DAV-Wirtschaftsforum

ABDA will erst nach der Wahl über Honorar und Rx-Versand reden

Berlin - 26.04.2017, 11:10 Uhr

Keine Spontanaktionen: DAV-Chef Fritz Becker kündigte an, dass die Forderungen rund um das Apothekenhonorar und den Verandhandel erst in der nächsten Legislaturperiode der Politik erneut vorgetragen werden. (Foto: Külker)

Keine Spontanaktionen: DAV-Chef Fritz Becker kündigte an, dass die Forderungen rund um das Apothekenhonorar und den Verandhandel erst in der nächsten Legislaturperiode der Politik erneut vorgetragen werden. (Foto: Külker)


Die ABDA will sich weiterhin für ein Rx-Versandverbot einsetzen. Allerdings erst in der nächsten Legislaturperiode. Das kündigte Fritz Becker, Vorsitzender des Deutsche Apothekerverbandes, auf dem 54. DAV-Wirtschaftsforum an. Änderungen an der Arzneimittelpreisverordnung müssten gut überdacht werden. Man werde daher erst der nächsten Bundesregierung die Forderung nach dem Verbot präsentieren.

Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes, hat die Apotheker aufgerufen, weiterhin gemeinsam für das Rx-Versandverbot zu kämpfen. Auf dem 54. DAV-Wirtschaftsforum sagte Becker: „Versandapotheken leisten keine Gemeinwohlaufgaben. Und genau deswegen lehnen wir diese Päckchen-Pack-Pharmazie ab. Alle als Alternative zum Rx-Versandverbot vorgelegten Vorschläge bieten nur Pseudolösungen an. Ganz im Gegenteil, sie sind kontraproduktiv und hätten teils fatale Langzeitwirkungen zur Folge.“

Die SPD hatte das vom Bundesgesundheitsministerium vorgeschlagene Versandverbot im Koalitionsausschuss blockiert. Derzeit wirbt SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach dafür, eine Regelung zur Deckelung der Rx-Boni zu finden und gleichzeitig neue Beratungshonorare für die Apotheker einzuführen. Die ABDA hatte ihre Teilnahme an diesen Gesprächen aber abgesagt. In seiner Rede ließ Becker allerdings durchblicken, dass er durchaus zu Verhandlungen in einigen Bereichen bereit sei. Allerdings: „Die Chancen und Risiken jeder möglichen Weiterentwicklung müssen sorgfältig abgewägt werden, um die Herausforderungen des EuGH-Urteils erfolgreich zu bewältigen. Mit unseren konkreten Forderungen und Vorschlägen werden wir auf die neu gewählte Bundesregierung zugehen.“

AmPreisVO erst nach der Bundestagswahl anpacken

Dass die ABDA ihre Gespräche mit der Politik erst nach der Wahl fortsetzen will, begründete Becker so: „Die Arzneimittelpreisverordnung eignet sich nicht für Schnellschüsse. Änderungen müssen angesichts ihrer Tragweite gut überdacht werden. Bei Operationen am offenen Herzen sollten Spontanaktionen vermieden werden.“

Dass das Verbot für die einzige Lösung ist, begründete Becker juristisch. „Der Ansatz, Rx-Boni in Deutschland zu begrenzen, ist naiv, wenig durchdacht und mit Sicherheit kein Alternativvorschlag zur Sicherung der Apotheke vor Ort. Damit werden keine Probleme gelöst, sondern neue geschaffen. Genau deswegen haben wir entsprechende Überlegungen, die uns als sogenannte Kompromissvorschläge verkauft wurden, immer konsequent abgelehnt.“ Zur Erklärung: Die SPD-Politiker Edgar Franke und Sabine Dittmar hatten vorgeschlagen, Rx-Boni zeitbegrenzt bei einem Euro zu deckeln und neue Honorarbestandteile für Beratungen zu schaffen.

Becker ließ es auch nicht aus, die SPD für ihr Verhalten im Versandhandels-Konflikt anzugreifen. „Diese Blockadehaltung habe ich bis heute nicht verstanden“, sagte der DAV-Chef. Er wies auf die Meinungsunterschiede innerhalb der SPD zu diesem Thema hin. „Es ist schon auffällig, dass viele Sozialdemokraten vor Ort Verantwortung für die Versorgung der Wähler tragen, uns ihre Unterstützung zugesagt haben, aber auf heftigen Widerstand in der eigenen Partei gestoßen sind.“ In mehreren Bundesländern hatten SPD-Politiker sich für das Rx-Versandverbot ausgesprochen, auch in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.

ABDA verhandelt Honorar für neue eGK

Neben dem Versandhandels-Konflikt nannte Becker auch weitere Entwicklungen aus dem vergangenen Jahr, auf die die Apotheker „stolz sein“ könnten. Dazu gehörten:

  • Die Anpassung der Vergütung für Rezepturen und für dokumentationspflichtige Arzneimittel durch das Arzneimittelversorgungs-Stärkungsgesetz (AMVSG) nannte der DAV-Chef „höchst erfreulich“. Man habe lange dafür gekämpft, die Honorarerhöhung stelle eine Anerkennung der pharmazeutischen Leistungen der Apotheker dar.
  • Becker lobte weitere Aspekte des AMVSG. Es freue ihn, dass exklusive Verträge zwischen einzelnen Zyto-Apothekern und den Kassen endlich verboten würden. „Die freie Apothekenwahl ist kein Anbieter-, sondern praktizierter Patienten- und Verbraucherschutz“, erklärte Becker. Der Gesetzgeber hatte mit dem AMVSG Kassen und Hersteller beauftragt, Rabattverträge über Zytostatika abzuschließen. Becker sagte, er sei gespannt, ob beide Seiten das ohne Schiedsstelle schaffen würden. Die Versuche einiger Krankenkassen, noch kurz vor dem Inkrafttreten des Gesetzes neue Zyto-Verträge abzuschließen, bezeichnete Becker als „weniger erfreulich“.
  • Auch die Abschaffung der Rabattverträge im Impfstoff-Bereich begrüßte Becker ausdrücklich. Er sei nun „zuversichtlich“, dass die Lieferschwierigkeiten bei Impfstoffen durch das Ausschreibungsverbot zurückgingen.
  • Der DAV-Vorsitzende begrüßte auch das neue Gesetz zur Stärkung der Hilfs- und Heilmittelversorgung. Es sei richtig, dass der Zuschlag bei Hilfsmittelausschreibungen künftig auch an andere Kriterien als den Preis gebunden sei. Ein weiterer Erfolg sei es, dass die von den Patienten verlangten Aufzahlungen künftig besser überwacht würden. Trotzdem befürchtet Becker, dass die Patienten von den Neuregelungen nicht allzu viel spüren werden. Man müsse nun beobachten, ob die Patienten gute Produkte erhielten, ohne dabei Aufzahlungen zu leisten. „Unerfreulich“ nannte Becker neue und „übertriebene“ Dokumentationspflichten für Apotheker, die das Heil- und Hilfsmittelgesetz mit sich bringe.
  • Beim Thema Lieferengpässe attackierte Becker insbesondere die AOK. Christoper Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, fordert eine obligatorische Meldungspflicht für alle Akteure in der Handelskette. Sie sollen ihre Lagerbestände regelmäßig an die Behörden melden. Becker nannte diesen Vorschlag „bürokratischen Wahnsinn“.
  • Was die Digitalisierung im Apothekenmarkt betrifft, erklärte der DAV-Chef, dass die ABDA derzeit weiter an der Entwicklung der Telematik-Infrastruktur arbeite, bei der es darum geht, die Apotheker technisch mit den anderen Akteuren des Gesundheitswesens zu vernetzen. Becker berichtete, dass der DAV mit dem GKV-Spitzenverband Verhandlungen aufgenommen habe, in denen es um die Ausstattung der Apotheken und um eine entsprechende Finanzierungsvereinbarung geht. Zur Erklärung: Für die neue elektronische Gesundheitskarte und zur Teilnahme an der Telematik-Infrastruktur müssen sich auch die IT-Lösungen in der Apotheken anpassen. Der DAV verhandelt nun, wie hoch die Zuschüsse der Kassen für neue Geräte und die Bereitstellung dieser neuen Technik sein werden.
  • Letztlich sprach Becker auch den Bereich der Selbstmedikation an. Die Abgabe von OTC-Präparaten sei die „Königsdisziplin“ der Apotheker. Die Apotheker müssten sich für den Erhalt der Apothekenpflicht einsetzen – „das ist das oberste Gebot!“, erklärte er. Und weiter: „Wir müssen aber auch ehrlich zu uns sein. Wenn die Versorgung mit OTC-Medikamenten wesentliche Leistung der Apotheken ist und kein Anhängsel der Versorgung mit Rx-Arzneimitteln, dann muss auch dieses Segment einen angemessenen Deckungsbeitrag liefern.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Beckers Wirtschaftsforum

von Heiko Barz am 26.04.2017 um 20:56 Uhr

Anstatt jetzt mit gezücktem Schwert in die Arena zu steigen, und um des Bären Fell zu kämpfen, hören wir Nichts von unseren "Fürsten". Nur Kollege Becker steht am Mikrophon und meint, dass er bis nach der Wahl ( Herbst ) die komplexen Themen ruhen lassen möchte.
Diese Einstellung, die ja wohl von mehreren "Führenden" ganz offensichtlich vermehrt eingenommen wird, ist aber berufsvernichtend grundsätzlich falsch und zeugt von konfusionsartiger Angst gepaart mit dem Vogel Strauß Syndrom.
Während Andere sich gegen jede Art der Gesundheitgesetze unseres Landes mit breiter saudisch gestützter Brust aufstellen und ständig gesetzwidrige Fakten schaffen, verhalten sich unsere vor Angst schlotternden Gesetzesbehörden wie das Kaninchen vor der Schlange.
Was sind das für wachsweiche Regierungsbehörden, die sich von ausländischen Kapitalkraken so auf der Nase herumtanzen lassen.
Lauterbach reibt sich doch jetzt die Hände, weil er sein System der Arzneimittelverteilung als politischen Erfolg feiern kann und ruft damit die 'Pharmazeutische Anarchie' aus.
Nochmals, 21 EU Staaten bestimmen ein autarkes nicht von der EU bestimmtes Gesundheitswesen. Nur wir müssen uns, und das ist ausschließlich politisch zu bewerten, als europäischer "Superstaat" allem Schwachsinn beugen, der aus den wegen unserer Wirtschaftskraft von Neid zerfressenden Partnerländern zu unserem Nachteil auferlegt wird.
Das jedenfalls ist des Pudels Kern.
Da trift es sich, wenn wir mit Goethes Faust im Leipziger Lauterbach - äh, Entschuldigung, Auerbachs-Keller unseren Frust zu ersaufen versuchen.

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Nach .....

von gabriela aures am 26.04.2017 um 13:55 Uhr

...welcher Wahl ?

Denn : Im Herbst wird uns Siggi's Gutachten noch um die Ohren fliegen.

Das hat Potential für 3-8 neue Probleme und Themen, bei denen nichts rauskommt.

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