Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

07.05.2017, 08:00 Uhr

Dieses Mal: FDP rauf und runter, na ja, mehr runter als rauf. (Foto: Andi Dalferth)

Dieses Mal: FDP rauf und runter, na ja, mehr runter als rauf. (Foto: Andi Dalferth)


Sie will sie tatsächlich: Die neoliberale Randpartei FDP will Apothekenketten – ohne drüber nachzudenken. Das trauen sich nicht mal die Grünen und die Roten. Und unser Präsident traut sich nicht mal auf den Tisch zu hauen. Aber drei wackere Apothekers trauen sich, die Hüffenhardter Videostation vor den Kadi zu ziehen. Und während Bayerns Gesundheitsministerin ihr Glaubensbekenntnis ablegt und den Apotheker aus Fleisch und Blut will, bleibt noch die Frage der Woche: Trauen sich die Apotheker zu impfen?

1. Mai 2017

„Schauen wir nicht länger zu“ heißt es auf der Homepage der FDP. Das hättest du wohl gerne, du FDP! Im Gegenteil, da schauen wir jetzt aber ganz genau zu – und hin! Mein liebes Tagebuch, was da so aussieht, als sei es unvermittelt und fast aus Versehen ins jüngst beschlossene FDP-Bundestagswahlprogramm reingerutscht, ist von der Parteispitze und nicht nur von ihr gewollt. Dumm nur, dass da ein paar Widersprüche absolut nicht passen: Die inhabergeführte Apotheke stärken, indem man das Rx-Versandverbot ablehnt und das Fremdbesitzverbot abschafft – das nennt die einst gelb-blaue und mittlerweile quietschbunte Minipartei „Faire Wettbewerbsbedingungen für Apotheken“. Was muss man da für ein Verständnis vom Markt und vom Gesundheitswesen haben, um das so zu beschließen! Mein liebes Tagebuch, das ist ein Fall für die Psychiatrie, denn es grenzt an Schizophrenie und bipolare Störungen. Das wäre so, wie wenn wir kleine Parteien stärken wollen, indem wir die 5%-Sperrklausel für Parteien auf 20 % anheben wollten. Aber das Rattenschärfste: Nach dem Beschluss kommen einige FDPler daher und wissen angeblich gar nicht, wie sich solche Forderungen ins Wahlprogramm geschlichen haben, worüber sie abgestimmt haben. Allein das ist schon desaströs, verantwortungslos. Und es kommt noch besser. Während sich Marie-Agnes S.-Z. als stellvertretende Bundesvorsitzende um Schadensbegrenzung bemüht und liberal-delirös schwafelt, man wolle keine Apothekenketten, könne sich aber eine Aufweichung des Apotheken-Mehrbesitzes vorstellen (auf dem Land auch mal vier Filialen oder vielleicht fünf oder sechs oder wie viel hätten‘s denn gern, gnä‘ Frau?), gibt es parallel dazu einige äußerst marktliberale bayerische Vorstandsmitglieder, die am liebsten den ganzen Apothekenmarkt deregulieren möchten. Apotheken ohne Schranken. Mein liebes Tagebuch, wie gesagt, wir schauen da genau zu, was diese Partei  subversiv zu betreiben versucht. Oder ist die FDP mittlerweile zur Chaos-Truppe mutiert, gegen die die Piraten wie brave Internatsschüler daherkamen? Oh FDP, mir graut vor Dir!    


2. Mai 2017

Apothekenketten – selbst die einstigen Ketten-Rasselbanden SPD und Grüne nehmen dieses Unwort nicht mehr in den Mund. Vielleicht, weil sie eingesehen haben, dass Apothekenketten nichts bringen und dass die Versorgung nicht besser wird? Die FDP scheint das nicht mitbekommen zu haben. Bei ihrem Versuch, wieder Oberwasser zu bekommen und möglicherweise in den nächsten Bundestag einzuziehen, probt sie erstmal den neoliberalen Rundumschlag. Der Apothekenmarkt soll dereguliert werden: Apotheken an die Kette, fordert sie frech, „weitere Marktzugangshemmnisse wie das Fremdbesitzverbot müssen abgeschafft werden“. Damit ist die FDP Deutschlands erste und einzige Partei, die Ketten-Pharmazie so unverblümt fordert. Das traut sich nicht mal der SPD-Gerechtigkeits-Messias Schulz. Und was sagt da unser ABDA-Präsident dazu? Geht er auf die Palme? Tritt er aus der FDP aus? Schreibt er einen offenen Protest-Brief an die Liberalen? Ooch, mein liebes Tagebuch, weißt du, „die Aussagen des FDP-Wahlprogramms zur Arzneimittelversorgung und zum Apothekennetz in Deutschland sind inkonsistent“, tönt es intellektuell geschliffen aus dem Berliner Lindencorso. Der Anspruch auf eine hochwertige Versorgung und die vorgeschlagenen Instrumente passen leider nicht zusammen, säuselt der Präsident. Ach was – und das ist alles? Ein bisschen inkonsistent und nicht passend? Da fordert eine Partei die Abschaffung unseres heutigen Apothekenwesens und will Ketten, und unser Präsident versucht dieser Partei liebevoll zu erklären, dass „Gesundheit kein Gut wie jedes andere ist“. Nee, nee, lieber Herr Präsident, diese Sprache verstehen marktliberale Jungspunde nicht. Versuchen Sie mal eine deutlich scharfe Ablehnung von Kettenpharmazie mit 140 Twitterbuchstaben zu formulieren – vielleicht kommt’s dann auf den Punkt.


Ein Apotheker und zwei Apothekerinnen aus der Hüffenhardter Region nehmen das Noweda-Angebot an: Mit Unterstützung der Genossenschaft leiten sie rechtliche Schritte gegen das „rücksichtslose Vorgehen“ des Versenders DocMorris und seinen Arzneimittel-Abgabeautomaten in Hüffenhardt ein. Die drei tapferen Apothekers wollen die Verstöße gegen die Apothekenbetriebsordnung nicht mehr hinnehmen. Sie schickten Abmahnungen an den Versender und fordern ihn auf, eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. „Für DocMorris scheint das hier der Wilde Westen zu sein“, erklären die drei wackeren Apothekers, wirtschaftliche Interessen würden da einfach ohne Rücksicht auf geltendes Recht und bestehende, gut funktionierende Versorgungsstrukturen durchgesetzt, argumentieren sie. Wenn nötig wollen die drei auch dagegen klagen, mit Unterstützung des Großhändlers.


3. Mai 2017

Der Alte ist der Neue. In Potsdam darf Jens Dobbert auch in den nächsten vier Jahren Präsident der Landesapothekerkammer Brandenburg sein. Glückwunsch! Und er will so streitbar weitermachen, wie er aufgehört hat, z. B. beim Kampf gegen die Folgen des EuGH-Urteils und für das Rx-Versandverbot. Erschüttert schaut auch er auf die FDP, die sich die Apothekenketten ins Wahlprogramm geschrieben hat. Und er lässt nicht locker: Er möchte mehr Ausbildungsplätze in der PTA-Schule in Eisenhüttenstadt und einen Pharmaziestudiengang in Brandenburg. Große Ziele. Mein liebes Tagebuch, gut so, das nenn ich visionär! 


4. Mai 2017

Es ist ein erster kleiner Schritt: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlicht jetzt eine Liste besonders wichtiger Wirkstoffe. Über 500 Einträge hat die Liste schon. Sie soll den Behörden helfen, einschätzen zu können, wie relevant Lieferengpässe sind und inwiefern diese Versorgungsrelevanz haben. Und beschwichtigend ergänzt das BfArM, dass ein Lieferengpass nicht gleichzeitig ein Versorgungsengpass sein muss. Mein liebes Tagebuch, aber wann liegt ein Versorgungsengpass vor, wie ist er definiert? Wann muss, wann sollten die Behörden Alarm schlagen? Und warum hört man eigentlich so gut wie nichts von unserer Berufsorganisation, wenn es um Liefer- und Versorgungsengpässe geht? Eine ABDA-Arbeitsgruppe, die den Markt beobachtet und auf Missstände aufmerksam macht – damit könnten wir der Öffentlichkeit zeigen, dass wir uns aktiv für unsere Patienten einsetzen. Das würden sogar Politiker verstehen. Vielleicht könnte das auch bei der Diskussion ums Rx-Versandverbot helfen: Die Apothekers – die tun was! 


5. Mai 2017

Ja, gute Frage eines bayerischen Kammerdelegierten: Warum schlagen wir Apothekers nicht der Politik vor, dass wir bereit sind, neue Tätigkeitsbereiche zu übernehmen? Impfen zum Beispiel! In den USA, in Großbritannien und in einigen Kantonen der Schweiz dürfen die Apotheken ihren Kunden Grippeschutzimpfungen anbieten. Mein liebes Tagebuch, warum können, wollen, dürfen wir so etwas nicht? Na ja, das Können dürfte nicht das Thema sein. Ein kleiner Zusatzkurs und wir stürzen uns mit der Grippespritze auf die Kunden. Und das Wollen? Wollen wir Apothekers das? Da gehen, wie auch in den anderen Ländern, die Meinungen wohl auseinander. Nicht jeder will es oder traut sich das zu. Aber das wäre letztlich kein Problem, denn Mitmachen wäre freiwillig. Es hakt am Dürfen. Es gibt da wohl einige Ärzte, denen ein impfender Apotheker ein Dorn im Auge wäre. Reflexartig kommt dann der Satz von unseren Funktionären: Die Ärzte würden dann geschlossen das Dispensierrecht einfordern. Huhu, allein schon das Wort „Dispensierrecht“ ist das Totschlagargument für weitere Diskussionen oder konstruktives Nachdenken. Warum eigentlich? Mal Hand aufs Herz: Ob sich die Ärzte heutzutage das wirklich antun wollen, Arzneimittel abzugeben? Angesichts von  vielen bürokratischen Auflagen, von Rabattverträgen und Retaxationsfallen, dazu noch Lagerhaltung und Lagervorschriften ist die Gefahr, dass Ärzte darauf abfahren, ziemlich gering. Außerdem müssten auch die Politik und die Krankenkassen dispensierende Ärzte wollen – sehr unwahrscheinlich. Im Gegenteil, wenn Politik und Krankenkassen sehen, dass Impfungen in der Apotheke günstiger sind, die Durchimpfungsrate steigt, da mehr Menschen das niedrigschwellige Angebot annehmen, und die Ausgaben der Krankenkassen dadurch sinken, haben wir gute Karten.


Und weil’s so schön ist: Zum Ausklang noch mal FDP. DAZ.online hat nochmal recherchiert, ob das Befürworten von Apothekenketten ein Versehen im Wahlprogramm war oder Absicht. Und nach allem, was einem da FDP-Delegierte berichteten, kann da von Versehen und Zufall keine Rede sein. Der Antrag „Weitere Marktzugangshemmnisse wie das Fremdbesitzverbot müssen abgeschafft werden“, eingebracht von Armin Sedlmayr, Mitglied des FDP-Präsidiums in Bayern, war den Delegierten rechtzeitig bekannt gemacht worden. Auf dem Parteitag soll es zwar bei der Abstimmung über die Anträge ein wenig hektisch gewesen sein, aber die Abstimmung verlief ordnungsgemäß. 
Sedlmayr, Jahrgang 88 und studierter Wirtschafts- und Steuerrechtler, steht zu seinem Antrag, für ihn gibt es für ein Fremd- und Mehrbesitzverbot keinen Bedarf, denn für ihn als Verbraucher sei es „von völlig nachrangiger Bedeutung, ob der Eigentümer ein approbierter Apotheker ist oder eine Kapitalgesellschaft, ich finde es richtig, dass die Beratung durch qualifiziertes Personal erfolgt.“ Übrigens, selbst Marie-Agnes Strack-Zimmermann stellt sich hinter den Kettenantrag, wie sie per Twitter in 140 Zeichen wissen ließ: „Niemand wird Parteibeschlüsse zugunsten von Lobbygruppen ändern u auch Apothekenliberalisierung ist richtig.“ Mein liebes Tagebuch, an solchen Äußerungen sieht man, wie kurzsichtig solche Politiker denken. Vielleicht sollten sie sich mal mit britischen Angestellten unterhalten, die in einer Apothekenkette arbeiten, die Abverkauf-Solls zu erfüllen haben, die darauf getrimmt werden, bestimmte Marken zu bevorzugen. Mein liebes Tagebuch, sie würden sich nach der inhabergeführten Apotheke sehnen. 

6. Mai 2017

Bayerische Höhenflüge, mein liebes Tagebuch: Während die SPD-Gesundheitsexpertin Dittmar verbissen am Rx-Versand festhält, gleichwohl auf die Apotheke vor Ort nie verzichten möchte, hat sich Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml auf dem Bayerischen Apothekertag als unsere Apothekenministerin geoutet. Mehr geht nicht! Doch, vielleicht eins noch, mein liebes Tagebuch, sie muss in der nächsten Legislaturperiode Bundesgesundheitsministerin werden. Warum? Ganz einfach: Huml weiß, was Apotheker wünschen. Und sie setzt sich mit Haut und Haar dafür ein: fürs Rx-Versandverbot, für eine  dynamische und regelmäßige Anpassung des Fixhonorars, kurzum, für den „Apotheker aus Fleisch und Blut“. Und damit es in Zukunft weniger Lieferengpässe gibt, sollte die Arzneimittelproduktion nach Deutschland und Europa zurückgeholt werden. Halleluja, das ist ein Glaubensbekenntnis, stellte der bayerische Kammerpräsident Benkert erfreut fest und  schwenkte in Gedanken den Weihrauchkessel. So geht bayerische Gesundheitspolitik. Ob's hilft?


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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16 Kommentare

@ Holger, um was geht es ?

von Reinhard Rodiger am 09.05.2017 um 21:20 Uhr

Für mich ist entscheidend, dass ich in einem Land nicht nur 2-3 Arbeitgeber-Alternativen haben möchte oder die Selbstständigkeit strukturell gar nicht mehr möglich ist.(s.Schweden etc). Treibsatz ist die intrinsische Motivation, wie C.Giese richtig sagt.Sie ist inhaltlich hilfs-und nicht renditenorientiert.Dafür gibt es einen staatlichen Auftrag, dessen Honorierung stetig runtergefahren wird. Dies ist ein verbreitetes Konzept, den geringsten Kostenverursacher des Systems zu schröpfen und seine Glaubwürdigkeit zu untergraben. Dies ist die wichtigste Stufe zur Deprofessionalisierung. Wir befinden uns seit Jahren in einer gewollten Erpressungssituation,deren Ziel weitgehende Handlungsunfähigkeit ist,damit nur wenige übrigbleiben.
Die Einführung des Preiskampfs ist der Brandbeschleuniger.

Hier ist die Frage zuerst zu beantworten,welche Versorgungsqualität gefordert wird.Sie bleibt jedoch offen.
Es ist einfacher mit "billiger" zu arbeiten.Im Sinne des Hilfeauftrags ist das nicht gerade professionell, sondern schlicht Marktmachtmissbrauch.


» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wie soll das gehn?

von Wolfgang Müller am 08.05.2017 um 16:48 Uhr

Da auch Ihre Posts einer gewissen Spitzfindigkeit nicht entbehren: Wie könnten "Holgers" wie Sie die Lösung des geschilderten Problems sein, das normal rechtschaffene selbständige Apotheker haben? Dass diese Selbständigen nämlich - weil es ihnen prinzipiell so gut gefällt, und weil sie es auch für politisch RICHTIG halten - gerne SELBSTÄNDIGE Apotheker bleiben würden, und immer mehr "Holgers" in den "eigenen" Reihen das immer schwerer machen? Bitte?

Oder meinten Sie nicht "Die Holgers", sondern "Das Holgertum", also: lieber leitender Angestellter werden?

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AW: Wie soll das gehen - dafür gibt es verschiedene Optionen

von Holger am 09.05.2017 um 8:43 Uhr

Selbständigkeit als Selbstzweck??
Wer sich selbständig machen will, der soll das bitte gerne tun (dürfen). Aber Schutzzäune um diese Selbständigkeit um der Selbständigkeit willen? No way! Wir sollten um das FÜR DEN PATIENTEN UND DIE GESELLSCHAFT beste Modell ringen, nicht um die Besitzstandswahrung der heute Selbständigen. Dass die Mehrheit der derzeit Selbständigen ihr Modell für das beste hält, dürfte dabei normal sein. Das kann und darf aber für eine sinnhafte Diskussion nicht conditio sine qua non sein. Und nur mal so am Rande: bereits heute ist doch die weit überwiegende Mehrheit der in Apotheken tätigen Apotheker NICHT selbständig - und leistet oft hervorragende Arbeit! Für diesen Dünkel, dass NUR der Inhaber ... gibt es keinerlei Rechtfertigung.

AW: @ holger

von Christian Giese am 09.05.2017 um 15:39 Uhr

a bissle arg viel Projektion, die Sie da inkognito rüberwerfen.
Werner Bartens hat in der SZ vom 4. Mai einen Artikel "Hört die Signale" über die Kunst des Heilens beschrieben, der auffordert, dieses "Sickness behavior" vor allem erst Mal mit der Grundvoraussetzung "Zeit" zu begegnen.
So, und jetzt sollten Sie sich fragen, ob Sie in einem Kettenbetrieb "Zeit" zur gleichen Zuwendung bekommen, wie Sie sie beschreiben?
Mein Rat, nutzen Sie die Zeit, sich in der noch vorhandenen Vielfalt freier ungebundener Apotheken einen anderen Apothekerarbeitgeber zu suchen, der Sie nicht "unter Druck" setzt.
Und kaufen Sie sich ein paar Bücher über die Kultur von Unternehmen, intrinsische Motivation usw.

FDP zwestellig

von Thesing-Bleck am 07.05.2017 um 23:30 Uhr

Dass zweistellige Wahlergebnis der FDP von heute Abend lässt vermuten, dass die FDP auch wieder in den Bundestag einzieht und wann macht es sich kaum vorstellen sogar wieder Regierungsbeteiligung erhält. Und dann? Wie werden dann die politischen Weichen für das Arzneimittel der besonderen Art gestellt?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Kämpfen?

von Reinhard Rodiger am 07.05.2017 um 11:52 Uhr

"Strategie ist der Gebrauch der Gefechte zum Zweck des Krieges" (C.von Clausewitz)

Wir haben jede Menge Gefechte,jedoch ohne sie zu nutzen.
Es scheint, dass das Vorgehen nur darin besteht,viele erschiessen zu lassen.
Woher soll da Erfolg kommen? vom Friedhof?

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Alles bald nur noch Konzern-Seven-Star-Pharmacists?

von Wolfgang Müller am 07.05.2017 um 11:15 Uhr

Schönes Zitat, Kollege Ditzel, in der Tat das entscheidende Argument gegen Apotheken und Ärzte im Ketten- und/oder Fremdbesitz:

"Vielleicht sollten sie (die Ketten- und Fremdbesitzbefürworter, Anm. WM) sich mal mit britischen Angestellten unterhalten, die in einer Apothekenkette arbeiten, die Abverkauf-Solls zu erfüllen haben."

Wer hätte nicht schon einmal das Elend der entsprechend von der Zentrale gesteuerten Bank- und Versicherungs-Drücker am eigenen Leib erfahren, wenn diese netten Damen und Herren mal wieder den letzten Anlage- oder Versicherungs-Quatsch an den arglosen Kunden zu bringen versuchen? Weil sie es MÜSSEN?

Für Ken und Barbie in der FDP ist es allerdings das schlagende Argument FÜR Fremd- und Kettenbesitz an Apotheken und Arztpraxen, sorry, Kollege Ditzel, das bringt an dieser Front nix: Die sehen sich ja der Gruppe der häufig Fach-fremden zugehörig, die die Abverkaufs- bzw. Operations-Soll-Listen zentral im Büro erstellen. Und deren Erfüllung kontrollieren und durchsetzen. Ist in vielen Krankenhäusern längst so, die Betriebswirte und Verwalter dominieren die Ärzte. Mit bekannten Folgen.

Gehen Sie übrigens mal davon aus, dass diese Steuerungs-Kader in der Regel am lautesten schreien: "Bei uns steht der Patient im Mittelpunkt!"

Erstaunlich ist also nicht, dass Management-, "Finden und Melden"-, sowie FDP-, SPD- und Grünen-Ken und -Barbie sich diesen Systemen wollüstig hingeben. Erstaunlich ist, dass das flächendeckend auch von halbwegs satisfaktionsfähigen und reiferen Mitbürgern als unumkehrbare Entwicklung hingenommen wird: "Entspricht dem Zeitgeist".

Und das auch immer mehr irrlichternde Nicht-Selbständige ApothekerInnen (auch hier: Ken und Barbie?) das sich als ganz attraktiv einreden lassen, unter "anständigen Konzernstrukturen ENDLICH gute Pharmazie zu machen". So etwa: ApothekerIne bei der gemütlichen Medikations-Analyse gemäß Vorgabe des lieben Konzerns im Hinterzimmer, und die BWLer und die "Verkäufer/innen" erledigen den Rest. Das perfekte Ende unserer "Entprofessionalisierung", alles nur noch "Seven Star Pharmacists". Entzückend.

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AW: Zusatzverkäufe

von Holger am 08.05.2017 um 9:12 Uhr

Ach, und diese Gespräche über Abverkaufs-Solls, Zusatzverkaufsqoten etc. kennen die Mitarbeiter aus den inhabergeführten Apotheken nicht? Da wird mir anderes berichtet ... In meiner subjektiven Wahrnehmung ist der einzige Unterschied zwischen Kette und inhabergeführter Apotheke, dass in der letztgenannten der Chef bei derartigen Gesprächen auf der anderen Seite des Schreibtisches sitzt.

AW: @Holger

von Peter Lahr am 08.05.2017 um 10:17 Uhr

Naja, da tut wohl etwas kaufmännische Aufklärung Not ;)
Zumindest bei mir ist der durchschnittliche Rohertrag RX bei 16% angekommen. Das entspricht den Betriebskosten. Eine 100% RX Apotheke würde also ausschliesslich dem Wohle der Menschheit, Herrn Dr. Schäuble, den Angestelltengehältern, dem POS Anbieter, dem Vermieter dienen. Die kaufmännische Haftung für diese Gemeinwohpflicht aber trotz nicht vorhandenem Gewinn aus diesem Umsatz dem Apotheker. Es ist also absurd in diesem Bereich überhaupt von kaufmännischer Tätigkeit zu sprechen, denn, auch wenn das vielen Kollegen wohl immer noch nicht bewusst ist, ist unser gesamter RX Bereich mittlerweile Gemeinwohlpflicht. Nicht nur die Rezeptur, BTM und Notdienst. Und sollte es bei dem einen oder anderen Kollegen dennoch für einen marginalen Gewinn bei RX reichen, so dürfte dieser sich in einem nicht erwähnenswerten Bereich befinden. Da hilft es auch nicht, wenn man besonders günstige Packungen mit dadurch hohem prozentualen Honoraranteil schönrechnet, denn am Ende des Tages stehen die Betriebskosten dem gesamten Umsatz gegenüber. Das wissen eigentlich mittlerweile auch alle Mitarbeiter einer Apotheke und dafür braucht es keinen Druck vom Chef. Dass von den wenigsten Chefs in dieser Beziehung Druck ausgeübt wird zeigt die durchschnittliche Umsatzverteilung und diese würde sich im Falle einer Kette definitiv ändern müssen. Denn wo heute das Einkommen des Chefs Privatvergnügen ist stünde er nun mit festem Gehalt auf der Lohnliste. Mit der heutigen Kostenstruktur aber bliebe dann letztendlich für den Betreiber nichts übrig wenn nicht die Kostenstruktur durch Personalreduktion optimiert oder der lohnenden, gewinnbringende Bereich ausgebaut. Für so schlau halte ich aber Betriebswirte, dass diese wohl wissen, dass man ohne Service, sprich Personal, keinen Schnitt machen könnte. Es bliebe also nur der Druck, den OTC Umsatz erheblich zu steigern. Im Gegensatz dazu wie es heute ist, ein Kindergartenichtanzemeinennamen Vergnügen, würde sich also schon deutlich mehr ändern, als dass nur der Chef die Tischseite wechselt, denn dessen Personalkosten, im Idealfall an andere liberalisierte Märkte angepasst, stünden auf einmal auf der gleichen Seite des Tisches. Jetzt allerdings mit dem Druck durch sein Personal liefern zu müssen. Ade nette Bedingungen am Arbeitsplatz für Teilzeitkräfte. Kind krank, keine Chance zur Arbeit zu kommen? Da gibt es dann ganz schnell die "Chance" sich einen familienfreundlicheren Arbeitsplatz zu suchen. Klingt vielleicht sehr schwarz gemalt, aber ich denke schon dass es trotzdem ziemlich realitätsnah ist

AW: @Peter Lahr

von Holger am 08.05.2017 um 11:12 Uhr

Danke für die Aufklärung, ich habe neben meiner Approbation auch noch einen betriebswirtschaftlichen Abschluss, so dass mir die Thematik nicht ganz fremd ist. Über die Zahlen will ich auch gar nicht streiten. Meine Einlassung zielt lediglich darauf, dass in einem gewinnorientierten Unternehmen (auch dann wenn es Gemeinwohlverpflichtungen erfüllt) stets von dem, dem "es gehört" Druck auf die Mitarbeiter ausgeübt wird, die geforderten Leistungen auch zu erbringen. Da ist auch die inhabergeführte Apotheke kein Ponyhof oder Kindergarten. Und ganz provokant formuliert hätten die Mitarbeiter in einer Kette vielleicht noch eher die Möglichkeit, Ihre Interessen adäquat vertreten zu lassen als in einer Vielzahl von Kleinbetrieben ohne jeden Schutz oberhalb des BGB.


AW: So denken natürlich Viele, machen wir uns nichts vor

von Wolfgang Müller am 08.05.2017 um 13:25 Uhr

Danke, anonymer Holger, für die Bestätigung des innerpharmazeutischen Teils meiner "Konzern-Ken-und-Barbie"-These.

Das Problem der immer weniger werdenden typischen bis durchschnittlichen selbständigen Apotheker/innen innerhalb der apothekerlichen Interessenvertretungen "Kammern" und "ABDA" inkl. deren meinungsbildender Gremien ist, dass dort die "Holgers" immer mehr werden. Und der DAV sich dazu dumm stellt. Und damit - was ja wohl auch deren Ziel ist - die Arbeit für die Inhaber kontinuierlich durch (inzwischen auch: Missgunst-getriebenen?) überambitionierten Regulierungs-Quatsch eher erschwert als erleichtert wird.

Ganz einfach, weil der Fremd- und Kettenbesitz eine Frust-beseitigende, weil wunderschön bequem und kuschlig nivellierende Wirkung innerhalb der Apothekerschaft hat:
Eben ALLES nur noch ANGESTELLTE.

Besonders "Gute" Pharmazeuten (die am Ende sogar auch noch BWLer sind, wellcome) brauchen sich nicht mehr mit der Frage zu quälen: "Mache ich mich selbständig? Bin ich SOOO gut? Ertrage ich das persönliche Risiko, zugunsten unternehmerischer Unabhängigkeit?" Und auch nicht mehr heimlich die zu beneiden, die sich das doch noch trauen oder getraut haben! Letztere also lieber: abschaffen, eingehen lassen.

DAS ist doch des Pudels Kern, nicht Ihre inhaltliche, zugegebenermaßen gut aufgezogene Argumentation. Es ist ja in Wirklichkeit höchst TRIVIAL, dass oligopolistische Ketten eine völlig andere Drücker-Mentalität bzgl. "abzuverkaufender" Produkte haben als die überwältigende Mehrheit der heutigen Traditions-Apotheken mit dem für die Kunden jederzeit vor Ort greifbaren, auch pharmazeutisch verantwortlichen Inhaber (natürlich bestätigen Ausnahmen die Regel). Das ist besonders gut mit einem Wirtschafts-Abschluss nachzuvollziehen, und es ist ja in Wirklichkeit auch Ihnen klar.

AW: @wolfgang müller

von Holger am 08.05.2017 um 16:20 Uhr

Ob die "Holgers" eher das Problem oder vielleicht die Lösung sind, hängt gewiss vom Betrachtungswinkel ab. Meine Position dazu werden Sie erahnen können :)

Ein weiterer "Niedlichdenker" aus Berlin ...

von Christian Timme am 07.05.2017 um 9:40 Uhr

Wenn Sie wissen wollen wie man die Richterskala für Apotheker auf den Kopf stellt ... fragen sie fdp-fs ...

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Schmidt

von Frank ebert am 07.05.2017 um 9:04 Uhr

Man wünschte sich den Ärztepräsident, der hätte die FDP zerlegt, wäre medienwirksam aus der FDP ausgetreten. Aber wir müssen noch so eine Duckmaus aus dem Osten haben

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Inkonsistenz bei Apothekenketten

von Ulrich Ströh am 07.05.2017 um 8:49 Uhr

Lieber Kollege Schmidt,
bei aller gebotenen politischen Sprachcontenance:

Ihre Replik war misslungenen.

Bei einem Dammbruch an der Küste spricht man auch nicht von unangemessenem Wassereinfall.

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Inkonsistentes Schweigen

von Christian Giese am 07.05.2017 um 8:37 Uhr

Wer Angst davor hat, was Falsches zu sagen, weil er befürchtet, daß ihm das dann nicht gut steht, der schweigt.

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