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AEP-Geschäftsführer Graefe im DAZ-Interview
„Die alten Zeiten kommen nicht wieder“
Am heutigen Donnerstag wird vor dem Bundesgerichtshof über die Zukunft der Großhandelsrabatte für Apotheken verhandelt. Gegenüber stehen sich die Wettbewerbszentrale und der Großhändler AEP. AEP-Geschäftsführer Jens Graefe warnt im Interview mit der DAZ vor einer „signifikanten Umverteilung von der Apotheke zur Industrie“, sollten Rabatte und Skonti tatsächlich gleichgesetzt und auf die prozentuale Großhandelsmarge begrenzt werden.
Als Jens Graefe im Oktober 2013 mit dem Pharma-Großhandel AEP an den Start ging, zog er einigen Argwohn auf sich: Nur ein Zentrallager, nur eine Lieferung am Tag, dafür transparente Konditionen, die für jede Apotheke gleich sind. Einmal wieder stürzte sich die Branche in dieser Zeit in eine „Rabattschlacht“ um die Gunst der Apotheker. Zugleich brannte die Diskussion auf, in welchem Rahmen Rabatte und Skonti überhaupt zulässig sind. Der offene Umgang mit den eigenen Konditionen machte AEP zum idealen Gegner für einen Musterstreit, um diese Frage juristisch zu klären. Die Wettbewerbszentrale klagte gegen AEP – doch Geschäftsführer Graefe ist von jeher überzeugt, dass einer der etablierten Mitbewerber hinter der Klage steckt. Wenn das so sein sollte, so ist es diesem bislang gelungen, in Deckung zu bleiben.
Nun steht noch die mündliche Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe an. In erster Instanz war die Klage der Wettbewerbszentrale abgewiesen worden, in zweiter wurde ihr stattgegeben. Offen ist, wie der Bundesgerichtshof entscheiden wird. Es ist auch noch nicht klar, ob bereits am gleichen Tag ein Urteilstenor verkündet wird. Möglicherweise lässt sich der Senat damit Zeit. Sicher ist allerdings: Bis die schriftlichen Gründe der Entscheidung vorliegen, die durchaus detailreich sein können, werden einige Monate vergehen.
Graefe: Skonto wäre auch für Hersteller tabu
Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen für die Apotheken, den Großhandel, aber auch die Hersteller haben. Darauf weist Graefe in einem Interview mit der aktuellen DAZ hin. Würde der Bundesgerichtshof das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg bestätigen und Skonti und Rabatte generell nur im Rahmen des prozentualen Großhandelszuschlags von 3,15 Prozent erlauben, wäre dies „auf jeden Fall eine Begrenzung des Wettbewerbs im Pharmagroßhandel“, sagt Graefe. „Denn das Angebot der Großhändler würde gleicher werden – aber auch wieder noch intransparenter“. Außerdem würde es bei einem solchen Urteil zu flächendeckenden Konditionskürzungen kommen. Nicht zuletzt, so Graefe, würde es eine „signifikante Umverteilung von der Apotheke zur Industrie bedeuten“. Denn Fakt sei, dass es einen „harten“ Herstellerabgabepreis gebe – und alle Hersteller den Großhändlern zusätzliche Skonti gewährten. „Wenn es – wie das OLG Bamberg sagt – eine harte Rabattgrenze gibt und ein Skonto gleichzeitig ein Rabatt ist, dann dürfen auch die Hersteller in der Konsequenz keinen Skonto mehr geben. Als Folge würden in der ganzen Supply Chain ungefähr 1,5 Prozent Marge fehlen, die am Ende 1 zu 1 in der Apotheke aufschlagen“.
Rechts blinken, links abbiegen
Allerdings kann sich Graefe vorstellen, dass selbst in einem solchen Fall die Großhändler kreative Wege finden, Rabattbeschränkungen zu umgehen. „Neben den Skonti gibt es Werbekostenzuschüsse, Genossenschaftsausschüttungen, Rückvergütungen, Bonuszahlungen, Datenverträge und vieles mehr. Ich habe in der Großhandelsbranche eine geflügelte Weisheit gelernt: Das Wasser findet immer seinen Weg.“
Egal wie das Urteil des BGH ausfallen wird, Graefe ist überzeugt, dass sich in der Großhandelsbranche derzeit viel bewegt. Die Großhändler litten unter ihrem Preiskampf und darunter, „dass die alte Ruhe im Markt verschwunden ist“. Graefe: „Es gibt immer noch viele, die glauben, dass das wieder vorbeigeht. Das wird aber nicht mehr vorbeigehen, die alten Zeiten kommen nicht wieder. Wenn heute ein Großhändler seine Konditionen kürzt, dann freut sich der nächste über neue Kunden.“ Insofern sei das Skonti-Verfahren ein Baustein in einem sowieso stattfindenden Veränderungsprozess. Wirklich etwas ändern würde sich allerdings erst, so Graefe, wenn im Großhandelsmarkt endlich offen und transparent und ehrlich gehandelt würde. „Der Markt lebt immer noch davon, dass rechts geblinkt und links abgebogen wird. Nach wie vor werden Konditionen versprochen, die nicht gehalten werden. Und wenn ich es richtig sehe, hat sich in den letzten 3 Jahren kein Großhändler zu dem Verfahren, welches ja fundamentale Bedeutung für die Branche und die Apotheker hat, geäußert – bis heute.“
Auch wenn man vor Gericht und auf hoher See sprichwörtlich in Gottes Hand ist – Graefe glaubt, dass der Bundesgerichtshof wegen der vorgetragenen Argumente und der verfassungsrechtlichen Aspekte „irgendwo in der Mitte“ zwischen den gegensätzlichen vorinstanzlichen Urteilen landen wird. So könnte er sagen, Rabatte dürften nur aus der 3,15-Prozent-Marge gegeben werden, aber ein Skonto sei eben kein Rabatt und dürfe zusätzlich gewährt werden, weil er eine echte Gegenleistung habe. „Mit einem solchen Urteil könnten doch alle zufrieden sein, weil es dann keinen radikalen Bruch gibt.“
Lesen Sie das vollständige Interview mit Jens Graefe in der akutellen DAZ 2017,
Nr. 28, S. 24. Hier finden Sie zudem weitere Hintergründe und Einschätzungen – etwa von Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas – zum Verfahren vor dem Bundesgerichtshof. (Artikel sind für DAZ-Abonennenten abrufbar)
3 Kommentare
Rabatte
von Andreas Kronsbein am 13.07.2017 um 9:12 Uhr
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AW: Rabatte
von Anita Peter am 13.07.2017 um 9:17 Uhr
Verschiebung
von Anita Peter am 13.07.2017 um 8:11 Uhr
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