Diapharm

Pharma-Dienstleister setzt auf hohen Beratungsbedarf

Münster - 21.03.2017, 11:05 Uhr

Der Chef-Berater: Nach einem Studium der Pharmazie liebäugelte Ralf Sibbings (46) zunächst mit einem Job in der Apotheke. (Bild: Diapharm)

Der Chef-Berater: Nach einem Studium der Pharmazie liebäugelte Ralf Sibbings (46) zunächst mit einem Job in der Apotheke. (Bild: Diapharm)


Als Geschäftsführer des Münsteraner Pharma-Beraters Diapharm steuert der Pharmazeut Ralf Sibbing das Unternehmen auf einem nachhaltigen Wachstumskurs. Das soll auch künftig so weitergehen, denn der Bedarf der Branche an externer Unterstützung ist groß. 

Ralf Sibbings (46) Laufbahn ist anders verlaufen als geplant. Nach seinem Studium der Pharmazie hatte er eigentlich mit einem Job in einer Apotheke geliebäugelt. Stattdessen wurde er ein Diapharm-Gewächs, wie er es selbst nennt: „Die Beratung hat mich fasziniert“, sagt Sibbing, mit Diapharm sah er schon zu seinen Anfangszeiten vor 21 Jahren eine „erhebliche Wachstumschance“. Offenbar lag er richtig. Damals zählte das Unternehmen 15 Mitarbeiter, heute sind es über 100.

Diapharms Wachstum basiert auf dem ausgeprägten Bedarf der Pharmaindustrie an externer Expertise und Unterstützung. Neben seinen bestehenden Standorten in Münster, Oldenburg, Lübeck, Wien und Schanghai (China) wird das auf den OTC-Bereich und pflanzliche Arzneimittel spezialisierte Unternehmen demnächst zwei weitere hinzufügen: In Frankfurt und im niederländischen Breda. „Unsere Mitarbeiter dort werden sich vor allem um Qualitätsmanagement und Verantwortung für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie strategisches Consulting für die Gesundheitsmittelindustrie kümmern“, sagt Sibbing. In diesen Bereichen will Diapharm in Frankfurt weitere Pharmazeuten und sachkundige Personen neu einstellen.

Zugleich teilt Sibbing mit, „in Kürze“ im niederländischen Breda gemeinsam mit einem Partner einen neuen Standort eröffnen zu wollen. Von dort sollen insbesondere Pharmakunden in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg betreut werden. 

Marktführer bei OTC und pflanzlichen Produkten

Diapharm berät und begleitet seit knapp 30 Jahren europäische Unternehmen aus der Pharmazie und Gesundheitsindustrie bei der Entwicklung, Zulassung und Qualitätssicherung von Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten. Dabei sieht Sibbing das familiengeführte Unternehmen insbesondere im Bereich OTC und pflanzliche Produkte als Marktführer. In Deutschland gäbe es kein Beratungsunternehmen, das den gleichen Fokus habe, in Europa wisse er lediglich von einer Handvoll weiterer ähnlich ausgerichteter Beratungsfirmen.

Das spiegelt sich auch in den Geschäftszahlen wider: 75 bis etwa 80 Prozent des Umsatzes von 20 Millionen Euro entfielen 2016 laut Sibbing auf den Bereich OTC und pflanzliche Produkte, der Rest auf Dienstleistungen für die innovative Pharmaindustrie. Bei diesen Zahlen soll es nicht bleiben: „Wir wollen unseren Umsatz jährlich im zweistelligen Prozentbereich steigern. Wir peilen an, in zehn Jahren mindestens drei Mal so viel zu erlösen wie heute“, sagt Sibbing.

Die Ursachen für den ausgeprägten Beratungsbedarf der Pharmaunternehmen und Gesundheitsindustrie seien vielfältig. So sind OTC-Unternehmen laut Sibbing oft klassische Vertriebsunternehmen ohne eigene Produktion und suchen deshalb in diesem Bereich Unterstützung. Außerdem seien OTC-Firmen oftmals schlanke Strukturen wichtig und sie verfügten nicht über die Kapazitäten, um Aktivitäten außerhalb ihrer Kernaufgaben zu übernehmen. Auch der hohe regulatorische Druck und gestiegene Sicherheitsanforderungen spielten dem Beratungsunternehmen in die Hände. Vor allem kleineren Unternehmen fällt es nach der Erfahrung Sibbings schwer, da mitzuhalten. Diesen Bedarf an externer Unterstützung fasst er in eine klare Zahl: Derzeit seien in Europa rund 31 Millionen Arzneimittelpackungen auf dem Markt, die von Diapharm freigegeben worden sind.

Analytik-Labor gehörte einst Boehringer Ingelheim

Insbesondere im OTC-Bereich sieht Sibbing weiterhin Chancen. So hätten einige innovative Unternehmen diesen Bereich in der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt und würden das Geschäft mit der Selbstmedikation nun stärken. Dabei komme dem Segment zugute, dass es nicht von Erstattungsfragen abhängig sei. Allerdings räumt Sibbing ein, dass Innovationen in diesem Bereich schwierig seien. Wenn, dann laufe es eher auf kleine Neuerungen wie eine andere Verpackung oder Darreichungsform hinaus. Auch der Einzug digitalisierter Produkte in die Medizin bringe neue Geschäftsmöglichkeiten und damit Bedarf an Beratung mit sich. 

Entwicklung eigener Produkte

Neben dem Beratungsgeschäft leistet sich Diapharm auch eine eigene Entwicklungsabteilung. Die trägt den Namen red otc development und geht auf ein Analytik-Labor der einst zu Boehringer Ingelheim gehörenden Planta Subtil GmbH in Oldenburg zurück, welches Diapharm 1995 übernahm. Die Tochtergesellschaft red otc development entwickelt OTC-Arzneimittel und verwandte Healthcare-Produkte und wird ihren Platz künftig ebenfalls am neuen Frankfurter Standort haben.

Insgesamt hat Diapharm bislang rund 550 Eigenentwicklungen hervorgebracht. Dabei handelt es sich zum einen um pflanzliche OTC-Arzneimittel, aber auch um chemisch hergestellte Produkte wie Hydrocortison Creme oder die Kombination Ibuprofen plus Pseudoephedrin. Daneben entwickelt Diapharm laut Sibbing im Kundenauftrag Medizinprodukte, kosmetische Produkte und Nahrungsergänzungsmittel.     

Auswirkungen des Brexit abwarten 

Das Wachstum stellt den Pharma-Berater aber auch vor Probleme, vor allem bei der Rekrutierung neuen Personals. Die Kompetenzen und Spezialisten, die Diapharm suche, seien am Markt nur eingeschränkt verfügbar. Zudem könne das Beratungsunternehmen mit den Gehältern der pharmazeutischen Großindustrie nicht mithalten. Andererseits weiß Sibbing: Geld ist nicht alles. Er lockt mit viel Eigenverantwortung für Projekte und einer breit angelegten Tätigkeit.   

Die Arbeit dürfte jedenfalls nicht ausgehen – Stichwort Wachstum. So schließt der Diapharm-Geschäftsführer einen Zukauf nicht aus. Auch die Internationalisierung soll weiter vorangetrieben werden. Nachdem sich die bisherigen Erwartungen in Großbritannien nicht erfüllt haben, will er nun die Auswirkungen des Brexit abwarten und dann die Aktivitäten auf der Insel neu ausrichten. Und auch in Richtung USA, wo das Unternehmen bislang noch nicht vertreten ist, wirft Sibbing gelegentlich einen Blick.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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