Stellungnahme zum Rx-Versandverbot

AOK will mit Versandapotheken die Versorgung gestalten

Berlin - 14.03.2017, 07:00 Uhr

Klare Meinung: Der AOK-Bundesverband widerspricht dem vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Rx-Versandverbot. Aus Sicht des Kassenverbandes gibt es keine Gründe für ein solches Verbot, vielmehr wollen die AOKen Selektivverträge mit den Versandapotheken abschließen. (Foto: Sket)

Klare Meinung: Der AOK-Bundesverband widerspricht dem vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Rx-Versandverbot. Aus Sicht des Kassenverbandes gibt es keine Gründe für ein solches Verbot, vielmehr wollen die AOKen Selektivverträge mit den Versandapotheken abschließen. (Foto: Sket)


Der AOK-Bundesverband widerspricht dem Rx-Versandverbot vehement. In seiner Stellungnahme zu dem vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegten Referentenentwurf malt die AOK das Bild einer Apotheken-Versorgung, wie es den Krankenkasse gefallen würde: Das Apothekenhonorar würde in ein Höchstpreismodell verwandelt und die Kassen würden Selektivverträge mit Versandapotheken abschließen.

Bis zum kommenden Mittwoch, also noch zwei Tage, haben die Fachverbände im Gesundheitswesen Zeit, den Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zum Rx-Versandverbot zu kommentieren. Als einer der ersten Verbände hatte der GKV-Spitzenverband in der vergangenen Woche seine Position dargestellt: Der Kassenverband ist strikt gegen ein Verbot. Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes können die Versandapotheken dabei helfen, die Landversorgung zu sichern.

Auch der AOK-Bundesverband hat nun seine Stellungnahme abgeschickt und will die vom BMG vorgeschlagenen Regelungen streichen. Aus Sicht des AOK-Verbandes ist es fraglich, ob das Rx-Versandverbot „nach zwölf Jahren gelebtem Versandhandel“ überhaupt europarechtskonform durchgesetzt werden könne. So wie die Kollegen vom GKV-Spitzenverband meinen auch die AOK’ler, dass die rückgängige Apothekenzahl nicht auf den Versandhandel zurückzuführen sei, sondern vielmehr durch „Konzentrationsprozesse“ erklärt werden könne. Ohnehin sei die Apothekendichte in Deutschland mit Blick auf den EU-Vergleich noch „hinreichend“.

Der AOK-Bundesverband weist auch darauf hin, dass das Verbot aus Kassensicht in- und ausländische Versandapotheken benachteiligen würde. „Wird den Versandapotheken die Berechtigung des Rx-Versandes genommen, wird folglich einer Vielzahl von deutschen (Versand-) Apotheken ein zusätzlicher und den wenigen ausländischen Versandapotheken der einzige Vertriebsweg genommen“, heißt es in dem Dokument, das der AOK-Bundesverband ans BMG geschickt hat. Außerdem sei das Versandverbot nicht zeitgemäß und werde vom BMG noch dazu nicht ausreichend gut begründet.

Höchstpreise und Selektivverträge mit Versandapotheken

Anders als der GKV-Spitzenverband legt der AOK-Bundesverband ein Alternativmodell zum Apothekenmarkt vor. Demnach soll die Arzneimittelpreisverordnung in ein Höchstpreismodell umgestaltet werden, unter Beibehaltung des einheitlichen Herstellerabgabepreises. Das Ziel der AOK ist klar: „Sowohl in- wie auch ausländische Versandapotheken haben erkennen lassen, dass für diesen Vertriebsweg Wirtschaftlichkeitsreserven bestehen.“

Um diese Reserven zu heben, sollen die Krankenkassen nach der Vorstellung des Kassenverbandes Direktverträge mit den Versandapotheken abschließen, „analog zu den Verträgen mit Krankenhausapotheken“, erklärt der AOK-Bundesverband. Offenbar sieht die AOK nicht nur finanzielle Anreize in der Zusammenarbeit mit den Versendern, sondern auch Vorteile für die Versorgung. Denn in den Verträgen mit den Versandapotheken könnten laut Kassenverband auch „Vereinbarungen über zusätzliche Angebote und pharmazeutische Dienstleistungen zur Stärkung einer qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung für die Versicherten treffen“.

Die dadurch erzielten Einsparungen sollten „größtenteils“ der Versichertengemeinschaft zu Gute kommen. Trotzdem will die AOK die Rx-Boni deckeln. Diesen „Boni-Deckel“ begründet der AOK-Verband mit dem Patientenschutz. Es müssten „Fehlanreize“ vermieden werden, die zu einer erhöhten Arzneimittelinanspruchnahme führen könnten. Wie hoch diese Grenze aus AOK-Sicht sein sollte, verrät der Verband allerdings nicht. Nur so viel: Direkte Rabatte für Versicherte sollten eine „marginale“ Höhe nicht überschreiten.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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10 Kommentare

Selektivverträge

von Horst Wycisk am 14.03.2017 um 17:23 Uhr

Mal ganz naiv gefragt:
Wie wäre es, wenn wir dann AOK-Versicherte selektiv nicht beliefern und an die so wunderbar digitalen Versender verweisen?
Bei solch aggressiven Hirngespinsten von Kassenfunktionären kann es doch keinen Einbahnstraßen -Verkehr geben!

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Arzneimitteldumpingversuche der KKassen

von Heiko Barz am 14.03.2017 um 11:46 Uhr

Weil sie überhaupt keinen Gegenwind unserer Verbände erfahren und zu fürchten haben, gebärden sich die vertragsverachtenden KK derzeit gnadenlos wie John Wayne im Western oder wie die gierigen Massen beim Goldrausch am Klondike River.
Auch die KK haben doch Leute, die die derzeitigen absolut unverantwortlichen Aktionen analysieren können.
Was wird beim Supergau denn passieren?
Wer übernimmt dann die von uns gesetzlich geforderte Pflicht, zu jedem Zeitpunkt, tags und nachts Medikamente liefern zu müssen.
By the way, die von uns gesetzlich geforderte Beratung, welche mit 8,35€ großzügigst entlohnt wird,( die Abgaben und Steuern möchte ich hier unerwähnt lassen ) ist eine rein geistige Leistung. Ich habe noch nicht feststellen können, dass irgend eine geistige Leistung rabattiert worden ist, wie z.B. Bei Waren und Gütern.
Friedemann Sch. hat sich zwar neulich bei einem Landesverbandstag wie üblich zu diesem Thema geäußert, die Statements kennen Wir alle, nur " Stern, Spiegel, Focus, etc " mißachten jedes 'Pro-Apotheker' Argument und lassen sich auch keineswegs von redaktionsbefohlenen Falschmeldungen wider besseren Wissens abbringen.
Der Leser, (welche soziale Schicht liest eigentlich diese 'Magazine') soll von der Überflüssigkeit der Deutschen Standartapotheke überzeugt und hingeführt werden zur unkontrollierten, beratungsfreien Billigarznei von steuerunwilligen Auslandsversendern, angewiesen durch Dr. Ed.
Was diese Schreiberlinge da zerstören, erkennen sie erst, wenn ihre Lieben mal ein akutes Arzneimittel brauchen und Amazon, Lieferando und Co. erst Tage später liefern werden.
Der wichtigste in diesem Zusammenhang bemerkbare Medienauftritt unseres "Stammesführers" F.Sch. war dann auch das Schaufelschwingen: - Ein Loch im Berliner Boden für das neue Schloss - die Apothekerzentrale -. Endlich!!!

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Populistisch verdreht

von Bernd Jas am 14.03.2017 um 11:00 Uhr

Wie verschroben kann eine Argumentation sein:
"Der AOK-Bundesverband weist auch darauf hin, dass das Verbot aus Kassensicht in- und ausländische Versandapotheken benachteiligen würde."
Welche Benachteiligungen im Falle der Aufrechterhaltung des RX-Versandhandels eintreten und vernichtend diese wirken, interessiert anscheinend nicht.
Ich interpretiere dieses Kooperationsbestreben der AOK mit den Versendern als Provokation, nicht überdachte Gängelei aus niederen Beweggründen und Kampfansage.

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eine Hand wäscht die andere

von Karl Friedrich Müller am 14.03.2017 um 9:54 Uhr

für mich sind KK und SPD sowie Grüne in höchstem Maß korrupt.
Anders lässt sich alles nicht erklären
In der SZ vom Samstag stand ein Artikel über die "Nebeneinkünfte" von hohen Richtern beim BGH, Bundesfinanzhof usw. Bis 1,7 Mio€ !!!
Es würde überwacht, dass keine Interessenskonflikte entstünden.
Da lachen die Hühner.
Der Staat ist Beute der Konzerne

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der Schwachsinn treibt mich in den Wahnsinn

von Karl Friedrich Müller am 14.03.2017 um 9:07 Uhr

um wenige, meist ausländische, Versandapotheken zu unterstützen, lässt man tausende inländische Apotheken über die Klinge springen.
Vernichtet tausende von Arbeitsplätzen in Inland, die übrigen werden Billigjobs, Steuern sinken.
weil sich die KK einbilden, noch ein paar Euro abgreifen zu müssen.
das ist krank, dumm, zum Nachteil der Versicherten. Es ist NUR schädlich.
AOK: auflösen! Chefs absetzen. GKV Spitzenverband absetzen. Sollen mal alle von Hartz 4 leben!
Wieviel Schwachsinn dürfen solche Leute NOCH produzieren??? Ohne Konsequenzen?

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Kassen greifen Patientenrechte an

von Friedemann Ahlmeyer am 14.03.2017 um 9:05 Uhr

Jetzt ist es offenbar: Die Kassen wollen dem Patienten die freie Wahl der Apotheke entziehen. Rx-Versand ist nur der Türöffner dazu. Über Selektivverträge werden die Patienten großen Einheiten zugeschoben. Mangels persönlichen Kontakts tritt eine zunehmende Entfremdung ein, die Patienten haben keine Person mehr an ihrer Seite, die ihr Unbehagen oder tatsächliche Mängel ihrer medikamentösen Versorgung in Worte fassen kann. Geübt haben die Kassen das bei Inkontinenzartikeln. Für die öffentliche Apotheke bedeutet das: In ein paar Jahren sind wir tot. Und der Patient kann sich schon mal auf eine miserable Versorgung einstellen. Und bei den Kassen ist niemand verantwortlich, siehe Inkontinenz.

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Wirtschaftlichkeitsreserven

von Christian Springob am 14.03.2017 um 8:54 Uhr

Bitteschön was??? Wo sind denn noch bitteschön bei uns Wirtschaftlichkeitsreserven? Das System hängt doch am seidenen Faden! Werden die RX-Boni in Deutschland zugelassen, zudem Selektivverträge kommen, werden Tausende Apothekenmitarbeiter auf der Straße stehen und arbeitslos sein, das Sozialsystem zusätzlich belasten. Die Krankenkassen bekommen den Hals einfach nicht voll. Immer mehr erschleicht mich das Gefühl, dass die Darmwindungen den Platz des Hirns einnehmen, je mehr Macht jemand hat.

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AW: Wirtschaftlichkeitsreserven

von Peter Lahr am 14.03.2017 um 9:10 Uhr

Doch nicht bei uns, aber wenn wir aber unsere Personalstruktur a la DOMO umstellen dürften, mit so 1-10% pharmazeutischen Personal und dem Rest bestehend aus Hilfskräften (Vollzeit zum Mindestlohn) könnte wir auch diese Reserven heben da dadurch bezogen auf ein PTA Gehalt ca 39% Einsparung und auf einen dann überflüssigen angestellten Apotheker sogar 63% möglich sind. Diese Einsparungen könnten wir dann auch an die Kassen weitergeben und wie so mancher Versender wohl mehr verdienen als heute. Wenn das der Wunsch der Politik sein sollte, bitte.

AW: Wirtschaftlichkeitsreserven

von Bernd Jas am 14.03.2017 um 10:14 Uhr

Ohh, Herr Springob,
unterschätzen Sie das Darmhirn nicht. Das ist wirklich nicht mit den niederen Instinkten der Versandhandelsprotegén zu vergleichen.

AllesOK im Geberrausch ...

von Christian Timme am 14.03.2017 um 8:28 Uhr

Nach zwölf Jahren gelebtem Vorsatz "AllesOK" für mich, kann man doch nicht einfach diesen nur den Eigenversicherten zukommenden ausschließlichen Nutzen abschaffen. Wo leben wir denn ...

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