Nach dem AMVSG

Streit um Exklusivität von Impfstoff-Verträgen

Berlin - 28.06.2017, 17:05 Uhr

Die Bestellungen für Grippeimpfstoffe laufen. Doch was sollen die Ärzte aus den Apotheken ordern? (Foto: Eisenhans / Fotolia)

Die Bestellungen für Grippeimpfstoffe laufen. Doch was sollen die Ärzte aus den Apotheken ordern? (Foto: Eisenhans / Fotolia)


Stroppe: Keine Einschränkung auf bestimmte Hersteller

Das Bundesgesundheitsministerium ist allerdings weiterhin anderer Auffassung. Und diese hat Staatssekretär Lutz Stroppe (CDU) nun dem GKV-Spitzenverband, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie Pharmaverbänden und dem Bundesversicherungsamt mitgeteilt. In dem Schreiben, das DAZ.online vorliegt, steht ausdrücklich: „Seit dem 13. Mai 2017 können die Ärztinnen und Ärzte wieder die Impfstoffe jedes Impfstoffherstellers verordnen. Eine Einschränkung der Verordnung auf Impfstoffe bestimmter Hersteller besteht nicht. Auch bei Beachtung der wirtschaftlichen Versorgung gemäß § 12 SGB V ist nicht allein auf den bisherigen Vertragsimpfstoff abzustellen. Die Krankenkassen haben die verordneten Impfstoffe zu erstatten, soweit die Leistung im Rahmen der Schutzimpfungsrichtlinie  des Gemeinsamen Bundesausschusses erfolgt. Diese basiert auf den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission.“

Stroppe verweist auf den Gesetzeswortlaut: Gestrichen wurde nicht nur die Grundlage für die Rabattverträge an sich, sondern auch die der Formulierung, wonach die „Versorgung der Versicherten ausschließlich mit dem vereinbarten Wirkstoff“ erfolgt. Daraus folge qua Gesetz der sofortige Wegfall der Exklusivität der Rabattverträge. Hätte man die Exklusivität fortbestehen lassen wollen, hätte dies ausdrücklich geregelt werden müssen. Der Staatssekretär verweist zudem auf die Entstehungsgeschichte der Gesetzesänderung sowie ihren Sinn und Zweck, die diese Interpretation stützten.

Seinen Brief schließt Stroppe mit dem Satz: „Inwieweit es aufgrund des Wegfalls der Exklusivität zu einer Anpassung oder Aufhebung bestehender Verträge kommt, ist Angelegenheit der Vertragspartner selbst.“

Ob die Ärzte sich von diesen Aussagen beeindrucken lassen, ist fraglich. Schließlich geht es auch für sie darum, sich vor möglichen Rückforderungen seitens der Kassen zu schützen. Und diese zeigten sich schon bei den Zyto-Verträgen mit Apotheken unnachgiebig gegenüber dem BMG. Grippeimpfstoffhersteller ohne Vertrag – insbesondere die von Vierfachimpfstoffen – werden die Mediziner hingegen vermutlich weiterhin auf die Auffassung des BMG verweisen. In der Hoffnung, wieder Fuß in dem derzeit von sehr wenigen Herstellern dominierten Ausschreibungsmarkt zu fassen. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Sie könnten dann etwa auch Vierfachimpfstoffe verwenden?

von Michael Mischer am 29.06.2017 um 8:54 Uhr

Das könnten die Ärzte vielleicht, es wäre ihnen aber nicht zu empfehlen.

Die StiKo schreibt in den FAQ zur aktuell geltenden Influenza-Impfempfehlung zur Frage, ob ein 3-fach oder ein 4-fach Impfstoff verwendet werden sollte:
"Die STIKO empfiehlt keine präferen­tielle Ver­wendung einer bestimmten Impf­stoff­klasse oder eines bestimmten Impf­stoff-Produkts!"
Sie begründet das damit, dass tetravalente Impfstofe zwar dann Vorteile haben könnten, wenn zwei B-Stämme oder ein B-Stamm, der im trivalenten Imfpstoff fehlt, dominieren, dies aber nicht in jeder Saison der Fall sei. Zum Zeitpunkt der Impfung ist das auch noch nicht sicher abzusehen. (http://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/faq_ges.html)

GKV-Versicherte haben Anspruch auf eine angemessene Versorgung - würde die StiKo einen Impfstoff als schlechter einstufen, wäre dieser keine angemessene Versorgung. Da die StiKo jedoch keine Empfehlung ausspricht, sind die tri- und tetravalente Impfstoffe als gleichwertig anzusehen.

Und von zwei gleichwertigen Leistungen hat der Arzt dann die kostengünstigere zu verwenden - das sog. Wirtschaftlichkeitsprinzip. Insofern wäre die generelle Verorodung eines tetravalenten Impfstoff die Aufforderung zum Regress. Das müsste ein Arzt gut begründen können.

Insofern decken sich unsere Ärzte weiter mit dem trivalenten Impfstoff ein - und nach den Erfahrungen mit der BMG-Interpretation zu den Zytostatika-Verträgen und der anders lautenden Gerichtsentscheidung, über die die DAZ berichtete, kann ich meinen Ärzte auch nicht empfehlen, die Verträge zu ingorieren.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Offenlegung der Rabattverträge?

von KVogel am 29.06.2017 um 10:46 Uhr

Solange die Krankenkassen ihre Rabattverträge nicht offen legen, kann eigentlich niemand wissen, ob der rabattierte Impfstoff tatsächlich der günstigste ist. Laut Taxe gibt es deutlich günstigere als das für die AOK BW im Rabattvertrag befindliche Influvac - einschließlich der tetravalenten Variante.

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