Bundestagswahl

CDU-Wahlprogramm ohne Rx-Versandverbot?

Berlin - 07.06.2017, 07:00 Uhr

CDU-Wahlprogramm ohne Apothekenthemen? Der Bundesfachausschuss für Gesundheit, der vom CDU-Politiker Jens Spahn geleitet wird, hat den Versandhandels-Konflikt in einem Thesenpapier nicht erwähnt. (Foto: Laurence Chaperon)

CDU-Wahlprogramm ohne Apothekenthemen? Der Bundesfachausschuss für Gesundheit, der vom CDU-Politiker Jens Spahn geleitet wird, hat den Versandhandels-Konflikt in einem Thesenpapier nicht erwähnt. (Foto: Laurence Chaperon)


Nachdem das Rx-Versandverbot in dieser Legislaturperiode gescheitert ist, hoffen die Apotheker, dass das Thema von der nächsten Bundesregierung wieder aufgegriffen wird. Dass sich CDU und CSU das Verbot in ihr Wahlprogramm schreiben, ist aber alles andere als sicher. Ein erstes Grundlagenpapier von den Gesundheitsexperten der Partei enthält keine Aussagen zum Versandhandels-Konflikt.

Fast neun Monate nach dem EuGH-Urteil und dem politisch gescheiterten Rx-Versandhandelsverbot haben für die Apotheker andere Themen wieder an Bedeutung gewonnen. Doch allen Branchenbeteiligten ist klar: Im Versandhandels-Konflikt muss eine Lösung her. Denn die deutschen Versandapotheken werden es auf Dauer nicht dulden, dass ihre ausländischen Kollegen unbegrenzt Rx-Boni anbieten dürfen. Und auch die Apotheker dürfte es nicht freuen, dass die Politik so gar keine Lösung gefunden hat. Schließlich wollen die Pharmazeuten nicht ewig darüber diskutieren, ob die Rx-Preisbindung nun sinnvoll ist oder nicht.

Bei einer Pressekonferenz am gestrigen Dienstag in Berlin erklärte auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, dass die Politik unbedingt tätig werden müsse. Das Rx-Versandverbot, das die ABDA in den vergangenen Monaten gemeinsam mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vehement eingefordert hatte, erwähnte Schmidt allerdings nicht. Er sagte lediglich, dass er hoffe, dass sich die nächste Bundesregierung der Probleme annehme, die durch das EuGH-Urteil zur Preisbindung entstanden seien.

Landet das Versandverbot in den Koalitionsverhandlungen?

Damit das Versandverbot aber überhaupt noch einmal zum politischen Thema wird, müsste es eine Partei in den Koalitionsverhandlungen einfordern. SPD und Grüne wollen das Verbot nicht und werden in ihren Wahlprogrammen die Apotheker voraussichtlich nur marginal erwähnen. Die Linke unterstützt das Verbot, das Wahlprogramm ist aber auch dort noch nicht beschlossene Sache. Zuletzt hatten auch einige Landesverbände der AfD das Versandhandelsverbot eingefordert – im Wahlprogramm der Partei kommen die Apotheker aber nicht vor.

Mit Blick auf die derzeitigen Umfragewerte wird für die Apotheker also das Wahlprogramm von CDU und CSU von besonderem Interesse sein. In den vergangenen Wochen haben mehrere Fachgruppen innerhalb der Partei an Formulierungen für das Programm gearbeitet, die aus Sicht der jeweiligen Experten einfließen sollten. Einen ersten Entwurf des gesamten Wahlprogrammes, für das in der CDU Kanzleramtsminister Peter Altmaier und Generalsekretär Peter Tauber zuständig sind, gibt es allerdings noch nicht.

DAZ.online liegt allerdings das Thesenpapier des „Bundesfachausschusses für Gesundheit und Pflege“ (BFA) der CDU vor. Dem Ausschuss gehören mehrere Gesundheitsexperten der Christdemokraten an, geleitet wird das Gremium vom ehemaligen gesundheitspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn. Das Papier wurde von den Gesundheitsexperten bereits Mitte März beschlossen und an Tauber und Altmaier zur Einarbeitung ins Parteiprogramm vorgelegt.

Letzte Hoffnung CSU?

Den Apothekenmarkt klammern die CDU-Gesundheitspolitiker darin so gut wie komplett aus. An einer Stelle wird erwähnt, dass man für Ärzte und Apotheker bereits „Anreize gesetzt“ habe, damit diese sich weiterhin an der Versorgung in unterversorgten Regionen beteiligten. „Diesen Weg werden wir weitergehen und außerdem die sektorübergreifende Zusammenarbeit stärken.“ Was die CDU an dieser Stelle genau vorhat, wird nicht erwähnt. An einer anderen Stelle heißt es ebenso vage: „Den Kern unseres freiheitlichen Gesundheitswesens bilden die freie Arzt- und Krankenhauswahl, die Therapiefreiheit und die Unabhängigkeit der freien Gesundheitsberufe. Die Beschäftigten in den Kliniken, Praxen und ambulanten Diensten, niedergelassene freiberuflich tätige Haus-, Fach- und Zahnärzte, Apotheker, Psychotherapeuten, selbstständige Gesundheitshandwerker, Hebammen und Heilmittelerbringer stehen für eine qualitativ hochwertige und patientennahe Versorgung. Wir setzen grundsätzlich auf eine Kultur des Vertrauens und der Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung im selbstverwalteten Gesundheitswesen.“

Vielmehr will die CDU den Wettbewerb zwischen den Kassen weiter stärken, die Krankenkassenfinanzierung überarbeiten, einen neuen Pharma-Dialog veranstalten und ein nationales Gesundheitsportal schaffen. Vom Versandhandels-Konflikt findet sich allerdings keine Spur. Auf Nachfrage von DAZ.online wollte sich das Büro von Jens Spahn zu der Arbeit des Fachausschusses nicht äußern. Denkbar ist auch, dass es ganz einfach am Zeitpunkt der Erstellung des Thesenpapiers liegt, dass der Versandhandel nicht aufgegriffen wird. Denn Mitte März, als die Gesundheitsexperten ihre Formulierungen an die Parteizentrale schickten, war der Streit zwischen und Union und SPD über das Verbot noch in vollem Gange. Erst Ende März fand der Koalitionsausschuss statt, nachdem klar war, dass das Verbot in dieser Legislaturperiode nicht mehr umzusetzen ist.

Hört man sich in der CDU um, ist es aber durchaus denkbar, dass das von Gröhe geforderte Verbot doch noch ins Wahlprogramm rutscht. Denkbar wäre beispielsweise, dass die Regelung von Altmaier und Tauber in der Parteizentrale nachträglich eingefügt wird. Ebenso möglich wäre es, dass der Entwurf über Änderungsanträge aus den CDU-Landesverbänden noch geändert wird. Selbst in letzter Sekunde könnte das Wahlprogramm auf dem anstehenden Parteitag noch über Adhoc-Anträge geändert werden. Die größte Hoffnung dürften die Apotheker allerdings mit der CSU verbinden. Denn Georg Nüßlein (CSU), derzeit stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag, hatte gegenüber DAZ.online angekündigt, dass die CSU sich dafür stark machen wolle, dass das Verbot weiterhin Thema bleibt – auch in den Koalitionsverhandlungen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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