Rx-Versandverbot, Leistungskatalog und Honorar

ABDA veröffentlicht Forderungen für Bundestagswahl

Berlin - 12.04.2017, 16:00 Uhr

Auf fünf Seiten stellt die ABDA ihre Forderungen für die Bundestagswahl vor. (Screenshot: DAZ.online)

Auf fünf Seiten stellt die ABDA ihre Forderungen für die Bundestagswahl vor. (Screenshot: DAZ.online)


Fünf Monate vor der Bundestagswahl veröffentlichte die ABDA am heutigen Mittwoch ihre Kernpositionen an die Parteien in Berlin. Neben der festen Preisbindung und dem Versandhandelsverbot für den Rx-Sektor fordert die ABDA eine Anpassung des Leistungskataloges sowie Planungssicherheit bei Steigerungen des Apothekerhonorars.

In einem Positionspapier veröffentlichte die ABDA am heutigen Mittwoch ihre Kernpositionen für die Bundestagswahl, die am 24. September 2017 stattfindet. Der fünfseitige Forderungskatalog soll die Grundlage für eine breite Diskussion mit den Parteien über ihre Wahlprogramme bilden. „Die wohnortnahen, inhabergeführten Apotheken sind eine der tragenden Säulen des Gesundheitswesens in Deutschland“, betonte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt in einer begleitenden Pressemitteilung. „Auch in Zukunft soll für alle Bürgerinnen und Bürger der Zugang zu einer hochwertigen Arzneimittelversorgung sichergestellt werden“, erklärte Schmidt. „Dafür sorgen die 20.000 Apotheken mit ihren 155.000 Beschäftigten.“

Die ABDA gliederte ihre Forderungen in drei Punkte: 

  1. Die freiberufliche Leistungserbringung durch Apotheker und andere Heilberufe gewährleistet die beste Versorgung kranker Menschen. An der freiberuflichen Versorgungspraxis soll deshalb festgehalten und ihre Weiterentwicklung durch die Berufsorganisationen gefördert werden. Dazu gehört auch, dass ordnungspolitische Eckpfeiler, wie der einheitliche Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel, uneingeschränkt gewahrt bleiben. Auf den Beschluss des Europäischen Gerichtshofs muss mit einem Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel reagiert werden.
  2. Zur Stärkung der flächendeckenden Versorgung soll der Leistungskatalog der Apotheker in enger Abstimmung mit den weiteren Heilberufen ausgeweitet werden. Beispielhaft seien hier die Bereiche Arzneimitteltherapiesicherheit, Medikationsmanagement und Prävention genannt.
  3. Um die pharmazeutische Versorgung auch zukünftig patientennah auf hohem Niveau anbieten zu können, ist das Honorarsystem der Apotheken weiterzuentwickeln. In einem ersten Schritt ist eine verlässliche Anpassungsroutine für das Honorar zu implementieren, um zunächst Planungssicherheit herzustellen.

Forderung 1: Freiberuflichkeit und einheitlicher Abgabepreis

Unter der Überschrift „Freiberuflichkeit der apothekerlichen Tätigkeit in der Versorgung“ fordert die ABDA, dass alle Bürger sich bei Bedarf zu jeder Zeit auf eine „wohnortnahe, qualitativ hochwertige und unabhängige Gesundheitsversorgung verlassen können“. Dies solle auch in Zukunft Maßstab und Ziel sowohl der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen als auch des apothekerlichen Handelns sein. Dabei gewährten Apotheker, die als freier Beruf organisiert sind und handeln, die beste Arzneimittelversorgung.

„An der freiberuflichen Versorgungspraxis der Apotheker, Ärzte und Zahnärzte soll deshalb festgehalten und ihre Weiterentwicklung durch die zuständigen Berufsorganisationen gefördert werden“, betont die ABDA. „Freie Berufe sind nicht nur Teil des Erfolgsmodells der sozialen Marktwirtschaft, sondern auf Grund ihrer Gemeinwohlverpflichtung ‚Rückgrat der Gesellschaft‘.“

ABDA hält an Versandhandelsverbot fest

Von den Parteien wie auch der zukünftigen Bundesregierung fordert die ABDA daher ein „Bekenntnis zu der freiberuflich organisierten und unabhängig durchgeführten pharmazeutischen Versorgung“. Dazu gehöre auch, dass die hierfür erforderlichen ordnungspolitischen und „unverrückbaren“ Eckpfeiler, insbesondere die Apothekenpflicht, das Fremd- und Mehrbesitzverbot und der einheitliche Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel „uneingeschränkt gewahrt bleiben“.

Aktuell ist nach Argumentation der ABDA insbesondere die Durchsetzung des Versandhandelsverbotes für verschreibungspflichtige Arzneimittel von zentraler Bedeutung, das die vom Europäischen Gerichtshof bewirkte Aufhebung des einheitlichen Apothekenabgabepreises verhindert. „Wir unterstützen deswegen ein Europa, das die großen Zukunftsaufgaben anpackt und zugleich bestehende gute Strukturen auf nationaler Ebene schützt“, erklärt die ABDA. Sie unterstütze ein Europa der Regionen, das dem Prinzip der Subsidiarität folgt. „Dabei geht es darum, dass diejenige politische Ebene die Aufgaben löst, die am besten dazu geeignet ist.“

Forderung 2: Breites Leistungsspektrum und Stärkung des Apothekerberufs

Aufgrund der Alterung der Gesellschaft und anderer demographischer Veränderungen gibt es bereits heute vielfältige Auswirkungen auf die flächendeckende Arzneimittelversorgung, betont die ABDA in ihrem Forderungskatalog. Um die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zunehmenden Herausforderungen anzugehen und um Menschen in strukturschwachen Regionen zu helfen, „sollte insbesondere das Potential der Apotheke vor Ort genutzt werden“, schreibt die ABDA. Sie bietet an, das bestehende flächendeckende und patientenorientierte Versorgungssystem der Apotheken hierfür weiterzuentwickeln. „Kernelemente sind dabei ein breites Leistungsspektrum, der enge persönliche Kontakt zu den Patienten und damit verbunden die Stärkung der Attraktivität des Apothekerberufes“, heißt es in dem Papier.

Insbesondere setzt die ABDA auf das Ziel der flächendeckenden Einführung eines qualitätsgesicherten, honorierten Medikationsmanagements. „Dies kommt vor allem den Patienten zu Gute, die mehrere Arzneimittel einnehmen müssen“, argumentiert die ABDA. Sie fordert die politischen Entscheidungsträger dazu auf, die eigenständige Rolle der Apotheker zu stärken. Gleichzeitig müssten die Rahmenbedingungen geschaffen werden, die nötig sind, damit Apotheker „ihre wertvollen Leistungen sowohl für einzelne Patienten als auch für die gesundheitliche Versorgung der gesamten Bevölkerung erbringen können“. 

ABDA setzt auf eHealth-Anwendungen

Die ABDA sieht im Ausbau von eHealth-Anwendungen ein „großes Innovationspotenzial im Gesundheitssystem“, um mehr Transparenz und Patientenorientierung zu ermöglichen. „Die Digitalisierung unterstützt die Kommunikation der Beteiligten und bietet große Chancen für die Wissenschaft und die ganzheitliche Versorgung der Patienten“, schreibt sie. Im „heilberuflichen Netzwerk“ könnten Diagnose- und Therapieentscheidungen auf einer umfassenderen Datengrundlage getroffen werden. „Wir setzen uns dafür ein, die Vernetzung der Versorgungsbereiche stetig zu vertiefen“, heißt es in dem Papier. Dabei gelte es auch, die verstärkte Kooperation der Heilberufe „mit dem Ziel der institutionalisierten Zusammenarbeit“ zu fördern. Apotheker seien bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen – wie im Modellprojekt ARMIN

Auch bei der Prävention könnten Apotheken mit ihrem niedrigschwelligen Versorgungsangebot für täglich 3,6 Mio. Menschen „besondere, nachhaltige Leistungen“ erbringen. Konkret denkt die ABDA dabei offenbar an Impfungen, wie sie beispielsweise Apotheken in der Schweiz zunehmend anbieten dürfen. Denn sie schreibt: „Damit böten sich in enger Abstimmung mit den anderen Heilberufen enorme Chancen an, beispielsweise bezüglich der Erhöhung der Durchimpfungsraten der Bevölkerung.“

Was sagen die Ärzte zu den Forderungen?

Auch die Bundesärztekammer, die ihre Forderungen für die Bundestagswahl im September 2016 veröffentlichte, setzt auf Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen – wenn auch mit klaren Grenzen. „Erfolgversprechend sind insbesondere die Förderung der interprofessionellen Kooperation auf der Basis vorhandener Kompetenzen und die Integration unterschiedlicher beruflicher Kompetenzen in einem multiprofessionellen Team“, schreibt die Ärztekammer.

Der Vorbehalt des Arztes für die Diagnose- und Indikationsstellung, die Therapieentscheidungen  und die Gesamtverantwortung seien jedoch unverzichtbar. „Es sind deshalb solche Berufs- und Kooperationskonzepte zu fördern, die zur Unterstützung und Entlastung des Arztes im Sinne des Delegationsprinzips beitragen.“ Nicht zielführend sei hingegen die Schaffung einer neuen Versorgungsebene mit Verlagerung ärztlicher Zuständigkeiten auf nichtärztliche Gesundheitsberufe 

Forderung 3: Anpassung der Honorierung

Als dritten Punkt in ihrem Forderungskatalog geht die ABDA in zwei Absätzen auf das Apothekerhonorar ein. „Eine qualitativ hochwertige und flächendeckende Versorgung erfordert Planungssicherheit“, schreibt sie. „Nur so können Apotheken die notwendigen Investitionen in moderne Technologie und in hochqualifiziertes Personal tätigen, die für die zukünftige Versorgung der Bevölkerung notwendig sind.“ Mit dem Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz sei 2013 ein erster Schritt gemacht worden, das bestehende Honorarsystem weiterzuentwickeln.

„Um die pharmazeutische Versorgung auch zukünftig patientennah auf hohem Niveau anbieten zu können, ist das Honorarsystem der Apotheken weiter auszubauen“, fordert die ABDA. Dazu gehören nach Ansicht des ABDA-Vorstands Planungssicherheit bei der Anpassung des Honorars, eine leistungsgerechte Berechnungsmethode und die Möglichkeit der Honorierung neuer Dienstleistungen. Die steuerliche Diskriminierung apothekerlicher Dienstleistungen sei abzubauen.

Mit Reformen des Apothekenhonorars wird die ABDA bei vielen Gesundheitspolitikern auf offene Ohren stoßen – so hatten beispielsweise SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach, CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich, die Grünen-Arzneimittelexpertin Kordula Schulz-Asche oder auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken, Kathrin Vogler, sich hierfür ausgesprochen. Derzeit erstellt eine Agentur im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums ein Gutachten, das zur Anpassung des Apothekenhonorares in der nächsten Legislaturperiode herangezogen werden soll. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Friedemanns 3 Punktetraum zur BTW im Herbst

von Heiko Barz am 13.04.2017 um 13:44 Uhr


Alle hier angeführten und sicher in aller Breite argumentierten Belege ändern doch nichts an der oft irrationalen Fraktionsdirektive von SPD und Grünen.
Ein logisches Herunterbrechen dieser versteinerten Haltungen wird es erst geben, wenn es irgendwie zu Katastrophen bei der Arzneimitteldistribution kommen wird.
Wenn man sieht, welche kapitalistischen und rücksichtslosen Protagonisten unser Gesundheitssystem beherrschen wollen, dann haben Friedemanns Träume keine Aussicht.
2030?? Arzneimittelmanegement, ARMIN und Co. sind derzeit bei Allen nur noch wie Spurenelemente zu interpretieren.
Wenn nicht ein klares Statement des Staates zur eindeutigen Sicherheit bei der Arzneimitteldistribution ergeht und weiterhin die Verläßlichkeit des deutschen Apothkers von allen Seiten der Politik in Frage gestellt wird, dann platzt der Traum von Friedemann ( 2030 ) wie eine Seifenblase.

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