Arzneimittelausgaben

US-Pharmamarkt wächst langsamer als erwartet

Remagen - 01.06.2017, 07:00 Uhr

Das Ausgabenwachstum des US-Pharmamarktes verlief zuletzt weniger drastisch als erwartet. (Foto: Elena R / fotolia)

Das Ausgabenwachstum des US-Pharmamarktes verlief zuletzt weniger drastisch als erwartet. (Foto: Elena R / fotolia)


Das Ausgabenwachstum für verschreibungspflichtige Arzneimittel in den USA hat sich im Jahr 2016 erheblich verlangsamt. Dies geht aus einem neuen Report des Quintiles/IMS-Instituts hervor. Er analysiert die Marktdaten für 2016 und bietet einen Ausblick bis 2021.

Nach einem aktuellen Bericht des Quintiles/IMS Instituts lagen die Netto-Ausgaben für rezeptpflichtige Medikamente* in den USA im letzten Jahr bei 323 Milliarden US-Dollar (450 Milliarden auf Rechnungsbasis). Das sind 4,8 Prozent (5,8 Prozent auf Rechnungsbasis) mehr als im Jahr davor. In den beiden Vorjahren 2015 (9,8 Prozent) und 2014 (12 Prozent) war der Anstieg auf Netto-Basis noch mehr als doppelt so groß. QuintilesIMS spricht von einem „historisch hohen“ Niveau. Das stark gebremste Wachstum führt der Branchenexperte auf den intensiveren Wettbewerb unter den Herstellern und die Bemühungen der Zahler um eine Begrenzung von Preiserhöhungen zurück. Preisnachlässe, Rabatte und andere Preiszugeständnisse haben die Kosten in 2016 nach dem Report um 28 Prozent gemindert. Die Rechnungspreise erhöhten sich im Schnitt um 9,2 Prozent, die Nettopreise um 3,5 Prozent (2015: 2,5 Prozent).

Jedes Jahr nur 1,1 Prozent mehr Ausgaben

Die Ausgaben für Medikamente über die Abgabe in Apotheken, Krankenhäusern und Kliniken stieg in den zehn Jahren von 2006 bis 2016 lediglich um 11 Prozent von 805 auf 895 US-Dollar pro Person. „Nach einem Jahr hitziger Diskussionen über die Kosten und die Bezahlbarkeit von Medikamenten sieht es nun tatsächlich so aus, dass die Gesamtausgaben für alle Arzneimittel bereinigt um das Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum in den letzten zehn Jahren nur um 1,1 Prozent jährlich zugenommen haben.“ stellt Murray Aitken, Senior Vice President und Geschäftsführer des QuintilesIMS Instituts, fest.

Patienten zahlen weniger zu

Mehr als 41 Prozent des gesamten Ausgabenwachstums seit dem Jahr 2011 entfielen auf Patienten im Alter von 65 Jahren und darüber. In der Altersgruppe der 50- bis 64-Jährigen stieg die Zahl der Verschreibungen in den vergangenen fünf Jahren um 21 Prozent, was in erster Linie auf den höheren Pro-Kopf-Verbrauch zurückgeführt wird (29 Verordnungen pro Person). Als größte Kostentreiber werden weit verbreitete chronische Erkrankungen, wie Bluthochdruck und mentale Störungen, genannt. Demgegenüber ist der Einsatz von Schmerzmitteln leicht zurückgegangen. Dies erklären die Marktexperten mit den Bemühungen, die Verordnung von Opioid-Schmerzmitteln wegen der zunehmenden Abhängigkeit einzuschränken.

Für rund 30 Prozent der Verschreibungen brauchten die Patienten im letzten Jahr nichts zuzuzahlen. Ansonsten ist die durchschnittliche Eigenbeteiligung nach dem Report seit 2013 von 9,66 auf 8,47 US-Dollar gesunken.

Rosige Aussichten für Innovationen

Wie in dem Bericht weiter zu lesen ist, legte der Boom bei den Launches von Innovationen in den USA im letzten Jahr eine Pause ein. Es gab nicht einmal halb so viele Neueinführungen wie in 2014 und 2015. Die Spätphasen-F&E-Pipeline wird allerdings als „robust“ bezeichnet. Bis zum Jahr 2021 rechnet das QuintilesIMS-Institut pro Jahr im Schnitt mit dem Launch von 40 bis 45 neuen Marken. Rund 2400 neuartige Produkte sollen sich in einer späten Entwicklungsphase befinden, ähnlich viele wie im Jahr zuvor. Davon sind 37 Prozent Spezialarzneimittel. Mehr als 630 verschiedene Forschungsprogramme sollen in der Onkologie laufen, einem Viertel der Pipeline. Dabei soll jedes vierte neue Molekül gegen Blutkrebs eingesetzt werden.

Auch in Zukunft gebremstes Wachstum

Mäßige Preissteigerungen bei Markenprodukten und die Auswirkungen von Patentabläufen sollen das Nettowachstum der Gesamtausgaben für Medikamente in den USA bis zum Jahr 2021 auf 2 bis 5 Prozent beschränken. Die Ausgaben würden damit nach den Berechnungen des QuintilesIMS-Instituts auf 375 bis 405 Milliarden US-Dollar ansteigen. Die Netto-Preiserhöhungen für geschützte Marken sollen in den nächsten fünf Jahren ebenfalls auf durchschnittlich 2 bis 5 Prozent gebremst werden, trotz eines erwarteten Anstiegs der Rechnungspreise um 7 bis 10 Prozent. Geringere Ausgaben für Markenarzneimittel nach dem Verlust des Patentschutzes inklusive des Biosimilar-Wettbewerbs könnten nach der Prognose des Berichts bis 2021 zudem voraussichtlich insgesamt 140 Milliarden US-Dollar an Einsparungen bringen.

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*Mit Netto-Ausgaben ist hier eine Schätzung der Einnahmen der Hersteller nach Rabattierung und anderen Preisnachlässen gegenüber Distributeuren, Zwischenhändlern und Zahlern gemeint. Der Begriff erstreckt sich nicht auf die Eigenbeteiligung der Patienten an den Kosten und beinhaltet keine Handelsmargen und Vergütungen für die Abgabe sowie weitere Services, die damit verbunden sind.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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