Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA)

Arbeitgeber fordern Apothekenketten und das Ende der Preisbindung

Berlin - 09.05.2017, 07:00 Uhr

Gelegenheit genutzt: Die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeber schickt anlässlich zweier Oppositionsanträge zum Apothekenmarkt eine umfangreiche Liste an Deregulierungswünschen an den Bundestag. (Foto: dpa)

Gelegenheit genutzt: Die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeber schickt anlässlich zweier Oppositionsanträge zum Apothekenmarkt eine umfangreiche Liste an Deregulierungswünschen an den Bundestag. (Foto: dpa)


In der kommenden Woche spielen die Apotheken noch einmal eine wichtige Rolle im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Die Gesundheitspolitiker stimmen über zwei Oppositionsanträge ab. Die Linken wollen den Rx-Versand verbieten, während die Grünen die Rx-Preisbindung aufweichen wollen. In einer Stellungnahme fordert die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände weitgehende Deregulierungen im Apothekenmarkt.

Am nächsten Mittwoch (17. Mai) stehen im Gesundheitsausschuss zwei wichtige öffentliche Anhörungen für die Apotheker an. Die Linke hatte bereits vor mehreren Wochen einen Antrag ins Parlament eingebracht, der ein Rx-Versandverbot vorsieht. Die Oppositionspartei spricht sich seit Jahren für eine Abschaffung des Versandhandels und für eine Stärkung der Apotheker aus. Unter dem Titel „Gute und wohnortnahe Arzneimittelversorgung“ stellt die Fraktion einen Gesetzgebungsantrag, der deutlicher nicht sein könnte. Zwei Punkte möge der Bundestag beschließen, heißt es darin. Unter Punkt 2 steht kurz und knapp: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der durch Änderung von § 43 Arzneimittelgesetz den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verbietet.“

Davor listet die Linksfraktion ausführlich auf, warum die Versorgung durch die Apotheke vor Ort qualitativ hochwertiger ist als der Versandhandel. In diesem Zusammenhang stellt die Fraktion fest: „Ein wichtiger Baustein bildet die Abgabe der Arzneimittel durch die Apotheken. Im persönlichen Gespräch können Unklarheiten beseitigt, aber auch Unstimmigkeiten bei der Verordnung aufgedeckt werden. Das persönliche Gespräch ist unerlässlich, um auf die individuellen Belange der Patientinnen und Patienten eingehen zu können.“ Eigentlich müsste sich für diesen Vorschlag sogar eine Mehrheit im Parlament finden – schließlich fordern CDU und CSU seit dem EuGH-Urteil zur Preisbindung exakt dasselbe. Doch die Union hatte bereits angekündigt, dem Linken-Antrag nicht zuzustimmen.

Linke wollen Rx-Versandverbot, Grüne einen Boni-Deckel

Ein weiterer Apotheken-Antrag kommt aus der Grünen-Fraktion. Die Grünen um Arzneimittelexpertin Kordula Schulz-Asche fordert ein ähnliches Modell, wie es die SPD-Politiker Sabine Dittmar und Edgar Franke vorgeschlagen hatten. Demnach sollen Rx-Boni für alle Marktteilnehmer gedeckelt erlaubt werden. In der Begründung führten die Grünen unter anderem an, dass die gesetzlich fixierten Preise eigentlich für eine gleichmäßige Versorgung sorgen sollten, tatsächlich nützten sie den großen Apotheken in Bestlagen. Die ländlichen Apotheken hingegen würden durch die Preisbindung belastet. Und nicht nur das: Der Versorgung in sozialen Randlagen schadeten die Fixpreise nach Ansicht der Grünen nach sogar.  

Als einer der ersten Fachverbände äußerte sich nun die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) zum Arzneimittel-Versandhandel. Die BDA vertritt die Interessen mehrerer Fachverbände, die wiederum einzelne Marktsegmente in der Wirtschaft vertreten. Die BDA hatte schon Mitte März eine Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zum Rx-Versandverbot entworfen und schickte diese Stellungnahme nun im Rahmen der Oppositions-Anträge an den Bundestag.

Arbeitgeber wollen alles liberalisieren, was geht

Unter der Überschrift „Arzneimittelmarkt liberalisieren statt Versandhandel verbieten“ fordert der Wirtschaftsverband eine Beibehaltung des Rx-Versandhandels. Ganz im Gegenteil: „Der Wettbewerb beim Arzneimittelvertrieb darf nicht noch weiter eingeschränkt werden, sondern sollte – vor allem auch im Interesse der Versicherten und Beitragszahler – intensiviert werden“, heißt es in der Stellungnahme. Aus Sicht der BDA müssten insbesondere die Patienten unter einem Versandverbot leiden: „Unmittelbar belastet würden dadurch vor allem stark auf Arzneimittel angewiesene Patienten, weil sie dann nicht mehr die Chance hätten, die von ihnen benötigten Arzneimittel so günstig wie bislang möglich zu beschaffen.“

Statt eines Versandverbotes oder eines sogenannten „Boni-Deckels“ fordern die Arbeitgeber die komplette Abschaffung der Rx-Preisbindung. „Diese Preisbindung verhindert heute sonst mögliche Entlastungen der Patienten und Beitragszahler.“ Und damit noch nicht genug: Die Kassen sollten unbedingt die Möglichkeit bekommen, mit den Apothekern oder ihren Verbänden Selektivverträge über die Arzneimittelpreise abzuschließen. Zur Begründung ihrer Forderung führen die Arbeitgeber-Verbände an, dass der Versandhandel nicht – wie etwa vom BMG behauptet – das Apothekennetz zerstöre. Dafür liege schlichtweg kein Nachweis vor. Mit Blick auf den geringen Marktanteil der Versandhändler sei es außerdem „irreführend“, von einer Existenzbedrohung zu sprechen.

Die BDA war eigentlich gar nicht gefragt

Obwohl die BDA nicht als Fachverband zur öffentlichen Anhörung eingeladen wurde, nutzt der Spitzenverband die Möglichkeit, mit dem Apothekensystem abzurechnen. Weder im Linken- noch in dem Grünen-Antrag spielt die Frage nach dem Fremd- und Mehrbesitzverbot eine Rolle. Die Arbeitgeber wollen dazu trotzdem ihre Meinung abgeben: „Auch das Mehr- und Fremdbesitzverbot für Apotheken ist im Interesse einer höheren Wettbewerbsintensität in der Arzneimittelversorgung vollständig aufzuheben.“ Dass das Apothekennetz durch solche Maßnahmen noch weiter ausgedünnt werden könnte, stört den Arbeitgeber-Spitzenverband nicht. „Zudem wäre auch bei einem deutlichen Rückgang der Zahl der Präsenzapotheken noch eine ortsnahe Versorgung gewährleistet.“

In den kommenden Tagen dürften der Bundestagsverwaltung noch zahlreiche Stellungnahmen zum Rx-Versandverbot der Linken und zum Boni-Deckel der Grünen zugeschickt werden. Bei der öffentlichen Anhörung der beiden Anträge haben dann die Gesundheitspolitiker aller Fraktionen die Gelegenheit, geladene Fachverbände zu ihrer Meinung zu diesen Themen zu befragen. Der Ausschuss gibt die Anträge dann mit einer Beschlussempfehlung an das Plenum weiter.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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9 Kommentare

Hätte hätte Apo-kette

von Nokia aus Bochum am 10.05.2017 um 8:16 Uhr

Schaut doch mal nach Dissen. Da haben sie den Salat schon. (Liegt zwar in Niedersachsen, aber Herr Lindner kann ja trotzdem mal darauf achten.)

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"Arbeitgeberverbände"

von Dr.DIEFENBACH am 09.05.2017 um 15:06 Uhr

Neben den hier getätigten unqualifizierten und dummen Aussagen einer Organisation,die gar keiner um ein Statement gebeten hatte,interessiert mich sehr,ob von Seiten der Abda mal eine Auflistung über die ganzen IHKs im Land erstellt wurde,wie DIE über uns"denken".Denn da zahlen wir alle per Zwang und bekommen ggf doch nur Tritte zu spüren.Insofern muss auch hier von Seiten der ABDA PR(Herr Dr.Kern,ja auch zur Zeit wieder überall präsent....)aktiv Einsatz erfolgen.Das ist sicher hilfreich

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Gekauft oder "nur" schlecht informiert!?

von mw am 09.05.2017 um 14:48 Uhr

Dieses Statement irritiert mich:
„Unmittelbar belastet würden dadurch vor allem stark auf Arzneimittel angewiesene Patienten, weil sie dann nicht mehr die Chance hätten, die von ihnen benötigten Arzneimittel so günstig wie bislang möglich zu beschaffen.“

Die Patienten hätten nicht mehr die AM so günstig wie bislang zu bekommen? Also meines Wissens kosten Rx-Medikamente zumindest IN Deutschland überall gleich viel. Lediglich ausländische Versender können Boni geben, das aber auch erst (offiziell) seit Oktober.
Die Aussage "bislang" suggeriert aber einen Zustand der bis zum heutigen Tag und vermutlich auch schon vor Oktober gegolten hat.
Ist der Verband nun schlecht informiert oder bezieht sich die Aussage auf den Gesamtversand, um den es ja per se nicht geht!? Oder werden hier Positionen vertreten, die nicht von einheimischen Arbeitgebern, sondern vielleicht Investoren oder ausl. Versendern vertreten werden?

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Der Verbands-Dinosaurier brüllt gegen den Meteoriten an.

von Andreas P. Schenkel am 09.05.2017 um 12:39 Uhr

Die Forderung des BDA ist bescheuert und unqualifiziert, ungefähr so, als würde die ABDA fordern, dass alle Angestellten außerhalb des Gesundheitswesens ab dem nächsten Monat das doppelte Einkommen erhalten müssten. Und daraus jeder die Hälfte des zusätzlichen Einkommens an das Gesundheits wesen abdrücken müsste.

Der BDA ist im Übrigen ein völlig überflüssiger Verband. Dies ist bewiesen, denn für die gegenteilige Behauptung liegt schlicht kein Nachweis vor.

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Nachtrag

von Peter Lahr am 09.05.2017 um 9:16 Uhr

Die Aussage ist aus einem weiteren Grund unverschämt, denn wenn man DIE deutsche Apotheke als Arbeitgeber betrachtet, so ist diese EIN Arbeitgeber von +-140 000 Angestellten. Vielleicht sollte unsere ABDA mal in diesem Sinne diesem Verband einen Schuss vor den Bug geben...ok ich fange an zu träumen.

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Also zusammengefasst:

von Christoph Heiring am 09.05.2017 um 8:48 Uhr

Kapitalisten GEGEN Arbeitgeber

Kommunisten FÜR Arbeitgeber

Irgendwie ist der Klassenkampf schon sehr unübersichtlich geworden...

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Komisch

von Peter Lahr am 09.05.2017 um 8:40 Uhr

Zu sagen die Arbeitgeberverbände fordern, ich dachte ich bin auch Arbeitgeber??? Oder ist man mit über dreissig Mitarbeitern kein Arbeitgeber sondern nur der Kassenknecht/ Ar**** vom Dienst der von "echten" Arbeitgebern abgelöst werden will????

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BDA

von Anita Peter am 09.05.2017 um 8:04 Uhr

Der BDA war schon immer ein Lakai der Großkonzerne. Von daher sind diese Forderung nicht verwunderlich.

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Der BDA hat sich einen Preis verdient!

von T. La Roche am 09.05.2017 um 7:18 Uhr

Wann endlich verleiht man der BDA die "Goldene Cannabisblüte" für die bekifftesten Stellungnahmen fern jeglicher Realität?

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