Herz-Kreislauf-Prävention

Kombinationstherapie oder lieber Einzelwirkstoffe?

Remagen - 17.03.2017, 09:30 Uhr

Besser eine gegen Alles oder viele Einzelwirkstoffe? Dieser Frage ging ein Cochrane-Review nach. (Foto: Sport Moments / Fotolia)

Besser eine gegen Alles oder viele Einzelwirkstoffe? Dieser Frage ging ein Cochrane-Review nach. (Foto: Sport Moments / Fotolia)


Sind fixe Kombinationen aus  Blutdruck- und Cholesterin-senkenden Mitteln und einer gerinnungshemmende Behandlung zur Vorbeugung von kardiovaskulären Ereignissen besser als alles einzeln zu nehmen? Dieser Frage geht ein aktualisierter Cochrane-Review auf den Grund.

Atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen (ASCVD) einschließlich Herzinfarkt und Schlaganfall sind weltweit die häufigste Ursache für Tod und Behinderung. Trotzdem hapert es nach wie vor an der Kontrolle der Risikofaktoren und der Sekundärprävention. Es gilt als erwiesen, dass die medikamentöse Therapie mit Blutdruck- und Cholesterinsenkenden Mitteln, vor allem mit Statinen, die Wahrscheinlichkeit für ein tödliches oder nicht-tödliches kardiovaskuläres Ereignis verringert. Außerdem weiß man, dass Acetylsalicylsäure Herzinfarkten, bestimmten Schlaganfällen und Tod bei Menschen mit bestehender CVD vorbeugen kann. Ein aktualisierter Cochrane-Review geht der Frage nach, ob fixe Kombinationen mehr bringen als alles einzeln zu geben.

Der Review bewertet die Datenlage zu den Wirkungen von Kombinationstherapien mit festgelegter Dosierung im Rahmen der Prävention auf die Gesamtmortalität, die tödlichen und nicht-tödlichen ASCVD-Ereignisse, unerwünschte Ereignisse, Blutdruck und Lipide, Abbruchraten, Lebensqualität und Kosten. In die Bewertung aufgenommen wurden randomisierte kontrollierte Studien mit einer Fixdosis-Kombitherapie mit mindestens einer blutdruck- und einer lipidsenkenden Komponente im Vergleich zur Standardtherapie, Placebo oder einem Wirkstoff-Komparator für jedwede Behandlungsdauer bei Erwachsenen, unabhängig davon, ob bereits atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen vorlagen oder nicht

13 Studien bewertet

In den Vorläufer-Review aus dem Jahr 2014 waren neun randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 7047 Teilnehmern einbezogen, die fixe Kombinationstherapien mit zwei- bis fünf-Komponenten mit Placebo, Medikamente mit Einzelwirkstoffen oder Standardtherapie verglichen. Für das Update wurden vier zusätzliche Studien gefunden (2012 Teilnehmer; mittleres Alter 62 bis 63 Jahre). Acht der 13 Studien evaluierte die Auswirkungen der Fixdosis-Kombinationstherapie (FDC) in Populationen ohne vorherige ASCVD. Das mediane Follow-up lag zwischen sechs Wochen und 23 Monaten. Die neuere Studien waren in der Regel größer und hatten ein längeres Follow-up sowie ein geringeres Bias-Risiko.  

Blutdruck und Lipide gehen runter. Mortalität auch? 

Im Vergleich mit Placebo, Standardtherapie oder Medikamenten mit einem einzelnen Wirkstoff waren die Auswirkungen der Fixdosis-Kombinationsbehandlung auf die Mortalität (FDC = 1.0 Prozent versus Kontrolle = 1.0 Prozent, 5 Studien mit 5300 Teilnehmern) und tödliche und nicht tödliche ASCVD-Ereignisse (FDC = 4.7 Prozent versus Kontrolle = 3.7 Prozent, 6 Studien mit 4517 Teilnehmern) unsicher (Evidenz von geringer Qualität). Allerdings waren die Ereignisraten für diese Endpunkte relativ niedrig, nur zwei von neun Studien berichtet diese Endpunkte. Da sie außerdem ein hohes Risiko für Bias hatten, sollten die Ergebnisse mit Vorsicht betrachtet werden, meinen die Cochrane-Reviewer.

Die Kombinationstherapie mit festgelegter Dosierung war mit einem niedrigeren mittleren systolischen Blutdruck -6.34 mmHg (13 Studien, 7638 Teilnehmer, Evidenz von moderater Qualität) assoziiert. Die mittleren Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppen lagen für Gesamtcholesterin bei -0.61 mmol/L (11 Studien, 6565 Teilnehmer, Evidenz von niedriger Qualität) und für LDL-Cholesterin bei -0.70 Mmol/L (12 Studien, 7153 Teilnehmer, jeweils Evidenz mit moderater Qualität). Die Autoren sprechen jedoch von einer hohen statistischen Heterogenität, die sie sich nicht erklären konnten. Auch hier mahnen sie deshalb, die Befunde nicht über zu bewerten.  

Unerwünschte Ereignisse waren sowohl in der Interventions- (32 Prozent) als auch in den Vergleichsgruppen (27 Prozent) häufig. Besser schnitt der Fixdosis-Kombinationstherapie hinsichtlich der Adhärenz ab, allerdings brachen von 1000 Patienten unter der Kombinationstherapie 140 die Behandlung ab, gegenüber 115 Patienten unter Placebo. Die Wirkungen auf die Lebensqualität waren unklar, und Daten zu Kosten wurden nicht berichtet. 

Studien untersuchten im wesentlichen die Risikofaktoren

Die Cochrane-Reviewer ziehen aus der Datenlage den Schluss, dass die Auswirkungen einer Fixdosis-Kombinationstherapie auf die Gesamtmortalität oder atherosklerotische kardiovaskuläre Ereignisse ungewiss sind. Eine begrenzte Anzahl von Studien berichte entsprechende Ergebnisse, aber die einbezogenen Studien seien eher darauf ausgerichtet gewesen, Unterscheide bei den ASCVD-Risikofaktoren zu beobachten als Änderungen bei den klinischen Ereignissen. Ob kurzfristige Änderungen der Risikofaktoren von Dauer sind und ob sie tatsächlich zu Unterscheiden bei den klinische Ereignissen führen, könnten laufende, längerfristige Studien mit Fixdosis-Dosis Kombinationstherapien zeigen.

Bahiru E, de Cates AN, Farr MR, Jarvis MC, Palla M, Rees K, Ebrahim S, Huffman MD. Fixed-dose combination therapy for the prevention of atherosclerotic cardiovascular diseases. Cochrane Database Syst Rev. 2017 Mar 6;3:CD009868. doi:10.1002/14651858.CD009868.pub3. [Epub ahead of print] Review. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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