ABDA-Unterschriftenaktion

Apotheker attackieren SPD-Politiker mit fragwürdigen Brandbriefen

Berlin - 14.03.2017, 12:45 Uhr

Fragwürdige PR-Aktion: Zahlreiche Apotheker aus Mecklenburg-Vorpommern haben in den vergangenen Tagen einen Brandbrief an die SPD-Gesundheitspolitiker Sabine Dittmar und Edgar Franke geschickt, in denen sie teilweise fehlerhaft für das Rx-Versandverbot werben. (Foto: dpa)

Fragwürdige PR-Aktion: Zahlreiche Apotheker aus Mecklenburg-Vorpommern haben in den vergangenen Tagen einen Brandbrief an die SPD-Gesundheitspolitiker Sabine Dittmar und Edgar Franke geschickt, in denen sie teilweise fehlerhaft für das Rx-Versandverbot werben. (Foto: dpa)


Die Bundestagsabgeordneten der SPD bekommen derzeit massenweise Briefe von Apothekern. In den Schreiben weisen die Pharmazeuten die Versandverbots-Kritiker darauf hin, dass im Rahmen der ABDA-Unterschriftenaktion hunderte von Kunden pro Apotheke unterschrieben haben. Dabei machen die Apotheker aber mehrere Fehler.*

In den vergangenen Tagen sind in den beiden Bundestagsbüros der SPD-Abgeordneten Sabine Dittmar und Edgar Franke zahlreiche Briefe von Apothekern eingetroffen. Am heutigen Dienstag weitete sich die Brief-Aktion dann auf die gesamte SPD-Bundestagsfraktion aus. Inzwischen bekommeb Abgeordnete aus allen Ausschüssen Post von Apothekern. In den Briefen fordern die Apotheker die SPD-Politiker dazu auf, dem vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Rx-Versandverbot zuzustimmen. Dass der Brief nur an SPD-Politiker geht, dürfte daran liegen, dass die Fraktion der Sozialdemokraten vehement gegen das Verbot protestiert. Die beiden Gesundheitsexperten Edgar Franke und Sabine Dittmar hatten einen Vorschlag präsentiert, in dem sie den Rx-Versand erhalten, Boni bis zu einer Bagatellgrenze von einem Euro für alle Apotheker erlauben und das Apothekenhonorar umstellen wollen. Zuletzt hatten auch die beiden Abgeordneten-Gruppen Seeheimer Kreis und Parlamentarische Linke gemeinsam mitgeteilt, dass sie den Versandhandel erhalten wollen.

Auslöser für die Briefe an die SPD-Abgeordneten war offenbar die Postkarten-Aktion von DocMorris. Fälschlicherweise gehen die Pharmazeuten offenbar davon aus, dass auch Franke und Dittmar mit DocMorris-Karten zugeschüttet wurden. Denn sie schreiben: „Sehr geehrte Frau Dittmar, sicher haben Sie eine große Zahl von Postkarten von Nutzern von DocMorris erhalten. Darin wird man Sie bitten, gegen das geplante Rx-Versandverbot zu stimmen.“ Was die Apotheker offenbar nicht wussten: DocMorris hatte seine Postkarten-Aktion ausschließlich an Abgeordnete der Unionsfraktion gerichtet, weil CDU/CSU das Verbot durchsetzen wollen. SPD-Politiker erhielten keine Briefe von DocMorris.

Falsche Angaben zur Unterschriftenaktion

Doch das ist nicht der einzige Fehler, den die Apotheker in ihrem Schreiben machen. Sie weisen zudem auf die Unterschriftenaktion der ABDA hin, die vor etwa zwei Wochen endete. Zur Erinnerung: Die ABDA hatte Ende 2016 eine groß angelegte Unterschriftenaktion in den Apotheken gestartet. Die Kunden sollten sich darin für den Erhalt der Apotheke vor Ort aussprechen. Ohne konkret zu werden, warnte die ABDA auf Info-Flyern vor „Gefahren von außen“.

Die Apotheker geben in ihren Briefen an Dittmar/Franke nun an, wie viele Menschen im Februar unterschrieben haben. Dabei fällt auf, dass sie den Fokus der Umfrage offenbar nicht verstanden haben. Im Brief heißt es: „xxx Patienten haben allein in meiner Apotheke das sofortige Rx-Versandhandelsverbot gefordert!“ Das ist falsch. Die ABDA hatte auf einer Pressekonferenz vor dem Start der Aktion explizit mitgeteilt, dass man auf konkrete politische Forderungen verzichten wolle. Auch die für Kunden ausgelegten Informationen und die Unterschriftenlisten enthielten gar keine Hinweise auf die aktuelle politische Forderung der ABDA. Hinzu kommt, dass die ABDA die Ergebnisse der Unterschriftenaktion am morgigen Mittwoch für das gesamte Bundesgebiet in einer groß angelegten PR-Aktion vorstellen will. Sicherlich dürfte man in Berlin nicht damit zufrieden sein, dass nun schon vorab Zahlen dazu nach außen dringen.

Hat die Apothekerkammer die Aktion inszeniert?

Im restlichen Schreiben weisen die Apotheker zudem darauf hin, welche Gefahren ein Wegfall der Preisbindung haben könnte. Nur die „staatliche Preisvorgabe“ ermögliche es den Pharmazeuten, ihre „vielfältigen kostenintensiven Aufgaben“ wahrzunehmen. Zu diesen Aufgaben gehören den Verfassern zufolge unter anderem der Nacht- und Notdienst, das Aufdecken von Arzneimittelfälschungen und die Landversorgung, etwa durch Rezeptsammelstellen und Botendienste.

Versteckt ist auch eine kleine, politische Drohung in Richtung SPD: „Soll ich Ihren potentiellen Wählern sagen, dass Sie wegen eines kleinen Teils der Verbraucher zulassen, unser bewährtes Gesundheitssystem aufs Spiel zu setzen, mit unkontrollierten Folgen?“, heißt es in dem Musterbrief, der von allen Apotheken wortgleich an die beiden MdB-Büros ging.

Wer hinter dieser Aktion steckt, ist nicht ganz klar. Auffällig und interessant ist, dass die Briefe bis auf sehr wenige Ausnahmen allesamt aus dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern kommen. Spricht man die beteiligten Apotheker an, hört man immer wieder, dass die dortige Apothekerkammer den Vordruck an die Mitglieder geschickt habe. In der Kammer selbst war am heutigen Dienstag aber niemand für ein Statement erreichbar. 

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* Hinweis der Redaktion: Ursprünglich hatte es in dem Artikel geheißen, dass nur Edgar Franke und Sabine Dittmar die Schreiben der Apotheker erhalten haben. Inzwischen hat sich aber herausgestellt, dass zahlreiche Abgeordnetenbüros in der SPD-Bundestagsfraktion solche Post bekommen haben.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

SPD zu sensibel ?

von Ratatosk am 15.03.2017 um 11:01 Uhr

Es geht um die Existenz großer Teile der Landversorgung. Die Herrschaften die dies zugunsten der Konzerne zerstören wollen, wissen schon ganz genau um was es geht. Mögen evt. mal Formulierungen unklar sein oder kräftig, Argumente und sachliche Hinweise prallen an denen offensichtlich ab, also hier nicht zu sehr auf Prinzesschen auf der Erbse machen, diese Leute möchten vernichten , nicht wir.

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