Apothekenketten und Versand-Verträge

Was sagen die Apotheker zu den Ketten-Forderungen der Krankenkassen?

Berlin - 05.07.2017, 11:30 Uhr

Was sagen die Apotheker-Funktionäre zu den Forderungen der Krankenkassen im anstehenden Bundestags-Wahlkampf? (Foto: dpa)

Was sagen die Apotheker-Funktionäre zu den Forderungen der Krankenkassen im anstehenden Bundestags-Wahlkampf? (Foto: dpa)


Was sagt Peter Froese (Schleswig-Holstein)?

Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein

DAZ.online: Herr Froese, Die Begründung der Kassen für die Forderung nach Apothekenketten ist äußerst spärlich. Was meinen Sie, was hinter dieser Forderung steckt?

Froese: Was die Kassenverbände derzeit präsentieren, das sind keine neuen Ideen, das ist ein tiefer Griff in die Mottenkiste. Was soll denn für die Kassen rauskommen wenn es Ketten gibt? Wir leben und arbeiten in einem GKV-System, in dem fast alle Preisregulierungsmaßnahmen  zu Gunsten der Kassen laufen. Wir müssen mit hochwirksamen Rabattverträgen leben, bei denen die Hersteller zugunsten der Krankenkassen hohe Rabatte gewähren. Wo sollten sich Kettenkonzerne in einem solchen Markt noch etwas abschneiden? In anderen Ländern mit weniger Sparinstrumenten sind Ketten vielleicht möglich, bei uns machen sie schlicht und einfach keinen Sinn. Sinnloses zu beschließen nur um etwas zu beschließen ist auch nicht grade zielführend.

DAZ.online: Insbesondere der AOK-Bundesverband will die Arzneimittelversorgung vermehrt über Selektivverträge steuern. Wäre nicht ein Selektivvertrag zwischen einer großen Kasse und einer EU-Versandapotheke, beispielsweise zur Diabetes-Versorgung, viel schlimmer für die Apotheker als der 1-Euro-Bonus der SPD?

Froese: Die Krankenkassen sollten sich endlich darüber klar werden, dass Selektivverträge grundsätzlich nicht in die Arzneimittelversorgung passen. Grundversorgung ist und bleibt Kollektivvertragssache. Wenn Direktverträge mit einzelnen Versendern kommen, dann ist die Flächendeckung definitiv tot. Und sie sind überflüssig. Es gibt auch so schon genügend wirksame Mechanismen zur Kontrolle der Arzneimittelausgaben.

(Foto: tmb / DAZ)
Peter Froese

DAZ.online: Der GKV-SV fordert seit Jahren neue Daten zum Verdienst der Apotheker. Haben DAV und die Verbände nicht ausreichend Zahlen geliefert?

Froese: Die stetige Forderung des GKV-Spitzenverbandes nach mehr Daten ist nicht nachzuvollziehen. Die ABDA und der DAV bieten jedes Jahr aufs Neue eine breite Datenbasis an, wir stellen unsere Zahlen hochtransparent vor. Es ist aber offenbar so, dass die Zahlen den Kassen ganz einfach nicht passen. Auch beim Honorar-Gutachten wird das so sein. Wenn es sauber gerechnet ist, wird es die chronische Unterfinanzierung belegen.

DAZ.online: Man hört ja, dass Kassen auf regionaler Ebene häufiger und besser zur Apotheke vor Ort stehen als die Spitzenverbände in Berlin. Erleben Sie das auch so im Norden?

Froese: Ich habe das Gefühl, dass die einzelnen, regionalen Krankenkassen grundsätzlich näher an der Versorgung dran sind als die Verbände in Berlin. Es ist jedenfalls so, dass wir ins unserer Zusammenarbeit mit den Kassen hier auf Landesebene zumindest manchmal Wertschätzung bekommen, weil die Verhandlungspartner hier wissen, welche Rolle Apotheken für die flächendeckende Versorgung spielen. In Schleswig-Holstein versorgen Apotheken teilweise Landgebiete, die so groß sind, wie die Stadt Hamburg.

DAZ.online: Können sich solche Forderungen auf das Verhältnis zwischen Kassen und Apothekern in der Zukunft auswirken?

Froese: Wenn man das, was die Kassen da so im Apothekenmarkt tun wollen, auf die Kassen selbst überträgt, käme etwa Folgendes heraus: Ausländische oder deutsche private Versicherungsunternehmen dürfen Selektivverträge mit GKV-Versicherten schließen und dabei die Prämien frei festsetzen - natürlich ohne Kontrahierungszwang. Aus sozialen Gründen haben die Versicherten, die sich auf solche Policen einlassen, aber im Krankheitsfall ein sofortiges Rückkehrrecht in für deutsche GKV. Das wäre doch mal was oder?



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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6 Kommentare

Ketten

von Michael Zeimke am 05.07.2017 um 17:10 Uhr

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Das übliche 08/15 BlaBla

von Anita Peter am 05.07.2017 um 14:16 Uhr

Wie immer das übliche 08/15 blabla.... Fröhlich singend ( oder angelnd ) in den Untergang....

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Pflicht zum Widerspruch?

von Christian Giese am 05.07.2017 um 13:37 Uhr

Ausser Besitzstandswahrung nix zu lesen von den Unseren.
Die "liken" sich doch nur selber!

Nix zu lesen von der demokratischen Pflicht zum geharnischten Widerspruch.

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Um Patientenwohl kümmern...

von Pharmi am 05.07.2017 um 13:19 Uhr

Jährlich knapp 80 Millionen aus Beitragsgeldern für Werbung und Sponsoring auszugeben, zählt für mich nicht als Sorge tragen für das Patientenwohl. Wo stehen die Bonizahlungen der Manager der Krankenkassen. Überall werden diese kritisiert, von den Kassenmanagern hab ich in den normalen Medien noch nicht davon gelsen...

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Weichgespült?

von Reinhard Rodiger am 05.07.2017 um 12:37 Uhr

Gut, dass sich überhaupt jemand äussert. Doch wer ausser "uns" hört davon?
Ich kann nichts neues erkennen und vermisse jede offensive Äusserung.Vielmehr klingt es glatt und mehr als Klagen ohne fokussieren auf die Themen, die die systemischen Fehlhandlungen der Gegenseite aufnehmen.

Nicht zuletzt fehlt mir zu vielen Feststellungen eine nachvollziehbare Argumentationskette, die nicht mehr Fragen aufwirft als löst.Ein wesentliches Beispiel ist die Abhängigkeit des Apothekenrückgangs durch OTC/Rx Versandaktivitäten. Das wird bestritten und nicht ausreichend belegt.
Wesentlich unverstanden ist die Rolle der Ertragsminderung durch einseitige Bevorzugung ohne Kompensationschance.

Wo bleibt der Hinweis auf den Machtmissbrauch der KK, die Verursacherfunktion von Versorgungsengpässen,Schikanen etc.

Zu weichgespült hilft nicht weiter.

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Reicht das?

von Ulrich Ströh am 05.07.2017 um 12:08 Uhr

Wo ein Markt ist, findet sich immer ein zweiter Anbieter.

Mir sind die Antworten der vier Kollegen inhaltlich zu
dünn.
Keine neuen Argumente gelesen.

Empörung über Schwächung des aktuellen Systems bringt uns zukünftig politisch nicht weiter

Wo sind wir außerhalb von DAZ.online und Apotheke -Adhoc medial aktuell wahrnehmbar?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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