Neuer Ansatz für Dimethylfumarat

MS-Arzneimittel kann verletzte Nerven heilen

Düsseldorf / Essen - 03.04.2017, 07:05 Uhr

 Bei Multipler Sklerose kommt es durch immunvermittelte Entzündungen zum Verlust der Myelinisierung im ZNS. In Tierversuchen zeigte sich: Dimethylfumarat kann motorische Nerven reparieren. (Foto: AG visuell / Fotolia)

 Bei Multipler Sklerose kommt es durch immunvermittelte Entzündungen zum Verlust der Myelinisierung im ZNS. In Tierversuchen zeigte sich: Dimethylfumarat kann motorische Nerven reparieren. (Foto: AG visuell / Fotolia)


DMF verbessert Startbedingungen der Nervenregeneration

An der Stelle kommen dann die neuroprotektiven und entzündungshemmenden Eigenschaften des Wirkstoffs DMF zum Tragen. „DMF fungiert als Aktivator des sogenannten nrf2-Transkriptionsfaktors, welcher die Expression einer Vielzahl von zellschützenden und anti-entzündlichen Faktoren steuern kann“, sagt Szepanowski. Dabei vermuten die Forscher, dass der Wirkstoff über diesen Signalweg, der unter anderem anti-oxidative Proteine induziert, die Schäden am verletzten Nerven reduziert. „Es verbessert damit wohl die Startbedingungen der Nervenregeneration“, erklärt Stettner.

Im Mäusemodell wurden die Versuchstiere bis zum neunten Tag nach Beibringung der Verletzung mit DMF behandelt, also im Zeitraum der Waller’schen Degeneration. Eine deutliche Verbesserung der Mobilität der Mäuse habe man dann erst nach 21 Tagen bei den behandelten Mäusen im Vergleich zu Mäusen ohne DMF-Gabe sehen können. Damit habe DMF einen nachhaltigen heilenden Effekt auf die verletzten Nerven, der auch ohne weitere Gabe von DMF erhalten bleibt, schließen die Forscher.

Bislang nur Wirkung bei Verletzung motorischer Nerven untersucht

Mit dem verwendeten Modell des „Sciatic Nerve Crush“ habe man nur die Auswirkungen der Wirkstoffgabe auf eine Verletzung motorischer Nerven untersuchen können. „Aufgrund der Ähnlichkeit von motorischen und sensiblen Nerven wäre eine Wirksamkeit bei sensiblen Nerven aber zumindest zu diskutieren“, sagt der Biologe. DMF könnte somit auf seine Wirkung bei neuropathischen Schmerzen nach einer Nerven-Verletzung getestet werden.

Auch bei der vollständigen Durchtrennung von Nerven könnte DMF wirksam sein. „Die vollständige Durchtrennung eines Nervs unterscheidet sich aber von der untersuchten Quetschverletzung. Nach einer Durchtrennung ist in der Regel zunächst eine chirurgische Rekonstruktion des Nervs erforderlich“, sagt Stettner. Sollte es anschließend zu einem Wiederauswachsen der Axone kommen, sei es zumindest vorstellbar, dass DMF den Regenerationsprozess unterstützen könnte oder degenerative Prozesse verhindere. „Allerdings ist das bislang rein spekulativ und erfordert weitere Studien, bevor eine klare Aussage getroffen werden kann“, sagt der Mediziner.

„Unsere weitere Forschung wird sich neben DMF auch mit den zellulären und molekularen Mechanismen befassen, die dem regenerativen Effet zugrunde liegen“, erklärt Szepanowski. Zudem seien in den vergangenen Jahren einige natürlich vorkommenden Substanzen identifiziert worden, die vermutlich genau diese Mechanismen adressieren könnten. „Es könnte also lohnenswert sein, sich einige dieser Substanzen im Kontext der Nervenregeneration einmal genauer anzuschauen.“



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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