BVDVA-Kongress

FDP: Nein zum Mehrbesitzverbot, ja zu den Festpreisen

Berlin - 01.06.2017, 17:50 Uhr

Emmi Zeulner (CSU), Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Kordula-Schulz-Asche und Biggi Bender besprechen Apothekenthemen auf dem BVDVA-Podium. (Foto: Külker)

Emmi Zeulner (CSU), Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Kordula-Schulz-Asche und Biggi Bender besprechen Apothekenthemen auf dem BVDVA-Podium. (Foto: Külker)


Die FDP will wieder in den Bundestag – bislang dürften ihr die Wählerstimmen der Apotheker nicht zufliegen. In ihrem Wahlprogramm stellen die Liberalen das Fremdbesitzverbot zur Disposition. Die FDP-Vize Marie-Agnes Strack-Zimmermann hält auch das Mehrbesitzverbot in seiner jetzigen Form für antiquiert. Doch eines findet sie rundweg richtig: Festpreise für Arzneimittel, wie sie beim BVDVA-Kongress in Berlin sagte.

Bei der politischen Diskussion anlässlich des Kongresses des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA) moderierte in gewohnter Manier die frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Biggi Bender. Diesmal war es eine Frauenrunde: Gekommen waren die Bundestagsabgeordneten Sabine Dittmar (SPD), Emmi Zeulner (CSU) und Kordula Schulz-Asche (Grüne). Zudem die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die nach der Bundestagswahl gerne in den Bundestag einziehen möchte. Zunächst zugesagt aber am Ende ferngeblieben war Kathrin Vogler von der Linken – damit saß mit Zeulner lediglich eine Verfechterin des Rx-Versandverbots auf dem Podium. Doch dieses Verbot, das auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe verfolgt, stand nicht so sehr im Mittelpunkt der Diskussion. In der laufenden Legislaturperiode liegt es ohnehin auf Eis.

Bender lenkte den Blick anderweitig in die Zukunft: Wie wird die Apothekenlandschaft in fünf Jahren aussehen? Einig war man sich, dass die Apotheke vor Ort auch künftig unverzichtbar sein wird. Es gilt sogar ihre Kompetenzen stärker als bisher in die Versorgung einzubeziehen – nicht zuletzt angesichts der demografischen Entwicklung. Das betonten insbesondere Dittmar und Schulz-Asche. Entscheidende Schlagworte sind für die Politikerinnen zudem mehr Digitalisierung – das E-Rezept muss kommen! – und eine stärkere Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe.

Schlingerkurs beim Fremd- und Mehrbesitz

Vor allem auf die Ausführungen der Liberalen dürften die meisten Zuhörer gespannt gewesen sein. Schließlich war das Verhältnis zwischen FDP und Apothekern zuletzt deutlich abgekühlt. Partei-Chef Lindner hatte nach dem EuGH-Urteil im vergangen Oktober deutlich gemacht, dass er nichts von einem Rx-Versandverbot hält. Apotheken dürften nicht unter „Naturschutz“ gestellt werden, erklärte er. Kürzlich verabschiedete die FDP dann ihr Programm zur Bundestagswahl, in dem sie fordert, das Fremdbesitzverbot aufzuheben. Strack-Zimmermann bemühte sich anschließend gegenüber DAZ.online um Relativierung und betonte, dass die FDP keine Apothekenketten wolle. Vielmehr wolle sie die Apotheke vor Ort stärken. 

Doch zeitgleich zur heutigen Veranstaltung sorgte ein Tweet vom Account Strack-Zimmermanns für Aufregung, nach dem Fremdbesitz möglich sein sollte, wenn Apotheken von Apothekern betrieben werden. Offenbar handelte es sich jedoch um den Tweet eines Mitarbeiters – Strack-Zimmermann bekräftigte später gegenüber DAZ.online, sie sei weiterhin gegen Apothekenketten.

Auf dem BVDVA-Termin erklärte die FDP-Vize, dass das Fremdbesitzverbot in ihrer Partei sehr umstritten ist. Sie persönlich halte vor allem das Mehrbesitzverbot, wie es heute gilt, für „sehr antiquiert“ und „sehr schwierig“. Es gebe sicherlich Apotheker, die in einer ländlichen Region noch eine Apotheke aufmachen würden, es aber nicht dürfen.

Problematisch finde sie es allerdings, wenn ein Produzent beginne, den Markt zu dirigieren. Dies wäre bei der Zulassung des Fremdbesitzes allerdings möglich. Strack-Zimmermann erklärte, es sei dann theoretisch vorstellbar, dass ein Pharmaunternehmen Apotheken unterhält. Die Gefahren lägen auf der Hand: So könnten Hersteller-nahe Apotheken bevorzugt werden, wenn es Engpässe, etwa bei Impfstoffen gebe, erklärte die FDP-Vize. Sie ging jedoch nicht darauf ein, wie die FDP-Forderungen der Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbots dies verhindern sollten.

Arzneimittel sind keine Schuhe oder Unterwäsche

In einem anderen Punkt bezog Strack-Zimmermann eine ungewohnt klare Position – und zwar zu Festpreisen. Sie komme aus der Verlagsbranche, betonte sie – hier kennt man die Buchpreisbindung – und wisse daher, dass Festpreise bei manchen Menschen „Pickel” verursachen. Aber bei Arzneimitteln seien Festpreise richtig. Man dürfe Patienten nicht in die Situation bringen, dass sie in einer Apotheke – ob vor Ort oder im Versand – um den Preis feilschen müssen. „Ich möchte keine Preisdiskussion für Menschen in Not“, so Strack-Zimmermann. Es könne nicht sein, dass von einem Menschen, der Schmerzen hat, jeder Preis verlangt werden kann. Hier unterscheide sich der Arzneimittelbereich deutlich von anderen Sektoren. Es handele sich eben nicht um Schuhe oder Unterwäsche, betonte die FDP-Politikerin. Überdies: Die Preisbindung sei ein funktionierendes System, das man nicht opfern dürfe.

Gänzlich außen vor lassen möchte die Liberale das Apothekenhonorar allerdings offenbar nicht. Es sei „problematisch”, dass die Beratung, die auf einer Vertrauensbeziehung zwischen Apotheker und Patient basiere, nicht honoriert werde, räumte sie ein. 

Hier sehen auch Schulze-Asche und Dittmar ausdrücklichen Handlungsbedarf. „Die jetzige Honorierung ist nicht mehr zeitgemäß“, erklärte Schulz-Asche, ohne allerdings genau darzulegen, wie es besser ginge. Dazu will auch sie erst das vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Gutachten zur Arzneimittelpreisverordnung abwarten. Einig waren sich die Politikerinnen auch, dass die Kompetenzen der Apotheker künftig viel besser genutzt werden müssen. Insbesondere beim Medikationsplan, aber auch bei der Prävention als niedrigschwellige Anlaufstelle für Gesundheitsfragen.

Fazit der Diskussion: Allen ist bewusst, dass Apotheken wichtig sind – und dass es mehr als wünschenswert ist, sie in der Fläche zu erhalten. Strack-Zimmermann ist angesichts des sich ändernden Konsumverhaltens der Menschen allerdings skeptisch, ob das überhaupt klappt. Dass ein Rx-Versandverandverbot helfen könnte, das Ziel zu erreichen, stand für sie nicht zur Diskussion. „Wir brauchen den Versandhandel”, erklärte die FDP-Vize. Aber auch die anderen drei Politikerinnen sind überzeugt: Um die flächendeckende Versorgung zu erhalten, ist es vor allem notwendig, die Ärzte in ländlichen Regionen zu halten beziehungsweise sie dorthin zurückzubringen. Während Dittmar und Schulz-Asche auf Ärztehäuser und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) setzen, in denen angestellte Mediziner arbeiten, sprach sich Zeulner für Ausschreibungen von Arztsitzen aus. Die CSU-Abgeordnete sieht auch lieber Gemeinschaftspraxen als MVZ – die Unabhängigkeit der Gesundheitsberufe ist für sie ein Wert an sich.

Update: Im Artikel wurde nachträglich ergänzt, dass der Tweet nicht von Frau Strack-Zimmermann abgesendet wurde und dass sie erklärte, gegen Apothekenketten zu sein.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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3 Kommentare

Die vertrauten Argumente der "Damenrunde"

von Heiko Barz am 02.06.2017 um 14:59 Uhr

Eine illustrere Gesprächsrunde mit den bekannten weiblichen Protagonisten, vor allem die Frau Bender seinerzeit Kettenfetischst heute als Versandapolobbyist wieder zu Ehren gekommen, und mit ewig gleichen schwachbrüstigen Argumenten. Sie werden nicht wichtiger so oft man auch auf ihnen herumtrampelt.
Ein perfides konzeptloses Rumgeeier bei der wichtigen Honorarfrage, man möchte eben der "Wirtschaftsministerin" keine Hemmnisse in den Weg stellen, wissend, dass das Honorargutachten sowieso erst nach der Herbstwahl ansteht, und Zypries mit Sicherheit nicht mehr Verantwortung zu zeigen braucht. Wie schön ist doch das Leben eines Politikers!
Wenn es nicht zum Heulen wäre, man könnte über die planierte Engstirnigkeit dieser Protagonisten ohne Ende lachen.

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Was soll das ?

von Heiko Barz am 02.06.2017 um 14:34 Uhr

Welchen Kommentar, Kollege Müller, meinen Sie bei der DAZ?
Ich denke da doch eher an die PZ !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Was soll das?

von Karl Friedrich Müller am 01.06.2017 um 18:45 Uhr

Permanent Wahlwerbung für eine überflüssige, antiquierte, unsoziale, bürgerfeindliche, konzernhörige , schlicht furchtbare Truppe, die zu Recht aus allen Parlamenten entfernt gehört.
Aber nein, DAZ, ABDA usw hofieren diese Partei.
Einfach wegschweigen. Die Medien machen solche Looser auch noch salonfähig

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