Rechenzentren

Warum die Hilfsmittelabrechnung teurer wird

Stuttgart - 23.06.2017, 09:00 Uhr

Mehr Aufwand bei der Abrechnung von Hilfsmitteln – die Begründung der Rechenzentren zur neuen Gebühr (Foto: click61 / Fotolia)

Mehr Aufwand bei der Abrechnung von Hilfsmitteln – die Begründung der Rechenzentren zur neuen Gebühr (Foto: click61 / Fotolia)


„Die Hilfsmittelabrechnung wird teurer“ – meldete DAZ.online in der vergangenen Woche über die neuen Abrechnungsmodalitäten für Hilfsmittel beim Schweriner Apothekenrechenzentrum. Nun hat auch die VSA die Einführung einer pauschalen Gebühr für die Hilfsmittelabrechnung bestätigt. Wie rechtfertigt die VSA diesen Schritt? Was haben Retaxation seitens der Krankenkassen damit zu tun? DAZ.online hat nachgefragt.

Wie das Schweriner Apothekenrechenzentrum (SARZ) führt auch die VSA ab 1. Juli 2017 eine Extragebühr für die Abrechnung von Hilfsmittelrezepten ein. Die Kosten, die auf die Apotheker zukommen, die Hilfsmittel über die VSA abrechnen, sind identisch mit denen der VSA-Schwester SARZ: 13 Euro monatliche Pauschale, sobald ein Hilfsmittelrezept abgerechnet wird, plus 0,85 Prozent der gesamten Rezeptsumme der Hilfsmittel.

Carlos Thees, Sprecher der VSA, begründet die Einführung dieser neuen Abrechnungsgebühr mit dem in den vergangenen Jahren steigenden Anteil der über § 302 SGB V abzurechnenden Hilfsmittelrezepte. Rechnete die VSA im Januar 2010 lediglich 4000 Hilfsmittelrezepte über das „sehr viel aufwendigere Verfahren nach § 302“ ab, waren es im Dezember 2016 ganz 250.000, erklärte Thees gegenüber DAZ.online. Auch gehe man bei der VSA davon aus, „dass das im April dieses Jahres in Kraft getretene Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG), diese Entwicklung weiter untermauert“. Es werde für die VSA künftig nicht mehr tragbar sein, diesen erhöhten Abrechnungsaufwand „im Rahmen einer Mischkalkulation“ zu stemmen, erklärte Thees.

Was macht die Abrechnung nach § 302 SGB V so aufwendig?

Thees erklärt: „Der Abrechnungsprozess nach § 302 ist in weiten Teilen völlig anders als die Arzneimittelabrechnung nach § 300 und heute schon zehn Mal so aufwendig“. Der Prozess sei weniger automatisierbar, meist bestehe das Hilfsmittelrezept aus mehreren Anlagen, die manuell und einzeln gescannt werden müssten. Hinzu kämen die unterschiedlichen Abrechnungsmodalitäten einzelner Krankenkassen durch ihre jeweiligen Hilfsmittelverträge auf Landes- und Bundesebene.

Bevorzugen Kassen § 302 wegen höherer Retax-Quote?

Ob ein Hilfsmittel über § 300 SGB V oder § 302 SGB V abgerechnet wird, entscheiden die Krankenkassen in Abstimmung mit den zuständigen Landesapothekerverbänden. Glaubt man den Angaben der VSA, akzeptierten Krankenkassen zunehmend nur noch die Abrechnung über § 302. Warum die Krankenkassen diesen Abrechnungsweg bevorzugen, darüber kann auch der VSA-Sprecher nur spekulieren. 

Rund 50 Mal mehr Retaxation 

Erhöhte formelle Anforderungen an das Hilfsmittelrezept bergen natürlich auch Gefahren für Formfehler seitens des verordnenden Arztes oder der abgebenden Apotheke – und liefern Gründe für Retaxationen. Eine ketzerische Vermutung wäre: Ist hier die Vorliebe der Krankenkassen für diesen Abrechnungsweg zu suchen? Schnell ist die Patientenunterschrift vergessen, die sieben nicht angekreuzt, fehlt die Diagnose, die Angabe zum Versorgungszeitraum oder zur Erst- beziehungsweise Folgeverordnung. Zumindest scheint der Anteil retaxierter Rezepte bei diesem Abrechnungsverfahren dramatisch größer zu sein. Die VSA beziffert die Retax-Quote bei der Abrechnung über § 302 mit 7 bis 8 Prozent – beim Abrechnungsprozess über § 300 liegt er gerade einmal bei 0,15 Prozent.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

gehts noch?

von Karl Friedrich Müller am 23.06.2017 um 11:49 Uhr

keine Kommentare?
wundert mich.
Zeigt doch der Artikel, wie wir von den Kassen veräppelt werden (um mal ein "nettes" Wort zu benützen)
Möglichst kompliziert, damit Retaxe fällig werden. Kein Verdienst, dafür jeden Menge Kosten.
Wollen die Kassen keine HiMi mehr bezahlen? Und es den Patienten nicht sagen? Der doofe Apotheker zahlt es halt?

Es wird Zeit, die Kosten (nicht den Apotheken), sondern den Kassen in Rechnung zu stellen. Das ist die richtige Adresse. Dann geht es vielleicht auch weniger kompliziert.

Oder, falls wirklich der Retaxgedanke im Vordergrund steht, keine HiMi mehr liefern, keine Verträge mehr.
So ein Zustand muss nicht sein.

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