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Welche Probleme brachten Rabattverträge in die Apotheke?

Berlin - 04.04.2017, 16:10 Uhr

Die Rabattveträge verursachten am Anfang viel Chaos in den Apotheken. (Foto: luismolinero / Fotolia)

Die Rabattveträge verursachten am Anfang viel Chaos in den Apotheken. (Foto: luismolinero / Fotolia)


Musterstreit um Null-Retaxionen 

Die Besorgnis um die Therapietreue der Patienten, die vielen Erklärungen und die Intransparenz blieben aber nicht das einzige Problem der Verträge aus Apothekersicht. Ein anderes waren die Null-Retaxationen, die Kassen aussprachen, wenn eine Apotheke trotz Bestehens eines Rabattvertrags ein Nicht-Rabattarzneimittel abgegeben hatte. Das geschah möglicherweise, weil das rabattierte Präparat nicht verfügbar war, ein entsprechender Vermerk auf dem Rezept aber unterblieb. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) und die Techniker Krankenkasse schlossen Anfang 2009 eine Musterstreitvereinbarung, um zu klären, ob und wie viel Vergütung die Apotheke in einem solchen Fall erhält. Im Juli 2003 fiel die Entscheidung vor dem Bundessozialgericht: Krankenkassen dürfen Apotheken, die ohne weitere Angabe von Gründen und trotz bestehenden Rabattvertrages nicht das Rabattarzneimittel, sondern ein anderes Präparat abgeben, auf Null retaxieren. Davon unberührt blieben Fälle, in denen der Arzt selber durch Ankreuzen des Aut-idem-Feldes einen Austausch ausgeschlossen hat oder die Apotheke gut begründete pharmazeutische Bedenken dokumentiert hat. Dennoch ist die Entscheidung für die Apotheken ein Schlag – schließlich haben sie die Versicherten ordnungsgemäß versorgt, doch nicht einmal den Preis des Rabattarzneimittels sollen sie dafür bekommen.

Original versus Import und das Aut-idem-Kreuz

Ein weiterer Spezial-Fall, der Aufsehen erregte, ist die Frage wie bei einer Original/Import-Verordnung mit gesetztem Aut-idem-Kreuz bei Bestehen eines Rabattvertrags umzugehen ist. Eigentlich bestand – und besteht – die Meinung, dass Original und Import das gleiche Arzneimittel sind – und eben nicht nur wirkstoffgleich wie Original und Generikum. Ein Rabattvertrag gehe daher dem Aut-idem-Kreuz vor. Doch es gibt Gerichte, die dies anders sehen, wenngleich eine höchstrichterliche Entscheidung noch aussteht. Nach dem im vergangenen Jahr überarbeiteten Rahmenvertrag zwischen GKV-Spitzenverband und DAV sollte aber eigentlich klar sein: Rabattvertrag schlägt Aut-idem-Kreuz. 

AOK-Erfahrungen mit Metoprolol und Metformin

Ein weiteres Ärgernis in den Apotheken waren und sind immer wieder auftretende Lieferausfälle von Herstellern. Vielen Apothekern dürfte etwa noch das Jahr 2011 in Erinnerung sein, als der AOK-Rabattartikel für Metoprololsuccinat von betapharm zum Start der Verträge noch gar nicht im Markt war – der Hersteller erklärte dies mit dem späten Zuschlag. Der Vertrag wurde später vorzeitig aufgelöst. 2012 kündigte die AOK den Vertrag für Metformin mit der Firma Dexcel wegen anhaltender Lieferengpässe. Der Metoprolol-Fall hatte vor allem deswegen für Aufsehen gesorgt, weil Apotheken das Rabattpräparat trotzdem abgerechnet hatten, worauf die AOK den betreffenden Apothekern Strafen und Anzeigen wegen des Verdachts auf Abrechnungsbetrug bei der Staatsanwaltschaft androhte. Aber auch abseits solch spektakulärer Fälle haben Apotheken auch heute noch immer wieder mit Lieferproblemen bei Rabattvertrags-Arzneimitteln zu tun. Nichtsdestotrotz setzen vor allem die AOKen weiterhin vornehmlich auf Einzelverträge mit Herstellern, auch wenn sie seit einiger Zeit für bestimmte Wirkstoffe schon auf das Mehrpartner-Modell umgestiegen sind. Kann ein Hersteller nicht liefern drohen ihm Vertragsstrafen und Schadenersatzforderungen. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Rabatverträge motivieren uns alle!?

von Orhon am 05.04.2017 um 4:13 Uhr

Ich kann mir vorstellen wieviele nicht in Existenznot lebende angestellte Kolleginnen/gen aus diesem Grund nicht mehr in der deutschen Apotheken arbeiten möchten oder können.
Die um ihre Existenzkampf kämpfen müßen, um wieviel Fache der gegenüber anderer Berufe verglichen wegen dieser Sinnlosigkeit,im täglichen Praxis ausbrennen.Das ist das pharmazeutische deutsche Reich heute,das viele Länder unüberlegt diese nachmachen würden.Die Türkei vertraute blind an allen technischen Entwicklungen der BRD,wollte ähnliche Rabatverträge einführen,wurde durch großer Wiederstand der Mediziner und Apotheker gehindert.Was alles in der BRD erfunden wird ist auch kein Gold.Es ist seh sehr taurig für die Patienten und Apothekenmitarbeter/innen in diesem Deutschland heute.Das dagegen kein Wiederstand von Gesätzgebern kommt ist sehr erstaunlich und naiv?

Barbaros Orhon,Löningen

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