Interview mit Stada-Beirat-Chef Thomas Meyer (Apotheker)

„Das Angebot ist attraktiv und angemessen“

Stuttgart - 20.06.2017, 12:15 Uhr

Apotheker Thomas Meyer ist Vorsitzender des Stada-Beirates und meint, dass das Übernahmeangebot der Beteiligungsgesellschaften Bain Capital und Cinven kein schlechtes ist. (Foto: Stada)

Apotheker Thomas Meyer ist Vorsitzender des Stada-Beirates und meint, dass das Übernahmeangebot der Beteiligungsgesellschaften Bain Capital und Cinven kein schlechtes ist. (Foto: Stada)


Seit Monaten buhlen mehrere Investorengruppen um die Stada. Am Donnerstag läuft die verlängerte Frist für das Angebot der Investoren Bain Capital und Cinven ab, dessen Annahme der Stada-Vorstand und der Aufsichtsrat empfohlen haben. Gegenüber DAZ.online spricht sich auch der Vorsitzende des Aktionärs-Beirats für das Angebot aus. Ein Interview mit Apotheker Dr. Thomas Meyer.

Es gab viele Interessenten für den traditionsreichen deutschen Arzneimittelhersteller Stada. In einem monatelangen Ringen hatten sich die Investoren Bain Capital und Cinven durchgesetzt, Vorstand und Aufsichtsrat empfahlen den Stada-Aktionären, das verbesserte Angebot anzunehmen. Doch es läuft nicht reibungslos, die Investoren mussten die Annahmefrist für ihr Angebot um zwei Wochen verlängern und geben sich nun mit weniger Anteilen zufrieden: Nun müssen sich bis Donnerstag, 22. Juni, 67,5 Prozent der Anteile in ihrem Besitz befinden, sonst platzt die Übernahme auf den letzten Metern. Ursprünglich wollten die Investoren bis zum 8. Juni 75 Prozent der Aktien übernommen haben.

Glaubt man einem Bericht des Handelsblattes vom heutigen Dienstag, ist ein Scheitern des Deals nicht mehr ganz ausgeschlossen. Dem Bericht zufolge war die Annahmequote für das Übernahmeangebot der Finanzinvestoren Bain und Cinven bis Montag mit 36,55 Prozent deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Das Handelsblatt bezieht sich dabei auf Finanzkreise und eine Meldung der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Aktionärsstruktur der Stada erschwert die Übernahme grundsätzlich, immer noch sind fast 30 Prozent der Anteile in der Hand von Apothekern und Ärzten – ein Erbe der Unternehmenshistorie als Genossenschaft dieser Heilberufe. Diese Aktionäre werden vom Beirat der Stada AG vertreten, dem niedergelassene Ärzte und Apotheker angehören. Auch der Beirat war sich lange uneins – doch nun empfiehlt er den Anteilseignern die Annahme des verbesserten Angebots von Bain und Cinven. Der Preis sei attraktiv und angemessen, eine Annahme des Angebots unter den gebotenen Umständen im besten Interesse des Unternehmens und der Aktionäre, so Dr. Thomas Meyer. Der 43-jährige Apotheker aus dem niedersächsischen Seelze ist seit 2013 der Vorsitzende des Beirats der Stada AG.

DAZ.online: Herr Dr. Meyer, für die Stada liegt ein Übernahmeangebot der Investoren Bain Capital und Cinven vor. Was empfiehlt der Beirat den Aktionären?

Dr. Thomas Meyer: Lassen Sie mich vorweg schicken, dass Vorstand und Aufsichtsrat der Stada das freiwillige öffentliche Übernahmeangebot der Beteiligungsgesellschaften Bain Capital und Cinven begrüßen und den Aktionären die Annahme empfohlen haben. Im Beirat von Stada haben wir das Angebot durchaus kontrovers diskutiert. Eine Mehrheit des Beirats sowie Dr. Frank-R. Leu als stellvertretender Beiratsvorsitzender und ich sind jedoch der Meinung, dass es unter den gegebenen Umständen im besten Interesse der Stada und auch von uns Apothekern ist, das Angebot anzunehmen. Der gebotene Gesamtpreis von 66,00 Euro je Stada-Aktie (inkl. Dividende) ist attraktiv und spiegelt den Wert des Unternehmens angemessen wider. 

Herausforderndes Marktumfeld

DAZ.online: Gegen den aktionistischen Investor AOC hatte sich der Beirat stets gewehrt. Nun unterstützen Sie das Übernahmeangebot zweier anderer Investoren. Woher der Sinneswandel? Was unterscheidet Bain Capital und Cinven von AOC?

Meyer: Ein Sinneswandel ist das mitnichten. Das aggressive und feindliche Vorgehen von AOC ist mit dem freiwilligen, öffentlichen Übernahmeangebot von Bain Capital und Cinven nicht zu vergleichen. Als Beirat waren und sind wir seit jeher an einer starken Stada interessiert, die sich nicht nur ihrer stolzen Historie – hervorgegangen aus einer deutschen Apothekergenossenschaft – bewusst ist, sondern vor allem auch zukunftsfähig sein will. Richtig ist aber auch: Das Marktumfeld ist äußerst herausfordernd und von einer hohen Dynamik geprägt, viele Konkurrenten entwickeln sich rasant weiter. In Zeiten, in denen zielgerichtetes Wachstum größere Investitionssummen erfordert, braucht Stada einen finanzstarken, verlässlichen Partner. Bain Capital und Cinven haben deutlich gemacht, dass sie mit Stada langfristige Ziele verfolgen und an einem nachhaltigen Erfolg interessiert sind, was man sicher nicht von allen behaupten kann.

Apotheker-Beirat hat nicht den Verhandlungen teilgenommen

DAZ.online: Haben Sie Ihre Empfehlung für die Übernahme von Bedingungen abhängig gemacht?

Meyer: Lassen wir die Kirche mal im Dorf: Als Beirat haben wir an den Verhandlungen natürlich nicht direkt teilgenommen. Ungeachtet dessen haben Vorstand und Aufsichtsrat offensichtlich sehr erfolgreich mit Bain Capital und Cinven verhandelt und eine umfassende Investorenvereinbarung abgeschlossen. Darin verpflichten sich die Bieter, im Falle einer Übernahme Stadas Position als global tätiges Pharmaunternehmen zu stärken und das Zukunfts- und Wachstumsprogramm Stada Plus zu unterstützen. Bei möglichen Akquisitionen zum Ausbau des Produktportfolios und der Erschließung neuer Wachstumsmärkte werden die Investoren Stada finanziell wie strategisch unterstützen. Sowohl der Standort der Unternehmenszentrale als auch die Standorte aller wesentlichen Geschäftsbereiche sollen nicht verändert werden. Das allein sind bereits Zusagen, die wir als Apotheker nur begrüßen können. Zudem konnten in den Verhandlungen auch weitgehende Schutzrechte für die Mitarbeiter erreicht werden.

DAZ.online: AOC hat seinen ca. fünfprozentigen Anteil an der Stada bereits abgestoßen. Für das „Handelsblatt“ ist das ein Anzeichen, dass der Investor am Gelingen der Übernahme zweifelt. Wie schätzen Sie das ein – gelingt der Deal?

Meyer: Die öffentlich von AOC im vergangenen Jahr kommunizierten Absichten, das Unternehmen positiv entwickeln zu wollen, werden durch den aktuellen Verkauf deutlich in Frage gestellt. Auch vor diesem erscheint die Investorenzusage von Bain Capital und Cinven umso wichtiger. Es bleibt daher zu hoffen, dass der Deal gelingt.

Viel Unruhe im Unternehmen

DAZ.online: Nicht nur durch die Übernahme-Pläne, auch durch AOC, Wechsel in der Führungsetage, die Russlandkrise und interne Umstrukturierungen – um nur einige Faktoren zu nennen – hat die Stada unruhige Jahre hinter sich. Ist ein neuer Eigentümer nicht ein weiterer Unruhe-Faktor?

Meyer: In der Tat war viel Unruhe im Unternehmen, aber Vorstand und Aufsichtsrat haben mit der Initiative STADA Plus die wesentlichen Weichen für die Zukunft bereits gestellt. Da sich auch die potentiellen neuen Eigentümer dem gemeinsamen Ziel, das Unternehmen im Rahmen dieses Zukunftsprogramms stärker zu machen, verschrieben haben, ist im Gegenteil eher von einer Beruhigung auszugehen. Nach einer erfolgreichen Übernahme können sich das Unternehmen, das Management und die Mitarbeiter wieder darauf fokussieren, Stadas erfolgreiche Geschichte fortzuschreiben.

DAZ.online: Was erwarten Sie von den neuen Eigentümern? In welche Richtung wird sich die Stada weiterentwickeln?

Meyer: Es ist zu erwarten, dass der bereits eingeschlagene Weg hin zu effizienteren Strukturen und mehr Wachstum fortgesetzt wird, wie von den Investoren in der Vereinbarung und der Angebotsunterlage zugesagt. Wir versprechen uns, dass mit Hilfe ihrer finanziellen und strategischen Unterstützung Stada eine bedeutendere Rolle im globalen Pharmamarkt einnehmen wird. Aber vor allem erwarten wir, dass Bain Capital und Cinven sich als verlässliche Partner erweisen, die verantwortungsvoll mit ihrem Investment umgehen und die Interessen aller Beteiligten berücksichtigen, im Besonderen die Anliegen der niedergelassenen Ärzte und Apotheker.

Ärzte- und Apotheker-Beirat vertraut dem Vorstand

DAZ.online: Die Pharma-Industrie ist aktuell von Übernahmen, Fusionen und Asset Swaps geprägt: Boehringer tauscht OTC gegen Tierarzneimittel, Novartis und GSK legen die OTC-Sparten zusammen, um nur einige zu nennen. Gibt es auch bei Ihnen Pläne, Bereiche abzustoßen oder andere Firmen zu übernehmen – und wäre das sinnvoll?

Meyer: Wir haben großes Vertrauen in die Strategie des Vorstands, der sowohl auf organisches Wachstum als auch auf wertschaffende Akquisitionen setzt, um das Unternehmen weiter voranzubringen. Zudem halten wir es für den richtigen Weg, die beiden starken Säulen – qualitativ hochwertige Generika und margenstarke Markenprodukte – auch künftig beizubehalten. Die Pläne für die Internationalisierung erfolgreicher Marken und die Markteinführung ausgewählter Biosimiliars unterstützen wir nachhaltig.

Meyer: Investor darf Unternehmen nicht gewinnbringend zerschlagen

DAZ.online: Im Stada-Beirat sitzen Apotheker und Ärzte – sozusagen die ehemaligen Eigentümer, als die Stada noch eine Genossenschaft war. Dann waren die Heilberufler lange Zeit die Hauptaktionäre dieses traditionsreichen deutschen Arzneimittelherstellers. Blutet Ihnen nicht das Herz, wenn Sie sehen, wie die Stada nun von Investoren übernommen wird?

Meyer: Natürlich kann man mit Wehmut an vergangene Zeiten zurückdenken, jedoch haben sich aber die äußeren Umstände im globalen Pharmamarkt und auch die Aktionärsstruktur der Stada nunmal gravierend verändert. Diesem ist folgerichtig auch von Stada Rechnung zu tragen. Umso wichtiger ist es, die Werte, für die Stada bei Apothekern und Ärzten bekannt ist, zu erhalten und in die neuen Strukturen zu überführen. Das kann nur mithilfe eines starken und zuverlässigen Investors gelingen, der eben nicht daran interessiert ist, das Unternehmen gewinnbringend zu zerschlagen.



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