DAZ.online-Serie Europa, deine Apotheken

Die Geschichte des europäischen Versandhandels

Berlin - 05.05.2017, 07:00 Uhr

Pillen aus dem Briefumschlag: Wo wurde wann der Versandhandel mit welchen Arzneimitteln in Europa zugelassen? (Foto: dpa)

Pillen aus dem Briefumschlag: Wo wurde wann der Versandhandel mit welchen Arzneimitteln in Europa zugelassen? (Foto: dpa)


Schweizer Sondermodell: OTC-Versand nur mit Rezept

Eine ähnliche Pionier-Geschichte legten 26 Apotheker in Dänemark kurz nach der Jahrtausendwende hin. Auch bei unseren Nachbarn im Norden gab es damals keine spezifischen Regelungen zum Verkauf von Arzneimitteln im Internet. 26 Apotheker aus ganz Dänemark schlossen sich im Jahr 2000 zusammen und gründeten die Genossenschaft „Deine Apotheke“. Nach der Bestellung des Kunden im Internet, wurde die nächstgelegene Apotheke im Verbund mit der Belieferung des Kunden beauftragt.

Erst im Jahr 2013 wurde dann nachfolgend gesetzlich geregelt, an welche Anforderungen sich die Internethändler halten müssen. Der Internetverkauf von Arzneimitteln darf nur von Apothekern betrieben werden, die Pharmazeuten müssen sich dafür bei der Arzneimittelbehörde akkreditieren lassen. Die meisten Apotheken nutzen das Verkaufsportal des Verbandes - www.apoteket.dk - nur wenige haben eigene Internet-Verkaufsportale eingerichtet. Heutzutage dürfen einige OTC-Medikamente in Dänemark in niedrigen Dosierungen sogar von privaten Betreibern verschickt werden.

Der Versand rezeptpflichtiger Arzneimittel ist in Dänemark nur bedingt erlaubt. Der Rx-Versand spielt eine Rolle beim Thema „Landversorgung“. In Dänemark gibt es Pick-up-Modelle, bei denen Apotheker nach dem Erhalt eines Rezeptes Medikamente an Drogerien schicken, in denen sich der Patient sein Paket abholen kann.

Eine Sonderrolle nimmt die Schweiz ein. Auch dort gab es um die Jahrtausendwende große Gesetzeslücken, was den Versandhandel betraf. Einige Versandapotheken gründeten sich und begannen mit der Belieferung. Der Gesetzgeber schritt jedoch relativ schnell ein und regulierte den Versandhandel. Besonders ist seitdem, dass der Schweizer Gesetzgeber den OTC-Versand reguliert. Demnach muss dem Apotheker vor dem Verschicken eines OTC-Päckchens ein Rezept vorliegen, so wie beim Rx-Versand. Die Versandapotheke zur Rose hatte versucht, diese Regelung zu umgehen, indem Kunden auf der Internetseite Fragebögen ausfüllen mussten. Das Schweizer Bundesgericht hatte dies aber verboten. Grundsätzlich gilt: Fernverordnungen sind verboten, der Patient muss einen direkten Kontakt mit dem Arzt gehabt haben.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Verbraucherschützer Kai-Helge Vogel (VZBV)

„Verbraucher könnten dem Rx-Versandverbot ausweichen“

Rechtsanwalt Dettling: Verbot wäre europarechts- und verfassungskonform

Gute Gründe für ein Rx-Versandverbot

Neuer Lauterbach-Brief

Mit Ärzten Apotheken retten

Notfall-, Erkältungs- und Grippearzneimittel

Schweiz: Zur Rose will Ausnahmegenehmigung für OTC-Versand

Stackelberg: Rahmenvertragliche Regeln sind nach EuGH-Urteil europarechtskonform auszulegen

GKV-Spitzenverband: Keine Sanktionen gegen DocMorris und EAV

Ein Rückblick auf fast 16 Jahre Arzneimittel-Versandhandel aus den Niederlanden

Die Geschichte der Rx-Boni

Focus-online erklärt den Versandhandel – leider nicht ganz korrekt

Focus-Erklärungen im Faktencheck

2 Kommentare

Versandhandel, unsere neue Zielsetzung??

von Heiko Barz am 05.05.2017 um 12:02 Uhr

Bei dieser umfangreich verwirrenden Rechtslage der Arzneimittelbelieferung im Europäischen Raum kann und wird es mit Sicherheit keine erkennbar klaren Zukunftsperspektiven mehr geben.
Hier macht jetzt jeder was er will. Die Übersichtlichkeit, die Kontrolle und die Qualität der Arzneimittel wird für ausschließlich unkontrollierbare Kapitalvermehrung geopfert.
Ist das noch im Sinne unserer so lang diskutierten Apotheke 2030? Und wie seht unsere ABDA dazu??
F.Schmidt, wo ist Deine eindeutig klare Zielsetzung?
Die jetzige Lage läßt jede pharmazeutische Autentizität und unsere akademischen Leistungsprinzipien vermissen.
Da haben wir bündelweise Apothekengesetze und Rechtsnormen, die schon von einem Deutschen Justiz-und Gesundheitsminister wissentlich und unbestraft und ohne jede Konsequenz unterlaufen wurden ( J. Hecken ist heute Chef des GBA ).
Dazu noch inflexible und überflüssig hochdotierte Apotheken- und Industrie und Handelskammern, dennoch gibt es einen ungebremsten Wildwuchs der wie Pilze aus dem Boden schießenden Versender. Jeder möchte sich schnell an diesen 'dicken' Pfründen laben, bevor es vielleicht-politisch gewollt- ein schnelles Ende nimmt mit diesen paradiesischen Gewinnen.
Diese pharmazeutische Kakophonie, die sich derzeit in den Medien breit macht, ist jedenfalls in keiner Weise zielführend für die, um die es eigentlich geht, die Patienten.
Ich mache nun schon über 50 Jahre Apothekenwellenbewegungen in jeder Form mit. Die derzeitige, seit Oktober 2016, irrationale und großteils unkontrollierbare Arzneimittelversorgung hat nur ein Ziel, die klaren und eindeutigen deutschen Apothekenvorschriften und Gesetze zu unterlaufen, abzuwerten und letzlich abzuschaffen.
Auch wenn sich jetzt einige dieser "Wilderer" im Apothekenmarkt geldgierig die Hände reiben, so sollte man denen aber klarmachen, dass sie nicht das Ende der Versorgungskette sein werden. Ich sage da nur, vergeßt mir AMAZON und Co. nicht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Die ewig Gestrigen

von Thomas Luft am 05.05.2017 um 11:34 Uhr

Zunächst herzlichen Dank für den sehr informativen Artikel. Insbesondere das Beispiel Dänemark zeigt, wie es bei uns hätte besser laufen können. Aber damals, als DocMorris noch in den Kinderschuhen steckte, wäre eine solche Bestellplattform der deutschen Apothekerschaft mit den Führungskräften Friese/Keller/Schmall niemals möglich gewesen. Zu verbohrt und zu selbstsicher. Es mag jeder selbst entscheiden, ob das heutige "Dreigestirn" offener für neue Ideen ist.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.