Analyse des ZL

Woran liegt es, wenn Viagra und Co. nicht wirken?

Stuttgart - 19.04.2017, 09:30 Uhr

Insbesondere bei Viagra-Importen und Generika klagen Kunden in der Apotheke über mangelnde Wirksamkeit. (Foto: picture alliance / AP Photo)

Insbesondere bei Viagra-Importen und Generika klagen Kunden in der Apotheke über mangelnde Wirksamkeit. (Foto: picture alliance / AP Photo)


Offenbar klagen immer wieder Patienten über mangelnde Wirksamkeit von Sildenafil und Co. Häufig wird dabei vermutet, dass die Tabletten zu wenig oder keinen Wirkstoff enthalten. Eine aktuelle Auswertung des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker bestätigt dies allerdings nicht.

538 Spontanberichte zu PDE-5-Hemmer-haltigen Arzneimitteln, die gegen erektile Dysfunktion eingesetzt wurden, gingen von 1998 bis 2016 bei der Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker ein. Eine der häufigsten Beanstandungen: mangelnde oder fehlende Wirksamkeit. 357 beklagten sich darüber. Sie vermuteten, ihr Arzneimittel – alle aus der legalen Vertriebskette – könne keinen oder zu wenig Wirkstoff enthalten. Offensichtlich, so schreibt die AMK, wird dieser Verdacht häufig noch bestärkt durch mangelndes Vertrauen in Generika (seit 2013) oder (Re-)Importe – von den eingesandten 283 Reklamationsmustern waren gut drei Viertel (76 Prozent) Importe. 90 Prozent der eingeschickten Muster wurden ans Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker zur Analyse weitergeleitet.  

Probemenge für Einzelgehaltsbestimmung zu klein

In vier Fällen fand das ZL tatsächlich in einzelnen Tabletten nur einen Wirkstoffgehalt zwischen 75 und 90 Prozent des deklarierten. Allerdings sei es trotzdem schwierig, eine mangelnde Arzneibuchkonformität nachzuweisen, wie das ZL erklärt. Warum? Die entsprechende Arzneibuch-Monographie (2.9.6. der Ph. Eur. 8, Ausgabe 2014) lässt einen Gehalt pro Tablette von mindestens 85 Prozent des Durchschnittsgehalts – ermittelt aus zehn Einzelgehaltsbestimmungen – zu.  Bei 30 geprüften Tabletten darf der Gehalt bei einer einzigen Tablette sogar weiter abweichen. Hier liegt die Grenze bei mindestens 75 Prozent und höchstens 125 Prozent. In den meisten Fällen reicht aber die Probenmenge gar nicht aus, um solche Einzelgehaltsbestimmungen durchzuführen – allein schon aufgrund der kleinen Packungsgröße, in der Sildenafil und Co. für die Indikation erektile Dysfunktion auf dem Markt sind. 

Gründe für die fehlende Wirkung

Die AMK weist darauf hin, dass es neben Arzneibuch-konformen Schwankungen im Gehalt oder mangelnder pharmazeutischer Qualität eine ganze Reihe anderer Ursachen geben kann, wenn PDE-5-Hemmer nicht richtig wirken. So sei beispielweise nicht in allen Fällen eine angemessene Diagnostik erfolgt, zudem wirkten diese Substanzen in Studien bei einzelnen Patientengruppen wie Diabetikern oder radikal Prostatektomierten einfach deutlich schlechter. Allgemein liegt die Erfolgsrate je nach Dosis zwischen 47 und 84 Prozent. Die einzelnen Wirkstoffe sind diesbezüglich vergleichbar. 

Und auch andere eingenommene Arzneimittel können die Wirkung der PDE-5-Hemmer beeinflussen. So können beispielweise Beta-Blocker die erektile Dysfunktion verschlechtern oder CYP3A4-Induktoren den Abbau der Wirkstoffe beschleunigen und so zu einer Minderwirkung der PDE-5-Hemmer beitragen.

Weitere Ursachen dafür, dass die Wirkung nicht wie gewünscht eintritt, können laut AMK sein:

  • ungenügende Information der Patienten und Medikationsfehler (u. a. falscher Einnahmezeitpunkt, verzögerter Wirkeintritt infolge von Nahrungsaufnahme und Alkoholkonsum, voreilige Beurteilung der Wirkung, fehlende Dosisoptimierung nach Wirksamkeit und Verträglichkeit),
  • unzureichende sexuelle Stimulation,
  • Progression der ED,
  • ungenügende Kontrolle von Komorbiditäten (u. a. Diabetes, Hypertonie),
  • nachteiliger Lebensstil (z. B. Rauchen, Alkoholmissbrauch),
  • nicht diagnostizierter Hypogonadismus,
  • psychosoziale Faktoren.

Kommen Patienten in die Apotheke, die sich über fehlende oder verminderte Wirkung von PDE-5-Hemmer-haltigen Arzneimitteln beklagen, sollen Apotheker diese angemessen zu möglichen Ursachen informieren. Patienten, bei denen die Wirkstoffe weiterhin keine oder keine zufriedenstellende Wirkung zeigen, sollten sich an ihren Arzt wenden.

Wie immer gilt auch im Falle der PDE-5-Hemmer: Verdachtsfälle zu unerwünschten Wirkungen unter der Therapie mit PDE-5-Hemmern sollen an die AMK gemeldet werden. Das geht unter www.arzneimittelkommission.de. Besteht tatsächlich bei PDE-5-Hemmern der gerechtfertigte Verdacht, dass es einen Qualitätsmangel gibt, sollten mindestens zehn Tabletten an die AMK zur Analyse eingesandt werden, bittet das Gremium. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Wirksamkeit

von Frank ebert am 19.04.2017 um 12:47 Uhr

Vielleicht liegt es einfach an der Frau

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