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DAZ.Online-Themenwoche
Welche Probleme brachten Rabattverträge in die Apotheke?
Mit der Einführung der Rabattverträge gab es in den Apotheken plötzlich eine Reihe zuvor nie dagewesener Probleme: viel Erklärungsbedarf beim Patienten, der Null-Retaxwahn, der Fall „Metoprolol“ und nicht zuletzt Lieferschwierigkeiten, die in einem Fall sogar zur Kündigung des Vertrags führten.
Auf die Apotheken kamen mit der Einführung der Rabattverträge ganz neue Herausforderungen zu. So waren sie gefordert, den Patienten die neuen gesetzlichen Vorgaben zu erklären:
Wer eine regelmäßige Medikation bekam, war schließlich „seine“ Arzneimittel
gewohnt. Doch plötzlich wurde in der Apotheke ausgetauscht: Der Versicherte
bekam zwar ein wirkstoffgleiches Arzneimittel wie das Verordnete, aber es war
von einer anderen Firma, sah anders aus. Dass dies wirklich das gleiche
Medikament sein sollte wie das zuvor erhaltene, war nicht für jeden einsichtig
und führte in Apotheken zu mehr oder weniger langen bis schwierigen
Gesprächssituationen. Im Fall, dass wirklich Sorge bestand, dass ein Patient
die Umstellung nicht mitmacht, blieb das Gespräch mit dem Arzt, der die Substitution
ausschließen kann. Zudem konnten und können Apotheken „pharmazeutische
Bedenken“ geltend machen, was viele jedoch nur zögerlich taten.
Bis heute weiß man nicht, was Rabattarzneimittel kosten
Gerade in der Anfangszeit machte es die Apotheker besonders fuchsig, dass sie angesichts der Mehrarbeit nicht einmal wussten, welche Einsparungen die Rabattverträge überhaupt brachten. Und auch heute ist das Ganze eine ziemliche Black Box. Zwar gibt es mittlerweile jedes Jahr Daten zu den insgesamt durch die Verträge erzielten Einsparungen, auch aufgesplittet nach Kassenarten. Doch welche Nachlässe im Einzelnen vereinbart wurden, bleibt nach wie vor ein Geschäftsgeheimnis der Vertragspartner. Die Apotheken-Software lässt nicht erkennen, wie viel ein Rabatt-Arzneimittel wirklich kostet. Allerdings wurden die Datenbanken bei Einführung der Verträge rasch aktualisiert, sodass Apotheker immerhin wussten, welches die rabattierten Arzneimittel sind.
Auch jetzt werden neue Rabattverträge stets schnell in die Apothekensysteme eingepflegt. Zuweilen gab es Friedensfristen bei neuen Verträgen, die Apotheken über eine begrenzten Zeit vor Retaxationen schützten. Dennoch: Nach wie vor bedeuten die Rabattverträge in der Apotheke oft einen Mehraufwand. Es ist stets das für den jeweiligen Versicherten richtige Arzneimittel in richtiger Packungsgröße und Arzneiform ausfindig zu machen – und seine Verfügbarkeit zu prüfen. Die Nichtverfügbarkeit von rabattierten Arzneimitteln ist durch den Aufdruck einer Sondern-PZN zu dokumentieren.
Musterstreit um Null-Retaxionen
Die Besorgnis um die Therapietreue der Patienten, die vielen Erklärungen und die Intransparenz blieben aber nicht das einzige Problem der Verträge aus Apothekersicht. Ein anderes waren die Null-Retaxationen, die Kassen aussprachen, wenn eine Apotheke trotz Bestehens eines Rabattvertrags ein Nicht-Rabattarzneimittel abgegeben hatte. Das geschah möglicherweise, weil das rabattierte Präparat nicht verfügbar war, ein entsprechender Vermerk auf dem Rezept aber unterblieb. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) und die Techniker Krankenkasse schlossen Anfang 2009 eine Musterstreitvereinbarung, um zu klären, ob und wie viel Vergütung die Apotheke in einem solchen Fall erhält. Im Juli 2003 fiel die Entscheidung vor dem Bundessozialgericht: Krankenkassen dürfen Apotheken, die ohne weitere Angabe von Gründen und trotz bestehenden Rabattvertrages nicht das Rabattarzneimittel, sondern ein anderes Präparat abgeben, auf Null retaxieren. Davon unberührt blieben Fälle, in denen der Arzt selber durch Ankreuzen des Aut-idem-Feldes einen Austausch ausgeschlossen hat oder die Apotheke gut begründete pharmazeutische Bedenken dokumentiert hat. Dennoch ist die Entscheidung für die Apotheken ein Schlag – schließlich haben sie die Versicherten ordnungsgemäß versorgt, doch nicht einmal den Preis des Rabattarzneimittels sollen sie dafür bekommen.
Original versus Import und das Aut-idem-Kreuz
Ein weiterer Spezial-Fall, der Aufsehen erregte, ist die Frage wie bei einer Original/Import-Verordnung mit gesetztem Aut-idem-Kreuz bei Bestehen eines Rabattvertrags umzugehen ist. Eigentlich bestand – und besteht – die Meinung, dass Original und Import das gleiche Arzneimittel sind – und eben nicht nur wirkstoffgleich wie Original und Generikum. Ein Rabattvertrag gehe daher dem Aut-idem-Kreuz vor. Doch es gibt Gerichte, die dies anders sehen, wenngleich eine höchstrichterliche Entscheidung noch aussteht. Nach dem im vergangenen Jahr überarbeiteten Rahmenvertrag zwischen GKV-Spitzenverband und DAV sollte aber eigentlich klar sein: Rabattvertrag schlägt Aut-idem-Kreuz.
AOK-Erfahrungen mit Metoprolol und Metformin
Ein weiteres Ärgernis in den Apotheken waren und sind immer wieder auftretende Lieferausfälle von Herstellern. Vielen Apothekern dürfte etwa noch das Jahr 2011 in Erinnerung sein, als der AOK-Rabattartikel für Metoprololsuccinat von betapharm zum Start der Verträge noch gar nicht im Markt war – der Hersteller erklärte dies mit dem späten Zuschlag. Der Vertrag wurde später vorzeitig aufgelöst. 2012 kündigte die AOK den Vertrag für Metformin mit der Firma Dexcel wegen anhaltender Lieferengpässe. Der Metoprolol-Fall hatte vor allem deswegen für Aufsehen gesorgt, weil Apotheken das Rabattpräparat trotzdem abgerechnet hatten, worauf die AOK den betreffenden Apothekern Strafen und Anzeigen wegen des Verdachts auf Abrechnungsbetrug bei der Staatsanwaltschaft androhte. Aber auch abseits solch spektakulärer Fälle haben Apotheken auch heute noch immer wieder mit Lieferproblemen bei Rabattvertrags-Arzneimitteln zu tun. Nichtsdestotrotz setzen vor allem die AOKen weiterhin vornehmlich auf Einzelverträge mit Herstellern, auch wenn sie seit einiger Zeit für bestimmte Wirkstoffe schon auf das Mehrpartner-Modell umgestiegen sind. Kann ein Hersteller nicht liefern drohen ihm Vertragsstrafen und Schadenersatzforderungen.
1 Kommentar
Rabatverträge motivieren uns alle!?
von Orhon am 05.04.2017 um 4:13 Uhr
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