Deutscher Ärztetag

Ärzte wollen neuen Medikationsplan und mehr Geld

Freiburg/Berlin - 24.05.2017, 15:45 Uhr

Kritik am Medikationsplan: Während die Apotheker überhaupt gerne beteiligt wären, wünschen sich die Ärzte einen ganz anderen Medikationsplan und sowieso mehr Geld dafür. (Foto: dpa)

Kritik am Medikationsplan: Während die Apotheker überhaupt gerne beteiligt wären, wünschen sich die Ärzte einen ganz anderen Medikationsplan und sowieso mehr Geld dafür. (Foto: dpa)


Auf dem Deutschen Ärztetag plädierten die Delegierten dafür, die Vereinbarung zum Medikationsplan zwischen den Kassenärzten und dem Deutschen Apothekerverband einer „dringend erforderlichen Nachbesserung“ zu unterziehen. Die praktische Umsetzung des Medikationsplans sei aktuell in den meisten Fällen „hoch problematisch“.

Seit Anfang Oktober 2016 haben GKV-Patienten, die drei oder mehr Arzneimittel über einen längeren Zeitraum gleichzeitig einnehmen, das Recht auf einen Medikationsplan. Ausgestellt werden muss dieser Plan vom Arzt, der Apotheker darf auf Wunsch des Patienten ergänzen. Bevor der Medikationsplan zur Anwendung kam, mussten sich der Deutsche Apothekerverband, die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sowie die Bundesärztekammer (BÄK) laut E-Health-Gesetz gemeinsam auf Inhalt und Struktur der Pläne einigen. Im Mai 2016 hatten alle drei Parteien diese Einigung mitgeteilt, seitdem steht der Aufbau des bundeseinheitlichen Medikationsplans.

Doch nach knapp acht Monaten Anwendung in der Praxis sind die Ärzte scheinbar nicht zufrieden mit dem Plan. Denn auf Antrag eines Delegierten aus Baden-Württemberg entschloss sich der Deutsche Ärztetag in Freiburg am heutigen Mittwoch, den Vorstand der Bundesärztekammer zu beauftragen, seine Vereinbarung mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem Deutschen Apothekerverband vertragsgemäß zu überarbeiten. Eine Nachbesserung des im Antrag auch „Bundesmedikamentenplan“ genannten bundeseinheitlichen Medikationsplans sei „dringend“ erforderlich, heißt es in dem Entschluss des Ärztetags.

Welche Gründe sehen die Antragsteller? Die praktische Umsetzung des Medikationsplans sei „in den meisten Fällen hoch problematisch und angesichts des erforderlichen Zeitaufwandes und technischer wie auch organisatorischer Mängel in den meisten Praxen kaum durchführbar“, erklärt der Antrag. Die Umsetzung des Medikationsplans sei von vielen Softwarehäusern und Herstellern von Arztinformationssystemen „unvollständig, fehlerhaft und umständlich“ vollzogen worden, was die praktische Arbeit „enorm“ erschwere.

Ärzte wollen mehr Geld für den Medikationsplan

Aber die Mediziner sind nicht nur mit der Struktur des bundeseinheitlichen Medikationsplanes (BMP) unzufrieden, sondern auch mit der dazugehörigen Honorierung. Die Mediziner erhalten verschiedene Pauschalen für den Medikationsplan. Die Gesamtvergütung für das Ausstellen des Planes hatte die KBV mit dem GKV-Spitzenverband im September 2016 ausgehandelt. Pro Jahr sollen die Mediziner bis zu 163 Millionen Euro mehr für ihre Dienstleistungen mit den Plänen abrechnen können.

Die Mehrhonorierung decke laut Ärztetag-Antrag den „enormen“ Arbeits- und Zeitaufwand nur im Ansatz, heißt es. Bereits in Erwartung voraussichtlicher Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Vereinbarung sei eine Anpassung zum 30. April vorgesehen gewesen – gegebenenfalls „auch die Kündigung der Vereinbarung“, betont der Antrag. „Der Vorstand der Bundesärztekammer muss deshalb seinem Auftrag als Vertragspartner der Vereinbarung nachkommen und die erforderlichen Nachbesserungen erreichen, um eine Umsetzbarkeit des BMP für die Kolleginnen und Kollegen möglich zu machen.“

Schon kurz nach dem Start hatte KBV-Chef Andreas Gassen die Konstruktion und die Vergütung des Medikationsplanes für die Mediziner stark kritisiert. Damals sagte Gassen gegenüber der Ärzte Zeitung: „Das ist eine Vergütung, die die Kollegen draußen zu Recht verärgert. Man darf nicht erwarten, dass bei einer solchen Vergütung die Patientenversorgung oder sogar die Arzneimittelsicherheit in Zukunft besser wird.“

Der aktuelle Beschluss könne nur ein Einstieg sein, sich mit dem Thema Arzneimittelsicherheit perspektivisch auseinanderzusetzen. Der Ärzte-Chef beschwerte sich auch darüber, dass die Ärzte sich überhaupt nicht miteinander abstimmen müssten, welcher Mediziner wann und wie oft einen Plan ausstelle. Gassen wörtlich: „Das heißt, die Kollegen sind darauf angewiesen, was der Patient ihnen sagt. Er muss ihnen nicht alle Medikamente nennen, die er einnimmt. Hier erschließt sich mir die Sinnhaftigkeit des Plans sowieso nicht.“



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

mehr Geld?

von Renate Blum am 03.06.2017 um 12:05 Uhr

So, die Damen und Herren Doctores wollen mehr Geld? Aber klar doch! Dafür können die erstaunlicherweise auch richtig aktiv werden! Holt euch lieber eure Verordnungshoheit zurück, dass nicht immer mehr Patienten die notwendige Therapie nicht erhalten, weil " mein Budget ist aufgebraucht ". Ich kann das Gejammere nicht mehr hören, auf der einen Seite sebstbewusst bis zum Umfallen aber gegenüber der Wirtschaftlichkeitsprüfung wie das Karnickel vor der Schlange...
Es ist jämmerlich und absolut unfair gegenüber denen, die dieses System finanzieren, nämlich den Patienten

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Und es könnte doch so einfach sein...

von Andreas Grünebaum am 25.05.2017 um 17:31 Uhr

E-Rezept Karte beim Arzt mit den verordneten Arzneimitteln und Dosierung füttern. Patient löst in Apotheke ein: Mediplan auf Knopfdruck! Nächster Arztbesuch: E-Rezept beim Facharzt mit ... Bei nächster Apotheke einlösen... Mediplan auf Knopfdruck! Patient möchte OTC auf Mediplan? Bitteschön, Karte einführen und Mediplan auf Knopfdruck! Dabei die Möglichkeit des Apothekers Wechselwirkungen zu erkennen. Dazu braucht es weder einen Hausarzt, noch Stammapotheke. Wir Apotheker könnten das leisten - für billig Geld, denn über DIE EDV verfügen wir schon längst und sind den Ärzten um Jahre voraus.

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Deutsche Bürokratie - am Universum vorbei

von Ratatosk am 24.05.2017 um 19:04 Uhr

Hat jeder doch sehen können, wieder ein Ruhmesblatt gerade auch derer, die jetzt die lokalen Apotheken plattmachen mit geradezu grotesken Vorstellungen ! Gerade hat die FDP ja gezeigt, daß es für keine komplexe Betrachtung mehr reicht, jeder der sein Handy einschalten kann, ist ja dort schon ein IT Experte.
Medikationsplan hätte was werden können, aber nicht so, wenn die Verantwortlichen einfach keine Ahnung der Problematik haben.

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