PTA-Schulen in Westfalen-Lippe

PTA-Schulen-Finanzierung bleibt Zankapfel

Berlin - 20.04.2017, 07:00 Uhr


In Westfalen-Lippe klagt ein Apotheker gegen seine Kammer. Er will nicht akzeptieren, dass sich die nordrhein-westfälische Landesregierung aus der Mit-Finanzierung der PTA-Schulen geschlichen hat und der Standesorganisation diese Aufgabe überlässt. Das Klageverfahren zieht sich in die Länge – das ärgert den Kläger, aber auch den Apothekerverband und den PTA-Trägerverein.

Nordrhein-Westfalen und Hessen sind die beiden Bundesländer, in denen die Landesregierung beschlossen hat, die Fördermittel für die PTA-Schulen zu streichen. Eine Entscheidung, die Apothekern, die auf Fachkräfte-Nachwuchs angewiesen sind, nicht gefallen kann. Denn das Schulgeld ist selbst für willige PTA-Schüler nicht leicht allein aufzubringen. Unterstützung ist daher dringend angesagt.

In Westfalen-Lippe sorgte die neue Situation sogar für mächtigen Streit unter den Apothekern selbst, genau genommen zwischen Verband und Kammer. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL), der über einen Verein die Trägerschaft über die vier PTA-Schulen übernommen hat, wollte die Apothekerkammer (AKWL) in die Finanzierung einbeziehen. Doch wie dies geschehen sollte, darum wurde lange und erbittert gerungen. Vor knapp zwei Jahren fanden Kammer und Verband eine Lösung. Nach einer Satzungsänderung zieht die AKWL seit Anfang 2016 Apothekeninhaber über höhere Beiträge zur Mitfinanzierung heran.

Trägerverein: Klage bedroht Finanzierung

Erst kürzlich verkündete Gerhard Daniel, Vorsitzender des Trägervereins der PTA-Fachschule Westfalen-Lippe e.V. und AVWL-Vorstandsmitglied, dass sich seit der solidarischen Förderung der PTA-Fachschulen durch die Kammer vieles zum Guten gewendet habe. Die vier PTA-Schulen in Siegen, Paderborn, Gelsenkirchen und Castrop-Rauxel seien in der Unterstufe des Lehrgangs 2016/18 voll besetzt – auch wenn die Schüler jedenfalls im ersten Jahr 295 Euro Schulgeld im Monat zahlen müssen. Es gebe sogar Wartelisten. Als „einzigen Unsicherheitsfaktor der PTA-Ausbildung“ bezeichnete Daniel die Klage eines Apothekers gegen die solidarische Mitfinanzierung durch alle Apotheker über die Kammer. „Leider hat sich in dieser Angelegenheit bisher rein gar nichts getan“, so Daniel, „dies ist keine schöne Situation.“

Damit spricht er die Klage an, die der Bottroper Apotheker Jörg Nolten im vergangenen Frühsommer beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gegen die AKWL eingelegt hat. Konkret geht er gegen seinen Beitragsbescheid und den hierin erhaltenen Zusatzbeitrag für die PTA-Ausbildung vor. Doch offenbar sehen sich durch die Klage gegen die Kammer vor allem der Verband und der PTA-Trägerverein angegriffen. So meint Daniel, die Klage gefährde die jetzige aus ihrer Sicht rechtmäßige und richtige Förderung der PTA-Schulen.

Apotheker will NRW mit Klage zurück in die Förderung zwingen

Nolten hält es allerdings für „blauäugig”, wenn Verband und Verein meinen, so wie es jetzt ist, sei alles gut. Er ist zwar überzeugt, dass der laufende Schulbetrieb derzeit gut gestemmt werde – kritisch werde es jedoch, sobald Investitionen fällig werden. Was wäre, wenn ein Schulgebäude saniert werden müsste? Vor allem aber ist der Apotheker überzeugt, dass das Land sich nicht aus der Finanzierung hätte verabschieden dürfen. Darum klagt er gegen die Rechtsgrundlage, aus der die Kammer ihre höheren Beiträge ableitet. Seine Hoffnung: NRW muss gezwungen werden, wieder in die Finanzierung einzusteigen, Bildung sei schließlich Ländersache.

Doch bei seiner Klage sieht er sich seinerseits von AVWL und dem Trägerverein torpediert. Denn es geht nicht recht voran mit dem Verfahren. Der Trägerverein PTA-Fachschule Westfalen-Lippe e.V. hatte bei Gericht beantragt, dem Verfahren beigeladen zu werden. Mit der Stellung des Beigeladenen könnte der Verein selbstständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen – auch Rechtsmittel einlegen. Nolten glaubt, dass es dem Verein vor allem um eine weitere Verzögerung des Streits geht. Schließlich geht es um viel Geld, das fließt oder nicht. Das Verwaltungsgericht hat die Beiladung Ende Februar abgelehnt, nun ist das Oberverwaltungsgericht NRW an der Reihe, zu entscheiden, ob dies zu Recht geschah.

Wahlkampfversprechen in NRW

Nolten hofft, dass es bald zu einem Urteil kommt – selbstverständlich in seinem Sinne. Er verweist darauf, dass alle Parteien im derzeit stattfinden Landtagswahlkampf bekräftigt haben, dass NRW wieder in die Förderung der PTA-Schulen einsteigen müsse. Im CDU-Wahlprogramm steht beispielsweise ausdrücklich: „Wenn jede Erstausbildung in Nordrhein-Westfalen für Schülerinnen/Schüler oder für Studierende und Auszubildende kostenfrei sein soll, muss das auch für die Ausbildungen im Bereich der Gesundheitsberufe, wie z.B. Pharmazeutisch-technischer Assistent (PTA) und Medizinisch-technischer Assistent (MTA) möglich gemacht werden.“

Diese offene Haltung in der Politik würde gestärkt, wenn nach der Wahl ein entsprechendes Urteil vorliegen würde, meint Nolten. Sein Gegenspieler Daniel erklärte jedoch schon auf der Mitgliederversammlung des AVWL im November 2016, es sei „absurd“ zu glauben, eine solche Klage könne die Wiederaufnahme der finanziellen Förderung durch das Land bewirken. Und der AVWL-Vorsitzende Dr. Klaus Michels machte erst kürzlich deutlich, dass er wenig Vertrauen in Wahlversprechen hat.

Hessen sucht neue Wege

Auch der Hessische Apothekerverband (HAV) hat mitgeteilt, politische Gespräche zum Thema PTA-Ausbildung zu führen. „Die Situation in Hessen ist nicht zufriedenstellend“, konstatiert der HAV-Vorsitzende Dr. Detlef Weidemann in einer Pressemitteilung. Der HAV habe daher Vorschläge zur Finanzierung des pharmazeutischen Nachwuchses insbesondere in ländlichen Regionen unterbreitet, die man sich nun anschauen werde. Vorbild könnte die Förderung des medizinischen Nachwuchses dort sein. Konkret befänden er und die stellvertretende Geschäftsführerin Berit Gritzka sich im Dialog mit dem Vize-Chef der CDU Landtagsfraktion, Dr. Ralf-Norbert Bartelt. Bartelt ist selbst Arzt und für Gesundheitspolitik zuständig. „Wir hatten ein gutes Gespräch“, sagt Weidemann. Er zeigte sich zuversichtlich, dass gemeinsame Wege gefunden werden, wie vor allem die jungen Menschen, die diesen interessanten pharmazeutischen Beruf ergreifen wollen, gefördert werden können.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

PTA Ausbildung auf Apothekenkosten- gehts noch dümmer !

von Ratatosk am 20.04.2017 um 18:36 Uhr

Bin strikt gegen die Beteiligung !

Dies ist immer noch Staatsaufgabe aufgrund unserer schon gezahlten !! Steuern. Die Politik nimmt das sonst mit wies Freibier oder das Bufett beim Empfang der gewogenen Industrie.
Wenn Großkonzerne ihre Ingenieure/innen oder ihre BWLer ausgebildet bekommen, ist es geradezu lächerlich, wenn gerade wir wieder den Affen machen sollen. Wenn sie in NRW damit durchkommen, werden sie es überall versuchen.

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