Nordrhein-Westfalen

CDU und FDP stehen zu Apothekern und zur Freiberuflichkeit

Berlin - 16.06.2017, 12:20 Uhr

Bekenntnis zur Freiberuflichkeit: FDP-Chef Christian Lindner und der designierte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages für Nordrhein-Westfalen. (Foto: dpa)

Bekenntnis zur Freiberuflichkeit: FDP-Chef Christian Lindner und der designierte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages für Nordrhein-Westfalen. (Foto: dpa)


Bei der Positionierung der zukünftigen schwarz-gelben Landesregierung Nordrhein-Westfalens zum Apothekenmarkt hat sich offenbar die CDU durchgesetzt. Obwohl FDP-Chef Christian Lindner seit Monaten Deregulierungen im Apothekenmarkt forderte, ist im Koalitionsvertrag beider Parteien darüber nichts zu lesen. Ganz im Gegenteil: Schwarz-Gelb bezeichnet Freiberufler im Allgemeinen und Apotheker im Speziellen als „unverzichtbaren Teil der Infrastruktur“.

Immer wieder thematisierte die NRW-FDP den Apothekenmarkt während des Wahlkampfes. Landesverbands- und Fraktionschef Christian Lindner, der auch die Bundes-FDP anführt, hatte gefordert, dass es für die Apotheker keinen „Naturschutz“ mehr geben dürfe. Im DAZ.online-Wahlcheck hatten die NRW-Liberalen erklärt, dass auch über die Frage des Fremdbesitzverbotes „beraten werden“ müsse. In jedem Fall sollte laut NRW-FDP aber eine Lockerung des Mehrbesitzverbotes vorgenommen werden. Zuvor hatte die Bundes-FDP auf ihrem Parteitag ein Wahlprogramm beschlossen, in dem die Abschaffung des Fremdbesitzverbotes ausdrücklich gefordert wird.

Nachdem klar war, dass sich die FDP an der nächsten NRW-Landesregierung beteiligt, blickten viele Apotheker gespannt auf die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen zwischen Liberalen und CDU. Doch keine der Deregulierungs-Forderungen der FDP konnte sich offenbar durchsetzen. Denn der Vertrag enthält eine ganze Passage, in der sich die Koalitionäre zur Beibehaltung der aktuellen Strukturen bekennen.

Zwar sprechen CDU und FDP weder das Fremd- und Mehrbesitzverbot sowie den Versandhandels-Konflikt direkt an. Wörtlich schreiben sie aber: „Christdemokraten und Freie Demokraten stehen an der Seite der Freien Berufe in Nordrhein-Westfalen. Sie sind Dienstleister im öffentlichen Interesse. In Nordrhein-Westfalen sind knapp eine Million Menschen im Bereich der Freien Berufe tätig. Gerade für den ländlichen Raum sind die Praxen, Kanzleien oder Apotheken ein unverzichtbarer Teil der Infrastruktur. Sie tragen zur Entwicklung und Sicherung unseres Gemeinwesens bei und versorgen die Bevölkerung mit notwendigen und hochwertigen Dienstleistungen. Die Freien Berufe sind ein wichtiger Bestandteil der Sozialen Marktwirtschaft.“

Keine Aufweichung der Strukturen

Außerdem heißt es, dass sich Selbstverwaltungsstrukturen und Versorgungswerke der Freien Berufe etabliert hätten und „stabilisierend“ wirkten. Und weiter: „Einer Aufweichung dieser Strukturen treten wir daher genauso entgegen wie einer Absenkung der hohen Ausbildungsstandards.“ Ein Satz am Ende dieser Passage regt dann aber doch noch zum Nachdenken an. Denn Schwarz-Gelb will einen „fortwährenden Dialog über einen zeitgemäßen regulatorischen Rahmen sowie effiziente Verfahren im Bereich des Kartellrechts“ anstoßen. Was die Koalitionäre damit meinen, ist unklar.

Unzufrieden dürften die Apothekerkammern und -verbände im Land auch damit sein, dass CDU und FDP an keiner Stelle die künftige Finanzierung der PTA-Schulen ansprechen. Vielmehr fordern sie an einer anderen Stelle zum Thema „Inklusion“, dass es in NRW keine Apotheke mehr geben dürfe, die nicht barrierefrei ist. Dass Apotheken grundsätzlich barrierefrei zugänglich sein müssen, hatte das Bundesgesundheitsministerium allerdings schon vor einigen Jahren in einer Novellierung der Apothekenbetriebsordnung festgelegt. Des Weiteren enthält der Koalitionsvertrag auch eine Änderung an den Ladenöffnungszeiten, die auch Apotheken in NRW betreffen wird.

Schwarz-Gelb schickt Ärzte für zehn Jahre aufs Land

Die weiteren gesundheitspolitischen Aussagen des Koalitionsvertrages haben die Verbesserung der ärztlichen Versorgung auf dem Land im Fokus. CDU und FDP wollen in Ostwestfalen-Lippe eine neue Medizinische Fakultät schaffen, die sich auf dieses Themengebiet spezialisiert. Außerdem sollen 10 Prozent der Medizin-Studienplätze künftig an Bewerber vergeben werden, die sich verpflichten, für mindestens zehn Jahre auf dem Land tätig zu sein.

Bei der Vorstellung des 125-Seiten-Vertrages am heutigen Freitag erklärten der designierte Ministerpräsident des Landes, Armin Laschet, und Lindner, dass es künftig zwölf Ministerien geben solle. Die FDP soll dabei das Schulministerium, das Familienministerium sowie ein neues Ministerium für Wirtschaft und Digitales verantworten. Das Gesundheitsressort geht somit an die Christdemokraten. Offiziell wollten sich die Koalitionäre zu den personellen Besetzungen der Ministerien noch nicht äußern. Heißester Kandidat für das Gesundheitsministerium in Düsseldorf ist und bleibt jedoch Karl-Josef Laumann (CDU), der derzeit Patienten- und Pflegebeauftragter der Bundesregierung ist.

Die NRW-FDP ruft ihre Mitglieder nun erstmals im Rahmen einer Online-Abstimmung dazu auf, über den Koalitionsvertrag abzustimmen. Die CDU will ihre Delegierten auf einem Parteitag zum Vertrag befragen. 



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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