten wir, dass Zur Rose gleichzeitig an Personalkosten und Infrastruktur sparen wird, um die tiefen Preise finanzieren zu können. Grundsätzlich würde eine Quersubventionierung aber auch gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen.

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DAZ.online: In Deutschland will Zur Rose nach eigenem Bekunden mithilfe von DocMorris ja auch Teile des Rx-Marktes für sich erobern. Wie kommentieren Sie die Aktivitäten und das besondere Interesse von Zur Rose am deutschen Apothekenmarkt?

Vaucher: Hier geht es um ein reines gewinnorientiertes Marktmodell ohne Fokus auf die Versorgung der Patienten und der Regionen. Heute muss ein Paket an den Patienten in der Schweiz einen Gesamtwert von mindestens 200 Schweizer Franken ausweisen, damit es für den Versandhandel kostendeckend ist. Also funktioniert das Modell nur mit gezielter Rosinenpickerei! Mit einer Versorgung aller Patienten hat dies allerdings nichts zu tun.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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