Neues Multiple-Sklerose-Mittel

Roche untersucht Gehirnentzündung nach Ocrelizumab-Gabe

Basel - 30.05.2017, 07:00 Uhr

Das Arzneimittel Ocrelizumab gilt als Hoffnungsträger für Roche. (Foto: Roche)

Das Arzneimittel Ocrelizumab gilt als Hoffnungsträger für Roche. (Foto: Roche)


Schon zuvor waren bei Mitteln zur Behandlung von Multipler Sklerose Fälle tödlich verlaufende Hirnentzündung aufgetreten. Bei einem in Deutschland mit dem in der EU noch nicht zugelassenen Arzneimittel Ocrelizumab behandelten Patient brach kürzlich nach der Gabe des neuen Präparats Ocrelizumab auch die Erkrankung aus. Dessen Arzt sieht aber einen Zusammenhang mit einem anderen Arzneimittel, betont Roche.

„Schädigte Roche-Medikament das Gehirn?“, fragten am Montag deutsche Medien in Bezug auf einen Patienten mit Multiple Sklerose (MS), der den in Europa noch nicht zugelassenen monoklonalen Antikörper Ocrelizumab erhalten hatte. „Wir untersuchen derzeit einen Fall von progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (PML) bei einem MS-Patienten“, bestätigte Roche auf Nachfrage von DAZ.online. Dabei handelt es sich um eine schwere Hirnentzündung, die vom Humanen Polyomavirus 2 (JC-Virus) verursacht wird – bei immungeschwächten Patienten kann er MS-ähnliche Symptome auslösen und führt bei vielen Patienten schnell zum Tod.

Der Patient sei positiv auf das JC-Virus getestet worden, erklärt Roche. Er habe drei Jahre lang Infusionen mit dem monoklonalen Antikörper Natalizumab erhalten – das Arzneimittel war wie auch andere Immunsuppressiva mit der Viruserkrankung in Verbindung gebracht worden. „Die letzte Dosis erhielt er im Februar 2017“, erklärte eine Pressesprecherin von Roche.

Im April dieses Jahres habe er die Initialdosis des bislang nur von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA zugelassene Arzneimittel Ocrelizumab über ein Härtefallprogramm erhalten, erklärt Roche. „Diese Dosis wurde gemäß US-Fachinformationen wie alle Initialdosierungen in zwei Infusionen verabreicht, und zwar am 5. April 2017 und am 19. April 2017.“

Der Arzt sieht laut Roche keine Verbindung zum Arzneimittel

Unklar ist bislang, ob es einen Zusammenhang zu Ocrelizumab gibt. „Der PML-Fall wurde als ‚Carry over‘ von Natalizumab von dem behandelnden Arzt bestätigt“, erklärt die Pharmafirma – der behandelnde Mediziner sehe also keine Verbindung. Roche wollte zur Frage, ob der Patient noch lebt beziehungsweise wie es ihm inzwischen geht, keine Aussage treffen. „Aus Gründen der Vertraulichkeit können wir uns zum Zustand des Patienten nicht äußern“, erklärte die Sprecherin.

Die Sicherheit der Patienten habe oberste Priorität, betonte sie. „Wir sind dabei, weitere Einzelheiten zum PML-Fall und zur Vorgeschichte des Patienten zu sammeln“, sagte die Pressesprecherin. „Sobald uns weitere Informationen vorliegen, werden wir diese an Gesundheitsversorger und globale Gesundheitsbehörden weitergeben.“

Im Jahr 2005 wurde Natalizumab nach einem Todesfall vorübergehend vom Markt genommen, 2012 wurde ein Aufklärungsbogen für Patienten herausgegeben. Im Jahr 2015 war PML auch bei einem Patienten beobachtet worden, der keine immunsuppressive Therapie bekam, sondern nur mit Interferon behandelt worden war.

Wirtschaftlich gilt Ocrelizumab als Hoffnungsträger von Roche: Es könnte Umsatzrückgänge bei den Arzneimitteln Rituxan, Avastin oder Herceptin ausgleichen, deren Patente auslaufen.  

Update: In einer ersten Fassung des Artikels hieß es fälschlicherweise, der Patient sei verstorben; hierzu hat Roche bislang keine Angaben gemacht. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Ocrelizumab

von Susanne am 05.01.2018 um 10:42 Uhr

Guten Tag ,
ich hätte eine Frage und zwar habe ich 24 mal die Tysabri Teraphie gemacht und der Arzt erlaubt mir erst in 8 Wochen die neue Teraphie Ocrelizumab zum machen. Ist das nicht gefährlich , da ich positiv auf JCV
Mit freundlichen Grüßen
Susanne

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