Software, Taxierung, etc.

Was müssen Apotheker über die neuen Rezepturpreise wissen?

Berlin - 12.05.2017, 09:00 Uhr

Für Rezepturen bekommen Apotheken nach langem Ringen endlich mehr Honorar. (Foto: Hartlmaier)

Für Rezepturen bekommen Apotheken nach langem Ringen endlich mehr Honorar. (Foto: Hartlmaier)


Das AMVSG ist im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das heißt: Ab 13. Mai gelten neue Preise für Rezepturen und eine neue BtM-Gebühr. Die großen Apotheken-Software-Häuser sind eigenen Angaben zufolge vorbereitet, sodass für Apotheken keine Probleme zu erwarten sind. Doch wie errechnen sich die neuen Taxpreise genau? Wir geben Ihnen einen Überblick.

Die neuen Regeln zur Taxierung gehören zu den zahlreichen Inhalten des Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes (AMVSG). Dieses wurde inzwischen vom Bundespräsidenten unterschrieben und ist am heutigen 12. Mai verkündet worden. Damit wird es einen Tag später – also am 13. Mai 2017 – in Kraft treten. Ab dann haben die Apotheken Anspruch auf das neue erhöhte Rezepturhonorar und die neue Dokumentationsgebühr für BtM- und T-Rezepte.  

Doch ist die Apothekensoftware vorbereitet? Schließlich stand das genaue Datum für das Inkrafttreten lange nicht fest. DAZ.online hat bei den großen Software-Häusern nachgefragt – sie geben alle Entwarnung.  

Softwarehäuser versprechen automatische Aktualisierung

Bei Lauer-Fischer hieß es, man sei „komplett vorbereitet“. Bereits Ende März 2017 habe man die notwendigen Programmänderungen vorgenommen, so dass mit Inkrafttreten des AMVSG lediglich das neue Honorar eingefügt werden müsse. Dank der Online-Erreichbarkeit würden die neuen Aufschläge über Nacht vollautomatisch durch Lauer-Fischer eingespielt. Dies gelte für alle Produktlinien von Lauer-Fischer, also für die Systeme WINAPO® 64 PRO, WINAPO® 64 und WINAPO® SQL. Sollte eine Apotheke online nicht erreichbar sein, könne sie die neuen Honorare auch per Hand eingeben und das Programm werde ab dann ebenfalls die neuen Beträge heranziehen. 

Auch die ADG ließ wissen, die Apotheken könnten den bevorstehenden Änderungen „gelassen entgegensehen“. Sobald das AMVSG offiziell verkündet ist, erhielten ADG-Kunden eine schriftliche Benachrichtigung und die notwendigen Softwareanpassungen würden per Onlineupdate übertragen.  

Bei awinta ist ebenfalls alles vorbereitet, das Unternehmen verspricht ein automatisches und pünktliches Update. Um sicher zu gehen, sollten die Apotheken aber überprüfen, ob noch eine händische Umstellung nötig ist, rät ein Sprecher, zum Beispiel wenn die individuellen Einstellungen im System dies erfordern. Falls die Apotheke selbst aktiv werden muss, informiere die awinta ihn gegebenenfalls direkt.

Und auch Pharmatechnik erklärt sich für „gerüstet für einen pünktlichen Umstieg“. Bereits vor einem Monat habe man über ein Update die gesetzlichen Änderungen des AMVSG an alle Kunden ausgeliefert. Die Apotheken müssen nichts tun, die Änderungen würden zum 13. Mai automatisch aktiviert.  

Wie ändert sich die Rezepturtaxierung?

Sollte es bei der automatischen Aktualisierung der Software dennoch haken, müssen die Apothekenteams selbst für die richtige Taxierung sorgen. Wie die ermittelten Preise beim Bedrucken der Rezepte berücksichtigt werden können, ist abhängig von der jeweils verwendeten Software zu klären.

Doch wie werden die neuen Taxpreise für Rezepturen nach der geänderten Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) nun errechnet? Es geht dabei um zwei wesentliche Änderungen:

Erstens werden die Rezepturzuschläge gemäß § 5 Absatz 3 AMPreisV um jeweils einen Euro erhöht:

  • Statt bisher 2,50 Euro sind nun 3,50 Euro zu taxieren, beispielsweise für Tees und Lösungen bis 300 Gramm,
  • statt bisher 5 Euro sind nun 6 Euro zu taxieren, beispielsweise für Salben, Pasten, Suspensionen und Emulsionen bis 200 Gramm,
  • statt bisher 7 Euro sind nun 8 Euro zu taxieren, beispielsweise für Kapseln und Zäpfchen bis 12 Stück oder für eine Sterilfiltration bis 300 Gramm.  

Die Systematik zur Ermittlung der Rezepturzuschläge bei größeren Herstellungsmengen bleibt unverändert. Für jede über die Grundmenge hinaus gehende kleinere bis gleich große Menge erhöht sich der Rezepturzuschlag um 50 Prozent. Dort wirken sich die neuen Zuschläge also zusätzlich aus. 

Zweitens ist gemäß § 5 Absatz 1 AMPreisV als zusätzliche Position ein Festzuschlag von 8,35 Euro für jede Zubereitung zu taxieren. Anders als bei Fertigarzneimitteln kommen keine 16 Cent für den Nacht- und Notdienstfonds dazu.  

Neues Taxierungsschema 

Damit ergibt sich das folgende Taxierungsschema: 


 Summe der Einkaufspreise der Ausgangsstoffe und Packmittel (ggf. gemäß Hilfstaxe)
+90% Aufschlag auf die obige Summe 
+

Rezepturzuschlag („Arbeitspreis“, in neuer Höhe)

+8,35 Euro Festzuschlag 
=Netto-Taxpreis
+19% Mehrwertsteuer
=Brutto-Taxpreis

Für welche Rezepturen gilt das?

Diese Regelung gemäß der geänderten Arzneimittelpreisverordnung gilt unmittelbar für alle verschreibungspflichtigen Rezepturen (außer Parenteralia gemäß § 5 Absatz 6 AMPreisV, siehe unten). Sie gilt außerdem aufgrund vertraglicher Regeln, wenn die Arzneilieferverträge für ausnahmsweise zulasten der GKV verordnete nicht verschreibungspflichtige Rezepturen eine Taxierung nach der Arzneimittelpreisverordnung vorsehen. Dabei kann es allerdings auf den genauen Wortlaut der einzelnen Verträge ankommen. Denn der neue Festzuschlag konnte dort naturgemäß noch nicht berücksichtigt werden. 

Für nicht verschreibungspflichtige Rezepturen, die zur Selbstmedikation der Patienten hergestellt werden, gilt die Arzneimittelpreisverordnung dagegen ohnehin nicht. Der Apothekenleiter kann und muss selbst über die Preise entscheiden – doch dies ist nicht neu. Ob die Neuregelung in der Arzneimittelpreisverordnung ein Anlass ist, die Preise für nicht verschreibungspflichtige Rezepturen zu überdenken, muss individuell entscheiden werden. 

Der neue Festzuschlag von 8,35 Euro gilt nicht für parenteral anzuwendende Lösungen, für die ein Rezepturzuschlag gemäß § 5 Absatz 6 AMPreisV festgelegt wurde. Für Zytostatikazubereitungen und andere Spezialrezepturen ändert sich also an der Taxierung nichts. Allerdings bringt das AMVSG dort eine andere Neuerung. Denn nach einer Drei-Monats-Frist fallen die Ausschreibungen für Zytostatikazubereitungen weg.  

Neue Gebühr für BtM- und T-Rezepte

Viel einfacher sind die Neuerungen bei der BtM-Gebühr, die zu einer Dokumentationsgebühr für Arzneimittel auf BtM- und T-Rezepten wird. Sie steigt von bisher 26 Cent auf 2,91 Euro. Dieser Betrag schließt 19 Prozent Mehrwertsteuer ein. Nach den neuen Regeln ist diese Gebühr nicht nur für Betäubungsmittel zu taxieren, sondern auch für Arzneimittel auf T-Rezepten. 



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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5 Kommentare

Dreiste Abzocke

von Ralf Schweers am 17.06.2017 um 23:31 Uhr

Seit über 10 Jahren lasse ich mir in der Apotheke regelmäßig eine Lösung von 0,5 g Salicylsäure in 99,5 g Alkohol zubereiten. Bislang zahlte ich dafür rund 5 Euro, was aufgrund der sehr geringen Materialkosten schon recht happig war. Jetzt soll ich dafür plötzlich stolze 16 Euro zahlen - das ist doch purer Wahnsinn! Die Komplexität der Rezeptur spielt offenbar keine Rolle bei der neuen Gebührenregelung. Mich jedenfalls sehen die Apotheken nur noch im Notfall wieder.

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AW: Dreiste Abzocke

von Nicole Lagendijk am 08.11.2017 um 18:01 Uhr

Sehr geehrter Herr Schweres,

in der Apotheke erhalten Sie hochwertige Produkte in Apothekenqualität.
Es werden nicht nur einfach Substanzen zusammengeschüttet. Diese werden zuvor im Apothekenlabor geprüft und für jede Rezeptur muss ein Herstellungsprotokoll mit Dokumentation der Chargen geschrieben werden.

Die Herstellung erfolgt außerdem unter vorgeschriebenen hygienischen Bedingungen von Fachpersonal.

Somit waren die 5 € für Ihre Salicylsäurelösung bislang ein Verlustgeschäft für die Apotheke.
Welcher Friseur würde heutzutage noch einen Trockenhaarschnitt für 5 € anbieten? (und Materialkosten hätte er dabei auch keine)

Mit freundlichen Grüßen,
Nicole Lagendijk (PTA)

Übergangsregelung?

von Sacha Lischer am 16.05.2017 um 18:26 Uhr

Ich habe am Freitag den 12. ein BtM-Rezept für eine Rezeptur bei der Apotheke abgegeben. Am 13. traten die neuen Regeln in Kraft. Gestern, am 15., habe ich das Zeug abgeholt und mußte schon die neuen Gebühren zahlen. Die Frau sagte mir, daß bei BtM-Rezepten der Abholtag gilt, weil erst dann das Rezept "bedruckt" (was auch immer das heißt) werden darf. Aber gilt nicht doch das Abgabedatum des Rezepts? Sonst könnte es ja sein, daß der Apotheker das ganze künstlich ausbremst nur um die neuen Gebühren kassieren zu dürfen.
Danke schonmal für alle Antworten!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Apothekengewinn durch Taxerhöhung

von Heiko Barz am 12.05.2017 um 18:35 Uhr

Schrieb doch DAZ online, dass jetzt ca.100 Mill € mehr in die Kassen der Apotheker "fließen". Diese Bemerkung, man hätte sie sich auch sparen können, induziert natürlich Überlegungen unserer "Partner", weiter am Geldabzugshahn zu schrauben.
Und sollte dort nicht gehandelt werden, so gibt es genügend andere Felder, die man natürlich besser bestellen könnte.
Es gibt einige Pauschalen, die "dringend" zu erhöhen sind.
Die durchschnittlich ca. 400€ vor Steuern an Mehreinnahmen pro Monat müssen die Apotheken auch aus sozialen Gründen selbstverständlich wieder zur Verfügung stellen!
Wo kommen wir denn da hin??

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neue Taxpreise

von Horst Wycisk am 12.05.2017 um 9:28 Uhr

Hoffentlich haben es unsere Großhändler auch schon mitbekommen, dass für BTM nun eine grandiose, haarscharf kalkulierte Gebühr von 2,91 € die Taschen der gierigen Apothekerschaft füllt. Da könnte man doch z.B. eine Aufwandsentschädigung für die Einführung einer neuen BTM-Gebühr von den ApothekerInnen in Höhe von 2,92 € erheben. Der eine Cent bringt die Apothekers nicht um und dem notleidenden GH wäre eminent geholfen. Mit dem vielen Geld bräuchte der eine oder andere GH vielleicht sogar nicht mehr nach Hüffenhardt zu liefern.
Schöne neue Pharma-Welt!
Vielleicht hat hier noch jemand eine Idee wie man die zusätzlichen Riesensummen für die schlappe Rezepturarbeit verteilen kann. Wie wär's mit einem DocMorris Hilfsfonds?

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