Gefälschte PR-Aktion?

CSU-Politiker beschweren sich über Kommunikation mit DocMorris

Stuttgart - 21.06.2017, 11:30 Uhr

Der CSU-Politiker Wolfgang Stefinger (im Bild) und sein Parteikollege Alexander Hoffmann beschweren sich über die Kommunikation mit der Versandapotheke DocMorris was die Aufklärung einer PR-Aktion betrifft. (Foto: dpa)

Der CSU-Politiker Wolfgang Stefinger (im Bild) und sein Parteikollege Alexander Hoffmann beschweren sich über die Kommunikation mit der Versandapotheke DocMorris was die Aufklärung einer PR-Aktion betrifft. (Foto: dpa)


Die beiden CSU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Stefinger und Alexander Hoffmann verlangen bezüglich der PR-Aktionen gegen das Rx-Versandverbot weiterhin Aufklärung von DocMorris. Die Versandapotheke hat in der Vergangenheit zwar zugegeben, dass es einen Missbrauch der PR-Internetseite durch Fremde gegeben habe. Doch den Politikern reicht dies nicht: Sie haben die Datenschutzbehörde eingeschaltet und werfen DocMorris vor, sich nicht ausreichend an der Aufklärung zu beteiligen.

Um das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) als Reaktion auf das EuGH-Urteil geplante Rx-Versandverbot zu verhindern, hatte die niederländische Versandapotheke DocMorris mehrere Protestaktionen gestartet: Auf einer Kampagnen-Homepage wurden beispielsweise Werbefilme veröffentlicht. Außerdem erhielten Kunden die Möglichkeit, einen vorgefertigten Protestbrief an Unionsabgeordnete im Bundestag zu schicken. Und DocMorris stellte eine Internetseite online, auf der jeder Nutzer seinen Namen und Postleitzahl eingeben konnte, woraufhin automatisch eine Anti-Versandverbot-Postkarte an ein Büro eines Unionsabgeordneten geschickt wurde.

Zwar ist das Rx-Versandverbot erstmal am Widerstand der SPD gescheitert, doch könnte die Aktion für DocMorris ein unangenehmes Nachspiel haben – denn inzwischen haben gleich mehrere Unionsabgeordnete den Verdacht geäußert, dass viele Zusendungen von gefälschten Absendern stammen, dass also teilweise gar keine „echten“ Absender dahinter stehen. In den vergangenen Wochen hatten insbesondere die beiden CSU-Abgeordneten Stefinger und Hoffmann die PR-Aktion kritisiert und von DocMorris Aufklärung verlangt. Doch aus ihrer Sicht hat die Versandapotheke wenig dazu beigetragen. In einer gemeinsamen Pressemitteilung heißt es: „Die Bundestagsabgeordneten Dr. Wolfgang Stefinger und Alexander Hoffmann warten noch immer auf eine zufriedenstellende Erklärung, wie es dazu kommen konnte, dass etliche ‚DocMorris‘-Protestbriefe gegen ein Versandhandelsverbot mit rezeptpflichtigen Medikamenten offenbar gefälscht wurden.“

DocMorris schweigt zu den Vorwürfen

Viele Bürger, die angeblich den vorformulierten Text an die CSU-Parlamentarier geschickt haben, hätten von der Aktion nichts gewusst und waren dementsprechend überrascht, als sie hierzu einen Antwortbrief ihrer jeweiligen Wahlkreisabgeordneten in ihrem Briefkasten hatten, erklären die Abgeordneten. Sie zeigen sich überrascht und verärgert über die Reaktionen der Versandapotheke: Zwar hatte DocMorris bereits im März die Internetseite mit dem Postkarten-Formular offline genommen und erklärt, dass es anscheinend vereinzelten Missbrauch gegeben hätte. Doch bei der Aufklärung des Vorfalls hapere es.

Auf Nachfrage von DAZ.online wollte sich DocMorris nicht zu den erneuten Vorwürfen äußern. Stefinger und Hoffmann zitieren ein Vorstandsmitglied der Versandapotheke, das mitgeteilt haben soll: „DocMorris hat keine Kundendaten missbraucht. Wenn es einen Missbrauch gegeben hat, dann – wie gesagt – durch Dritte.“ Eine Prüfung im Unternehmen sowie bei den Dienstleistern habe keine Beanstandungen ergeben. Diese Antwort bemängeln die Abgeordneten jedoch als „unbefriedigend“.

DocMorris' Erklärungen werden immer knapper

Beide beschweren sich über die Kommunikation mit DocMorris: „Die Erklärungen von DocMorris werden immer knapper statt klarer“, kritisiert Stefinger angesichts von drei Antwortschreiben der Versandapotheke. Im ersten Schreiben habe DocMorris noch bedauert, dass es zu nicht gewolltem Missbrauch gekommen ist – im zweiten Schreiben habe DocMorris erklärt, der Frage nachzugehen, ob außerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs ein Missbrauch stattgefunden habe. „Nun stellt DocMorris grundsätzlich infrage, ob es überhaupt Missbrauch gegeben hat“, bemängelt der Unionsabgeordnete.

Die Abgeordneten hatten auch nachgefragt, welche konkreten Vorkehrungen DocMorris im Vorfeld getroffen habe, um einen „Adress-Missbrauch“ auszuschließen – eine Antwort sei die Firma schuldig geblieben. „Wir fordern weiterhin eine transparente und detaillierte Klärung, warum wir Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern erhalten, die davon gar keine Kenntnis haben“, betont Stefinger – dessen Kollegen Hoffmann DocMorris auf ein Schreiben vor einigen Wochen laut den Abgeordnetenbüros bislang noch nicht geantwortet hat.

CSU-Politiker sehen „knallharte Lobbyarbeit“

„Es ist nicht nur so, dass DocMorris knallharte Lobbyarbeit in eigener Sache unter Einbeziehung der eigenen Kunden betreibt“, kritisiert Hoffmann. „Mindestens genauso großen Anlass zur Sorge bereitet mir auch das geringe Interesse des Konzerns an einer ehrlichen Aufarbeitung“, erklärt er. DocMorris müsse den „Missbrauch von sensiblen Kunden-Daten“ schleunigst aufklären, fordert Hoffmann.

Die Abgeordneten hatten in dieser Sache auch die Bundesdatenschutzbehörde Andrea Voßhoff eingeschaltet. Voßhoff wird in der Mitteilung der beiden CSU-Politiker so zitiert: „Selbstverständlich wäre es mit dem Datenschutzrecht nicht vereinbar, wenn im Namen von Bürgerinnen und Bürgern vorformulierte, vorfrankierte Schreiben von Unternehmen versandt würden, ohne dass die betroffenen Bürger hiervon auch nur Kenntnis hätten.“ Informationen von DAZ.online zufolge wird die Datenschutzbeauftragte in dieser Angelegenheit allerdings nicht tätig. Denn: Aufgrund fehlender Zuständigkeit gab sie den Fall weiter an Datenschutzbeauftragte in den einzelnen Bundesländern – sowie die niederländische Datenschutzbehörde. Inwiefern diese nun ermittelt, wollte eine Pressesprecherin auf Nachfrage von DAZ.online aufgrund des Schutzes von Firmengeheimnissen nicht sagen.

Nachdem Stefinger zunächst erwogen hat, aufgrund der mangelnden Aufklärung der heiklen Angelegenheit Strafanzeige gegen DocMorris zu stellen, ist dies bislang offenbar kein Thema. Eine Möglichkeit zur Aufarbeitung wäre auch, dass die Versandapotheke Strafanzeige gegen unbekannte Dritte wegen Missbrauchs stellt. Aber auch zur Frage, inwiefern DocMorris diesen Schritt gewählt hat, wollte ein Firmensprecher keine Auskunft geben.  



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Daten von DocMorris-Kunden für Protestaktion missbraucht

Mit fingierter Post gegen das Rx-Versandverbot

Keine weiteren Schritte gegen mittlerweile eingestellte DocMorris-PR-Aktion geplant

CSU-Politiker geben sich zufrieden

Unions-Politiker beraten über etwaige Strafanzeige

Datenmissbrauch bei DocMorris?

Gefälschte Pro-Versandapotheken-Postkarten?

CDU-Abgeordnete bezweifeln Echtheit der DocMorris-Kampagne

Postkarten-Aktion zum Rx-Versandverbot

Unionsabgeordnete sind genervt von DocMorris

Protestaktion gegen Rx-Versandverbot

DocMorris wettert gegen Union und Gröhe

1 Kommentar

Was bringt eine DOMO-Beschwerde Deutscher Politiker?

von Heiko Barz am 21.06.2017 um 12:35 Uhr

Wann wird endlich auf die unverschämte Werbaktivität der holländische Arzneimittelversandpiraten reagiert? Wir sind zum lächerlichen Spielball der Großkonzerne degradiert worden. Alles, was DOMO rechtsbrüchig angeht, wird in keiner Weise straflastig bewegt.
Wer hält eigentlich seine "schützende" Hand über dieses kapitalistische, Robin Hood spielende Konsortium?
Die Front der Pharisäer, die sich doch alle nur zum Wohle der Patienten bis auf die Knochen aufreiben, ist mittlerweile so dominant, dass die, denen es wirklich um die zu betreuenden Kranken geht, keine wirkliche Bedeutung mehr erfahren, ganz im Gegenteil.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.