Diskussion um Fremdbesitzverbot

Lindner sieht Apothekenketten-Beschluss „skeptisch“

Olpe - 23.05.2017, 10:00 Uhr

Der FDP-Chef geht laut einem Antwortschreiben an einen Apotheker auf Distanz zum Beschluss seiner Partei. (Foto: dpa)

Der FDP-Chef geht laut einem Antwortschreiben an einen Apotheker auf Distanz zum Beschluss seiner Partei. (Foto: dpa)


Lindner geht im Antwort-Schreiben auf Distanz zum FDP-Beschluss

„Ich selbst war gegen das Fremdbesitzverbot und sehe den Beschluss fachlich skeptisch“, schreibt Lindner. Offensichtlich handelt es sich hierbei um einen Fehler in Lindners Antwort, da der Parteitagsbeschluss sich ja nicht für das Fremdbesitzverbot ausgesprochen hatte, sondern für die Aufhebung desselben – was anscheinend von Lindner anders gemeint war. Inwiefern Lindner die Forderung der Mehrheit der Delegierten „fachlich skeptisch“ sieht, erläutert der FDP-Chef in seinem Schreiben zwar nicht, und auch auf Nachfrage will der Pressesprecher Lindners nicht zu „persönlichen Gesprächen oder Korrespondenz“ Stellung nehmen. „Zu Ihrer Einschätzung will ich gerne aber ergänzend hinweisen, dass Herr Lindner, so wie auch die anderen führenden Fachpolitiker der FDP, eine isolierte Aufhebung des Fremdbesitzverbotes mit Skepsis sieht“, erklärt der Sprecher.

„Es war nicht Bestandteil der Vorlage unseres Vorstandes, sondern wurde aus der Mitte des Parteitags beantragt“, schreibt der Lindner weiter zum Parteitags-Beschluss. Doch wenn er – und auch seine für Gesundheitsfragen zuständige Stellvertreterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann – zumindest im Nachgang des Bundesparteitags nicht mehr die Fahne für Apothekenketten hochhalten wollen, wie kam es dann zu dem umstrittenen Passus? „Die Stimmung auf dem Parteitag war leider auch geprägt von den monatelangen, unterirdischen und denunziatorischen Kampagnen gewisser Apotheker-Medien“, erklärt Lindner, ohne dies näher zu begründen. „Eine zukünftige Bundestagsfraktion wird sich hiermit auseinandersetzen müssen.“

Für Ullenboom wäre es zu spät, wenn sich die FDP erst nach der Bundestagswahl wieder mit dem Fremdbesitzverbot beschäftigt: Erst wenn die Partei ihre Position überdenkt, wäre sie wählbar, sagt er – „sonst nicht“. Er sieht noch dringend weiteren Redebedarf, den auch die Kammer und der Apothekerverband bei der FDP angemeldet haben. „Ich glaube, da müssen wir nochmal nachhaken“, sagt er angesichts des Schreibens – „da ist noch Zündstoff drin in der ganzen Geschichte“.

Dass die FDP bei den letzten Landtagswahlen deutlich zugelegt hat, hat seiner Ansicht nach nichts mit der Positionierung zum Fremdbesitzverbot oder zu Apothekenthemen zu tun. Die FDP und ihr Chef Lindner haben bei jungen Leuten einen Stein im Brett, glaubt Ullenboom – „der versteckt sich nicht, sondern zeigt sich auf allen Kanälen, auf denen junge Leute sich tummeln“, sagt der Apotheker. Die Idee für sein Schreiben habe er gehabt, als er gehört hat, dass Lindner kurzfristig im Rahmen des NRW-Wahlkampfes in die Region reist und eine Rede hält. „Wenn er kommt, dann muss er auch was kriegen“, erklärt Ullenboom. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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8 Kommentare

AW, AW: Ha ha ha ha

von Bernd Jas am 25.05.2017 um 9:10 Uhr

Der jenige der das Parteiprogramm geschrieben hat, hat sich nur verschrieben.
Richtig sollte es Lauten: dass die FDP "die inhabergeführte Apotheke stürzen möchte".

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Quo vadis, FDP?

von Christian Rotta am 23.05.2017 um 19:29 Uhr

Fest steht, dass der Änderungs-/Ergänzungsantrag zum Fremdbesitz der FDP-Antragskommission und den Parteitagsdelegierten schon Wochen vor dem FDP-Parteitag vorlag (Antrag 194 des sog. Antragsbuchs zum Bundesparteitag). Die Aufgabe der Antragskommission ist es, dem Parteitag vorzuschlagen, wie Anträge zu behandeln sind. Der Satz zum Fremdbesitz ("Weitere Markthemmnisse wie das Fremdbesitzverbot müssen abgeschafft werden") sollte danach ohne Abstimmung ins Wahlprogramm übernommen werden. Wenn jetzt Christian Lindner den Eindruck zu erwecken versucht, er habe von dem Ergänzungsantrag nichts gewusst und die Übernahme ins Parteiprogramm zur Bundestagswahl sei dem chaotischen Gesprächsverlauf auf dem Parteitag geschuldet, ist dies in hohem Maße unglaubwürdig. Und schlichtweg unterirdisch und einer liberalen Partei nicht würdig ist es, jetzt in Trump-Manier „gewisse Apotheken-Medien", die den FDP-Tabu-Bruch zum Fremdbesitzverbot öffentlich gemacht haben, zu denunzieren (und mittelbar zu drohen). Und schließlich: Dass Lindners Pressesprecher darauf hinweist, sein Parteichef stehe einer „isolierten" Aufhebung des Fremdbesitzverbots durchaus „skeptisch" gegenüber, kann auch nicht so recht beruhigen. Argumentative Verschlimmbesserung nennt man das wohl - gehört doch für Ketten-Freunde zur Forderung nach Aufhebung des Fremdbesitzverbots zwingend auch die Abschaffung des Mehrbesitzverbots... Aber wahrscheinlich war’s dann so doch nicht gemeint und die bösen Apothekenmainstreammedien haben bewusst alles missverstanden.

Quo vadis, FDP? Es scheint: Die apothekenpolitische Geisterfahrt geht weiter.

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AW: Quo vadis, FDP

von Uwe Hansmann am 24.05.2017 um 9:17 Uhr

So dumm, wie Lindner meint, sind die Wähler am Ende nicht. Dieses Schauspiel ist einfach zu durchsichtig. Ein Selbstdarsteller vor dem Herrn, dem jedes Mittel recht ist, Popularität zu erhaschen.
Der Spruch "Hochmut kommt vor dem Fall" sei Lindner ins Gebetbuch geschrieben.
Noch ist Zeit, sich auf die eigentlichen Werte der alten Dame FDP zu besinnen.
Bis September kann noch viel passieren, Herr Lindner!

FDP gegen Gemeinwohl

von Ratatosk am 23.05.2017 um 18:47 Uhr

Eine FDP die gegen den Mittelstand agiert, noch nicht einmal begreift, was Gemeinwohlpflichten sind, für die die Apotheken schon ewig bluten, damit die Apothekenpflicht gerechtfertigt ist, hat die politische Daseinsberechtigung verloren, da die internatinalen Großkonzerne die hier protegiert werden, keine Partei mehr brauchen. Klar, gerechter Wettbewerb mit Konzernen, die dann aber auch legal praktisch keine Steuern mehr zu zahlen brauchen. Die Kommunen können schon mal danken. Das völlig chaotische Durcheinander der Beschlußlagen zeigt überdies die Überforderung der Parteiführung.

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Stütze für die Apotheke

von Christian Becker am 23.05.2017 um 14:03 Uhr

Ja, klar. Wenn die FDP-Phantasien Realität werden, dann beziehen viele Apotheker und sonstiges Apothekenpersonal zukünftig Stütze.

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hmmm... Parteiprogramm

von Rolf Lachenmaier am 23.05.2017 um 12:42 Uhr

Herr Denkler, da haben Sie recht. Nur: macht es das in irgendeiner Weise besser?! Entweder wäre die Partei dann etwas unfähig, ihr eigenes Programm zu beschließen und zu verstehen oder Sie wollte arglistig täuschen... Suchen Sie es sich heraus. Der Tenor aus vielen Kommentaren von Julis und "Liberalen": Apotheke ist doof! Weg damit! Da hilft dann auch kein beschönigen oder erklären. Fakt ist: Das steht da so... im Vorab-Programm noch nicht.
Das Ganze dann als Ergebnis von gezielten "denunziatorischen Kampagnen der Apotheker-Medien" zu bezeichnen - ist grenzdebil oder schlicht gelogen!

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Ha ha ha ha ...

von Rolf Lachenmaier am 23.05.2017 um 10:37 Uhr

Zitat aus dem gerade beschlossenen Parteiprogramm der fdp S.48:
"Ein pauschales Versandhandelsverbot von rezeptpflichtigen Arzneimitteln lehnen wir ab, denn jede Patientin und jeder Patient sollte die Wahlfreiheit haben, von wem er sein rezeptpflichtiges Arzneimittel bezieht. Wir halten ein differenziertes Angebot für zwingend erforderlich, welches einerseits Patientinnen und Patienten die Nutzung digitaler Angebote ermöglicht, andererseits die durch die in- und ausländischen Apotheken bisher sehr gut gewährleistete Versorgungsqualität sicherstellt. Weitere Marktzugangshemmnisse wie das Fremdbesitzverbot müssen abgeschafft werden."
Noch Irgendwelche Fragen, Herr Lindner?! Wer dennoch zögert, sollte sich mal spaßeshalber die "Diskussionen" (nennen wir's besser das Apotheker-Bashing) auf den einschlägigen fdp-Seiten ansehen - wirkt Wunder.
Jenseits aller Denunzations-Fantasien...

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AW: Ha ha ha ha

von Henning Denkler am 23.05.2017 um 11:51 Uhr

Fairerweise sollte man aus dem gleichen Programm aber auch zitieren, dass die FDP "die inhabergeführte Apotheke stützen möchte". Direkt im Folgesatz kommt dann das von Ihnen eingefügte Zitat, also ein direkter Widerspruch. Es stellt sich jetzt die Frage, ob da irgendwer etwas geschrieben hat, was mit der Partei so gar nicht abgesprochen war?!

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