Ohne Pieks

Impfen in der Mundhöhle

Berkeley / Stuttgart - 10.03.2017, 17:00 Uhr

Impfstoff im Lolli: erhöht die Adhärenz bei Kindern bestimmt. (Foto: standret / Fotolia)

Impfstoff im Lolli: erhöht die Adhärenz bei Kindern bestimmt. (Foto: standret / Fotolia)


Wie funktioniert der MucoJet?

Zur Verabreichung des Impfstoffs über den MucoJet klickt ein Patient die Innen- und Außenfächer zusammen. Die Membran zwischen dem Außenfach und dem Treibmittelreservoir löst sich, und das Wasser kommt mit dem chemischen Treibmittel in Kontakt. Die daraus resultierende chemische Reaktion erzeugt Kohlendioxidgas. Das Gas erhöht den Druck in der Treibkammer, wodurch sich der Kolben bewegt. Ist der Druck des Kolben auf das Impfstoffreservoirs groß genug, so bricht dessen Düsendichtung auf. Die Impfstofflösung wird aus der MucoJet-Düse ausgestoßen, dringt in die Schleimhautschicht des bukkalen Gewebes ein und liefert den Impfstoff an die darunter liegenden Impfstoffziele, die Antigen-präsentierende Zellen. „Der Druck des Jets ist ähnlich zu einem Wasser-Pick, den Zahnärzte verwenden", erklärt Kiana Aran, die die Technologie entwickelt hat.

Geht leicht durch die Schleimhaut

Um das Abgabesystem im Laborversuch zu testen, haben die Forscher ein Modell mit  Schleimhautschichten und bukkalen Geweben von Schweinen entworfen und versucht, hierin das immunstimulierende Protein Ovalbumim zu verabreichen. Die Experimente zeigten eine achtfache Zunahme der Abgabe von Ovalbumin im Laufe von drei Stunden im Vergleich zu einem Kontrollversuch mit der Verabreichung von Ovalbumim über einen Tropfer, was etwa der Gabe von oralen Impfstoffen, zum Beispiel gegen die Grippe ähnelt. Die Forscher testeten auch unterschiedliche Drücke des Impfstoffstrahls und stellten fest, dass die Effizienz der Abgabe sich mit der Erhöhung des Drucks verbesserte. „Der Druck ist sehr konzentriert, der Durchmesser des Strahls ist sehr klein, und so geht der Stoff leicht durch die Schleimhaut-Schicht.“ sagt Aran.

In einem weiteren Test gelang der Versuch auch mit bukkalen Gewebe in Kaninchen. Dort führte die Abgabe über den MucoJet zu einer siebenfachen Zunahme der Menge an  Ovalbumin im Vergleich zu Kontrollversuchen mit Tropfern. Tiere, die mit Ovalbumin aus dem MucoJet behandelt wurden, hatten Schlüsselantikörper in ihrem Blut, die um drei Größenordnungen höher waren als im Blut von Kaninchen, die mit Ovalbumin durch einen Tropfer behandelt wurden.

Ein Lutscher zum Impfen

Im nächsten Schritt wollen die Forscher den MucoJet nun mit einem echten Impfstoff an größeren Tieren testen. In fünf bis zehn Jahren könnte das Gerät verfügbar sein, so hoffen sie. Das intelligente Gerät könnte aber noch mehr Potenzial haben: So denken die Wissenschaftler an eine Version, die verschluckt werden könnte, um Impfstoffe intern freizusetzen. Außerdem erwägen sie andere Formen und Größen, mit denen Verabreichungswege vereinfacht und die Patienten-Compliance erhöht werden könnte, besonders bei Kindern. „Stellen Sie sich vor, wir könnten den MucoJet in einen Lutscher einbringen“, sagt Aran. „Die Kinder müssten dann nicht mehr in eine Klinik gehen, um geimpft zu werden.“



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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