Eltern uneinig

Impfgegnerin scheitert vor dem Bundesgerichtshof

Karlsruhe - 23.05.2017, 12:50 Uhr

Elternteile dürfen alleine über viele Impfungen entscheiden, entschied der Bundesgerichtshof. (Foto: miss mafalda / Fotolia)

Elternteile dürfen alleine über viele Impfungen entscheiden, entschied der Bundesgerichtshof. (Foto: miss mafalda / Fotolia)


Was tun, wenn Eltern sich über die Impfung ihrer Kinder nicht einig werden? In einem langjährigen Gerichtsverfahren musste nun der Bundesgerichtshof entscheiden. Da die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission als medizinischer Standard anerkannt sind, reicht es, wenn ein Elternteil einwilligt, erklärten die Richter – die impfkritische Mutter unterlag vor dem höchsten Gericht.

In einem Fall aus Thüringen können sich die Eltern eines knapp fünfjährigen Mädchens nicht einig werden. Die Mutter, bei der das Kind lebt, hat Angst vor Impfschäden und traut den Ärzten und der Pharmaindustrie nicht über den Weg – laut Pressemitteilung sprach sie von einer „unheilvollen Lobbyarbeit von Pharmaindustrie und der Ärzteschaft“. „Die Mutter ist der Meinung, das Risiko von Impfschäden wiege schwerer als das allgemeine Infektionsrisiko“, erklärt der Bundesgerichtshof. „Nur wenn ärztlicherseits Impfschäden mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten, könne sie eine anlassunabhängige Impfung ihrer Tochter befürworten.“ Der Vater will hingegen, dass seine Tochter alle offiziell empfohlenen Impfungen bekommt. 

Die obersten Zivilrichter hatten zu klären, ob Impfungen zu den alltäglichen Angelegenheiten gehören oder von erheblicher Bedeutung sind. In Alltagsfragen wie über die richtige Ernährung oder die tägliche Zeit vor dem Fernseher kann der Elternteil allein entscheiden, bei dem das Kind lebt. Bei bedeutsamen Entscheidungen braucht es Einigkeit. Können sich die Eltern nicht verständigen, bestimmen die Gerichte, wessen Position im Sinne des Kindes ist.

Hier hatte das Oberlandesgericht in Jena den Vater berechtigt, über insgesamt neun Impfungen zu entscheiden – zu Recht, wie nun feststeht. Die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission seien vom BGH als medizinischer Standard anerkannt. Der Vater sei deshalb in der Lage, alleine die Entscheidung zu treffen, und bräuchte nicht die Zustimmung der Mutter einzuholen. (Az. XII ZB 157/16)

Erst Ende vergangener Woche wurde anlässlich einer grassierenden Masernepidemie in Italien eine Impfpflicht für zwölf Erkrankungen eingeführt – inklusiver hoher Bußgelder für Eltern, die ihren Kindern Impfungen verweigern. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) setzt hingegen auf freiwillige Entscheidungen und mehr Beratung für Eltern. Trotz intensivmedizinischer Behandlung war am vergangenen Wochenende in Essen eine 37-jährige Mutter an Masern verstorben – laut Robert-Koch-Institut der erste Masern-Todesfall in diesem Jahr


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