Niedersachsen

Grüne wollen Versandhandel am Sonntag einschränken

Berlin - 08.06.2017, 10:30 Uhr

Keine Arbeit in Versandhandels-Lagern am Sonntag: Stefan Körner, Chef der Grünen in Niedersachsen, will die Arbeit von Versandhändlern am Wochenende einschränken. (Foto: dpa)

Keine Arbeit in Versandhandels-Lagern am Sonntag: Stefan Körner, Chef der Grünen in Niedersachsen, will die Arbeit von Versandhändlern am Wochenende einschränken. (Foto: dpa)


In der Gesundheitspolitik gelten die Grünen als Freunde des Arzneimittel-Versandhandels. In Niedersachsen wollen die Grünen nun aber eine Passage in ihr Wahlprogramm zur Landtagswahl aufnehmen, nach der der Online-Handel sonntags eingeschränkt werden soll: Bestellungen sollen möglich sein, aber die Arbeit in den Lagern soll stillstehen. Der Versandapotheken-Verband BVDVA bezweifelt, dass eine solche Regelung die Versender überhaupt betreffen würde.

Wenn im Herbst dieses Jahres die Ergebnisse der Bundestagswahl vorliegen und in Berlin eine neue Regierung gebildet wird, steht in Niedersachsen schon der nächste Wahlkampf an. Denn in dem derzeit von SPD und Grünen regierten Land sind für Mitte Januar Landtagswahlen terminiert. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und die Grünen wollen ihre Koalition verlängern. In diesen Wochen basteln die einzelnen Parteien in Niedersachsen an ihren Wahlprogrammen. Die Grünen treffen sich am kommenden Wochenende auf einer Delegiertenversammlung, um ihr Programm zu beschließen.

Aus Sicht der Apotheker hat der Programmentwurf der Grünen einiges zu bieten: Die Partei fordert, dass es ein Pilotprojekt geben soll, in dem die geregelte Abgabe von Cannabis durch Apotheker erprobt werden soll. Und: Um die Krankenhausversorgung zu verbessern, soll es in jeder niedersächsischen Klinik Stationsapotheker geben, die sich um die Medikation der Patienten kümmern.

Sonntags bestellen: Ja. Sonntags bearbeiten: Nein.

Aber insbesondere ein Änderungsantrag könnte auf der kommenden Delegiertenversammlung für Aufsehen sorgen: In dem Antrag mit dem Namen „Sonntags haben wir frei“ heißt es, dass es aus Sicht der Grünen keiner Änderung der Ladenöffnungszeiten bedarf. Vier Sonntagsöffnungen im Jahr seien ausreichend. In der ursprünglichen Version dieses Antrags ist von der sonntäglichen Arbeit der Versandhändler noch nichts zu finden. Doch in mehreren Medienberichten wurde Stefan Körner, Landesvorsitzender der Grünen Niedersachsen, mit der Aussage zitiert, dass seine Partei insbesondere die Rechte von Arbeitnehmern von Versandhändlern stärken wolle. Wörtlich sagte er, dass Online-Bestellungen am Wochenende natürlich weiterhin möglich sein sollten. Es sei aber ausreichend, wenn die Umsetzung der Bestellungen vom Wochenende im Büro und Lager aber erst am Montag passierten.

Versandapotheker sehen den Antrag gelassen

Den Arzneimittel-Versandhandel nennen die Grünen an keiner Stelle ausdrücklich. Auf Nachfrage von DAZ.online, ob auch Versandapotheker von dieser Regelung betroffen sein sollten, antworteten die Grünen nicht direkt. Eine Sprecherin erklärte nur, dass es nicht darum gehe, „das Online-Shopping einzuschränken, sondern im Kern darum, den besonderen Schutz der arbeitsfreien Sonn- und Feiertage zu bewahren sowie die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch im Versandhandel zu stärken. Das Aufgeben von Bestellungen im Internet auch an Sonn- und Feiertagen bleibt davon unberührt.“

Sollten sich die Grünen mit diesem Vorschlag in einer nächsten Landesregierung durchsetzen, wäre das für Niedersachsens Apotheker nicht ganz irrelevant. Denn in Niedersachsen gibt es einige bekannte und größere Versandapotheken wie beispielsweise Sanicare oder Besamex. Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) bezweifelt, dass der Antrag überhaupt auf den Arzneimittelmarkt bezogen werden kann. Geschäftsführer Udo Sonnenberg wies gegenüber DAZ.online darauf hin, dass der ursprüngliche Änderungsantrag gar keine Regel zum Versandhandel enthalten habe und etwas „missverständlich“ ausgelegt werde derzeit. Sonnenberg wörtlich: „Eine Einschränkung des Arzneimittelversandhandels ist damit ursprünglich offenbar gar nicht gemeint gewesen.“

Ansonsten stellte Sonnenberg klar, dass jede Versandapotheke auch gleichzeitig eine Vor-Ort-Apotheke sei und durch Notdienste ohnehin an Wochenenden zu Diensten verpflichtet sei. Der BVDVA-Geschäftsführer: „Da eine deutsche Versandapotheke auch eine Präsenzapotheke ist und damit Notdienste leistet, ergeben sich daraus entsprechende Arbeitszeiten. Mitarbeiter sind jedoch grundsätzlich tariflich gebunden, und hier kann sich eine Versandapotheke logischerweise nicht darüber hinwegsetzen.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Heilige Sonntagsruhe bei den Arzneiverpackern?

von Heiko Barz am 08.06.2017 um 13:24 Uhr

Eine weitere Märchestunde der "Bündnis / Grünen.
Keine Sonntagsarbeit bei den hochgelobten Arzneimittelverpackern, das geht gar nicht.
Sonntagsarbeit bei den Nacht - Not und Feiertagsdiensten ist bei den Mitarbeitern in der Apotheke ja selbstverständlich und muß auch nicht besonders herausgestellt werden.

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