Präsidentschaftswahl in Frankreich

Was bedeutet Emmanuel Macron für Frankreichs Apotheker?

Berlin - 08.05.2017, 13:15 Uhr

Blick nach vorn: Wahrscheinlich in der nächsten Woche wird Frankreichs amtierender Staatspräsident Francois Hollande (re.) sein Amt an Emmanuel Macron übergeben. Was bedeutet der Wechsel für die Apotheker? (Foto: dpa)

Blick nach vorn: Wahrscheinlich in der nächsten Woche wird Frankreichs amtierender Staatspräsident Francois Hollande (re.) sein Amt an Emmanuel Macron übergeben. Was bedeutet der Wechsel für die Apotheker? (Foto: dpa)


Der parteilose Emmanuel Macron wird Frankreichs neuer Präsident. In deutschen Medien wird Macron oftmals als „Wirtschaftsliberaler“ bezeichnet. In den Ohren vieler französischer und deutscher Apotheker dürften bei diesem Wort die Alarmglocken klingeln. Als Wirtschaftsminister hatte Macron sogar Deregulierungen ins Spiel gebracht. Glaubt man aber seinen jüngsten Äußerungen, ist Macron ein bekennender Feind des Fremdkapitals im Apothekenmarkt.

Emmanuel Macron hat am gestrigen Sonntagabend die zweite Runde der französischen Präsidentschaftswahlen gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen deutlich gewonnen. Macron, der von seiner eigens gegründeten, pro-europäischen und sozial-liberalen Bewegung „En Marche“ unterstützt wurde, erhielt im zweiten Wahlgang fast zwei Drittel der Wählerstimmen. Der gebürtige Nordfranzose (aus Amiens) ist 39 Jahre alt und wird somit Frankreichs jüngster Staatspräsident. Schon in den kommenden zwei Wochen wird Macron den derzeitigen Amtsinhaber Francois Hollande ablösen.

Wie funktioniert Frankreichs Apothekenmarkt?

Doch was bedeutet seine Wahl für die Apotheker in unserem Nachbarland? Frankreich ist das apothekenreichste Land in Europa. Rund 22.400 Apotheken versorgen die etwa 66 Millionen Einwohner des Landes. Das Apothekensystem ähnelt dem deutschen Markt: Es gelten ein striktes Fremdbesitz- und ein eingeschränktes Mehrbesitzverbot. Anders als in Deutschland kommt jedoch eine strikte Bedarfsplanung hinzu. Besonders streng gehen die Franzosen mit dem Versandhandel um. Erst vor wenigen Jahren wurde der OTC-Versand erlaubt. Die Pharmazeuten dürften an einer Aufweichung dieser Regelungen wenig Interesse haben.

Zwischen August 2014 und August 2016 war Macron bereits Wirtschaftsminister Frankreichs. Geht man von seinen damaligen Aussagen aus, müssten die Apotheker allerdings einige Änderungen am System befürchten. Denn Macrons Ministerium hatte damals gefordert, dass der Versandhandel nicht mehr an eine Apotheke gebunden ist, sodass auch andere Unternehmer online Medikamente verkaufen können sollten. Außerdem sollten auch andere Berufsgruppen Apotheken eröffnen dürfen. Welche Gruppen dies sein sollten, wurde nie genau bekannt. Und: Für viele OTC-Arzneimittel sollte die Apothekenpflicht fallen. Der Widerstand innerhalb der Regierung war aber zu groß, Macron konnte sich nicht durchsetzen.

Macron begrüßt Apotheken-Monopol

Seine Meinung zu diesen Themen hat Macron in den vergangenen Monaten als Präsidentschaftskandidat offenbar grundlegend geändert. In einem Interview mit der pharmazeutischen Fachzeitschrift „Quotidien du pharmacien“ erklärte Macron erst im April: „Der Apotheker ist DER Medikamenten-Spezialist. Er ist der Qualitätsgarant für die hochwertige Arzneimittelabgabe und der ‚Hüter der Gifte‘. Und das Apotheken-Monopol ist einer der Grundpfeiler dafür, dass der Apotheker diesen Verantwortungen nachkommen kann.“

Macron äußerte sich in dem Interview auch gegen die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes. „Im Prinzip erwartet man von den Ketten ja, dass sie bessere Preise mit den Großhändlern verhandeln und die Servicequalität verbessern. Aber wenn wir uns die Situation in deregulierten Ländern wie Kanada anschauen, sehen wir, dass der Preis der Medikamente dort höher ist als in Frankreich. Außerdem wird in solchen Ländern auch oft die Nähe der Apotheken zum Patienten geopfert, vor allem in ländlichen Gebieten.“

Kann der Versandhandel die Landversorgung absichern?

Mit Blick auf den Versandhandel erklärte Macron in dem Interview, dass die Versender in Frankreich noch eine wichtige Funktion übernehmen könnten. Der Versandhandel müsse aber streng im Rahmen des Erlaubten agieren. Der designierte Präsident und damalige Präsidentschaftskandidat wies darauf hin, dass der OTC-Versand europarechtlich erlaubt sei und dass es für Versandapotheken Sicherheitskriterien gebe, an die sie sich halten müssten. Angesprochen auf Lieferengpässe in einigen Regionen des Landes erklärte Macron, dass die Bedarfsplanung ein Instrument sei, um auf den Versorgungsbedarf anzugehen. Und: „Auch der Versandhandel kann es räumlich isolierten Patienten ermöglichen, Medikamente zu erhalten – dies allerdings nur im Rahmen des Erlaubten.“

Allerdings wollte Macron auch in diesem Interview Liberalisierungen nicht gänzlich ausschließen. Auf die Frage, ob alle Medikamente ausschließlich von Apothekern in einer Apotheke abgegeben werden müssen, antwortete er: „Ich werde den Minister für Gesundheit bitten, mit allen beteiligten Fachgruppen einen Dialog zu eröffnen, der diese Frage klärt.“

Was darf der französische Staatspräsident?

So wie der amerikanische hat auch der französische Staatspräsident mehrere wichtige politische Funktionen. Der direkt vom Volk gewählte Politiker kann gegen die vom Parlament beschlossenen Gesetze Einspruch einlegen und sie neu verhandeln lassen. Er kann auch Volksentscheide erlassen. Außerdem ernennt er den Premierminister und ist gleichzeitig Vorsitzender des Ministerrats, also des Regierungskabinetts.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Lernfähig?

von Hartmuth Schmidt am 08.05.2017 um 20:24 Uhr

Vielen Dank für den sehr informativen Beitrag. Er hat meine Befürchtungen etwas gemildert. Offensichtlich ist der Mann (wie auch, siehe DAZ-online von gestern, auch Josef Hecken?) lernfähig. Vielleicht kann der neue Präsident bei Gelegenheit einmal mit Herrn Lindner sprechen...?

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Herr Macron

von Anita Peter am 08.05.2017 um 13:21 Uhr

"Der Versandhandel müsse aber streng im Rahmen des Erlaubten agieren"

Na dann passen Sie gut auf Herr Macron, denn die Spielregeln bestimmen DoMo und der EUGH. Unsere Regierung war auch mal so naiv und dachte "gleichlange Spiesse" herstellen zu können.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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