PKV-Studie

123 Millionen Euro mehr für Apotheken durch Privatversicherte

Berlin - 28.06.2017, 09:10 Uhr

Jährlich 123 Millionen Euro mehr: Ein Institut des PKV-Verbandes weist darauf hin, dass die Apotheker durch Selbstzahler (Privatversicherte) pro Jahr Millionen Euro mehr einnehmen und sparen, beispielsweise weil der Kassenabschlag wegfällt. (Foto: WavebreakMedia/fotolia)

Jährlich 123 Millionen Euro mehr: Ein Institut des PKV-Verbandes weist darauf hin, dass die Apotheker durch Selbstzahler (Privatversicherte) pro Jahr Millionen Euro mehr einnehmen und sparen, beispielsweise weil der Kassenabschlag wegfällt. (Foto: WavebreakMedia/fotolia)


Für eine Apotheke macht es einen Unterschied, ob ein Medikament an einen gesetzlich oder an einen Privatversicherten abgegeben wird. Der Kassenabschlag fällt weg, und die an PKV-Versicherte abgegebenen Medikamente sind im Durchschnitt teurer. Hinzu kommt der deutlich geringere bürokratische Aufwand bei der Abgabe und Abrechnung. All dies spült den Apotheken über die PKV-Patienten pro Jahr 123 Millionen Euro mehr in die Kassen, hat das Wissenschaftliche Institut der PKV ausgerechnet.

Geht es nach den Grünen, Linken und der SPD, wären die Tage der privaten Krankenversicherung gezählt. Die drei Parteien empfinden das zweigliedrige Versicherungssystem als ungerecht und fordern die Bürgerversicherung. Der PKV-Verband kämpft derzeit in PR-Aktion verständlicherweise für die Rechtfertigung des PKV-Systems. Dabei geht es den Privatversicherern natürlich auch darum, zu zeigen, dass das System auch für Leistungserbringer im Gesundheitswesen Vorteile hat.

In einer neuen Kurzanalyse hat das Wissenschaftliche Institut der Privaten Krankenversicherung (WIP) nun ermittelt, wieviel es für die Apotheken finanziell ausmacht, ob sie ein Arzneimittel an einen GKV-oder einen PKV-Versicherten abgeben. Hierzu wurden Arzneimittelabrechnungsdaten der PKV aus dem Jahr 2015 herangezogen.

104 Millionen Euro mehr durch fehlenden Apothekenabschlag

Der größte Batzen an Mehreinnahmen kommt nach den Berechnungen des WIP durch den Apothekenabschlag zustande, der im Jahr 2015 bei 1,77 Euro je Packung eines verschreibungspflichtigen Medikamentes lag. Hierdurch habe die GKV ihre Arzneimittelausgaben im Jahr 2015 laut Arzneiverordnungsreport 2016 um insgesamt 1,088 Milliarden Euro senken können. Der Deutsche Apothekerverband beziffert die Einsparungen mit 1,081 Milliarden Euro. Für PKV-Versicherte gelte der Apothekenrabatt nicht, was sich in höheren Abrechnungspreisen niederschlägt. Nach PKV-Rechnungsdaten seien im Jahr 2015 insgesamt 58,9 Millionen Packungen zulasten der PKV an deren Versicherte abgegeben worden. Multipliziert mit dem Apothekenabschlag bringe das für die Apotheken Mehreinnahmen von 104,3 Millionen Euro.

Privatversicherte bekommen teurere Medikamente

Hinzu kämen Preiseffekte durch unterschiedliche Versorgungsstrukturen. So erhielten Privatversicherte bei patentfreien Wirkstoffen anteilig häufiger Originalpräparate und weniger Generika. Zudem sei der Anteil von neuen und in der Regel teureren Präparaten höher. Für den Durchschnittspreis eines verschreibungspflichtigen Medikamentes in der PKV gibt die Kurzanalyse einen Betrag von 68,79 Euro an (nach PKV-Rechnungsdaten aus 2015), gegenüber 53,22 Euro in der GKV (laut Arzneiverordnungs-Report 2016).

Auch die 3-Prozent-Marge auf den Apotheken-EK machen etwas aus

Überdies schlage die relative Komponente des Apothekenzuschlags in Höhe von 3 Prozent auf den Apothekeneinkaufspreis bei PKV-Versicherten positiv zu Buche. Für die Berechnung der hieraus resultierenden Mehreinnahmen wurde auf Basis der Durchschnittspreise entsprechend der Arzneimittelpreisverordnung auf die Herstellerabgabepreise zurückgerechnet und auf diesen Differenzbetrag von PKV und GKV 3 Prozent Apothekenzuschlag angerechnet. Nach Multiplikation mit der Gesamtzahl der im Jahr 2015 an PKV-Versicherte abgegebenen Packungen rezeptpflichtiger Medikamente wurde daraus für die Apotheken insgesamt eine Mehreinnahme von 18,9 Millionen Euro ermittelt.

Mehr als 6000 Euro pro Apotheke

Weitere finanzielle Wirkungen, deren genaue Beträge sich jedoch mit den vorliegenden Daten nicht kalkulieren ließen, werden nach der Analyse durch die Modalitäten rund um die Abrechnung und Erstattung ausgelöst. Hier fallen bei GKV-Versicherten die Stichworte Retaxrisiko bis hin zur Verweigerung von Zahlungen durch die Krankenkassen mit all dem bürokratischen Aufwand, der damit verbunden ist, um solche unliebsamen Folgen zu verhindern. Durch das Kostenerstattungsprinzip stelle sich eine derartige Problematik bei PKV-Versicherten nicht. 

Außerdem müssten die Apotheken im GKV-System Steuerungsinstrumente, wie Rabattverträge, die Importarzneimittelquote und die Abgabe von wirtschaftlichen Einzelmengen befolgen. Die Einhaltung dieser Regularien berge nicht nur ein Haftungsrisiko, sondern führe auch zu höheren Kosten, z. B. bei der Lagerhaltung und Logistik. Ganz zu schweigen von dem erhöhten Beratungsbedarf, vor allem, wenn Patienten wegen der Umsetzung der Rabattregelungen auf ein anderes Präparat umgestellt werden müssten. Privatversicherte würden deutlich seltener umgestellt. Last but not least müssten die Apotheken bei den GKV-Versicherten auch noch für die Kosten für das Inkasso der Herstellerabschläge aufkommen, die über die Apotheken beziehungsweise ihre Rechenzentren eingefordert werden. Bei Privatversicherten würden diese von der PKV und der Beihilfe getragen.

Mehr als 6000 Euro pro Apotheke

Summa summarum ergeben sich nach der WIP-Kurzanalyse allein aus dem Apothekenrabatt und dem Apothekenzuschlag bei Privatversicherten pro Jahr Mehreinnahmen in Höhe von insgesamt 123,2 Millionen Euro (2015) für die Apotheken. Das sind im Durchschnitt mehr als 6000 Euro pro Apotheke. Dieser Mehrbetrag würde den Apotheken eben fehlen, wenn Privatversicherte – wie im Szenario der Bürgerversicherung – gesetzlich versichert wären, gibt das WIP abschließend zu bedenken.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Stuss

von Karl Friedrich Müller am 28.06.2017 um 11:51 Uhr

typische Falschmeldung
Wir haben nicht "mehr" durch die Privatkassen. Das sind die Preise, die uns zustehen.
Sondern: wir haben erheblich weniger durch die Zwangsrabatte, die wir an die GKV abführen müssen. Die zudem viel zu hoch sind.
Ja, wir sind so doof, auch noch die Abrechnungen und Verkomplizierungen durch die Verträge zu bezahlen, statt sie dorthin weiterzureichen, wo sie hingehören: an die GKV!!
Nehmen Sie mal als Beispiel die Gebühren bei Banken. Wenn das bei uns Schule machen würde!
Aber nein, bei uns wird alles "quersubvenioniert" und keine Kosten weitergereicht.

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