Beratungs-Quickie

Tetanus-Impfstoffe im Sprechstundenbedarf

München / Stuttgart - 09.03.2017, 12:30 Uhr

(Foto: jb / DAZ.online)

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Welche Informationen sind bei einem Beratungsgespräch in der Apotheke für den Patienten wichtig? Welche hilfreichen Tipps kann der Apotheker zu Arzneimitteln und Therapien geben? Diesmal geht es um eine Verordnung über Tetanus-Impfstoffe pro communitate (PC).

Formalien-Check

Das Rezept wird von einer Sprechstundenhilfe des Orthopäden mit der Bitte um baldige Lieferung abgegeben. Verordnet sind 20 Fertigspritzen Tetanol® pur sowie 10 Stück Tetagam® für den Sprechstundenbedarf. Impfungen gemäß STIKO-Empfehlung werden im Allgemeinen über den Sprechstundenbedarf abgerechnet. Die Felder 8 „Impfstoffe“ und 9 „Sprechstundenbedarf“ müssen dann wie auf der vorliegenden Verordnung angekreuzt sein. Impfstoffe als Sprechstundenbedarf sind immer auf einem separaten Rezept zu verordnen.

Die Kostenträgerkennung zur Abrechnung des Sprechstundenbedarfs unterscheidet sich regional. Allein in Baden-Württemberg gibt es beispielsweise vier Institutionskennzeichen für die Regionen Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart oder Reutlingen. Dieses muss für eine korrekte Abrechnung im Feld „Kassen-Nr.” eingetragen sein.

Auch bei Impfstoffen im Sprechstundenbedarf sind vorrangig Rabattverträge zu berücksichtigen, die im aktuellen Fall jedoch nicht vorliegen. Sind preisgünstige Importe vorhanden, besteht im Rahmen der Sprechstundenverordnung nach Rahmenvertrag § 5 (1) keine Abgabepflicht von Importpräparaten anstelle des verordneten Originals. Cave: Liegt hingegen eine Importverordnung vor, so ist der gesetzte Preisanker zu beachten.

Die Verordnung ist mit zwei N2-Packungen Tetanol® pur mit jeweils zehn Fertigspritzen zu 0,5 ml sowie einer N3-Packung Tetagam® P 250 I.E. mit zehn Fertigspritzen zu je 1 ml zu beliefern. Die Impfstoffe sind bei 2 - 8 ° C aufzubewahren.

Tetagam® ist ein TFG-Artikel. Die Apotheke hat Dokumentationspflicht nach dem Transfusionsgesetz. Das PC-Rezept ist ab Ausstellungsdatum einen Monat gültig.

Beratungs-Basics

Der Impfstoff Tetanol® pur enthält inaktiviertes Tetanustoxoid (TT) und wird zur aktiven Immunisierung gegen Wundstarrkrampf nach Empfehlung der STIKO bei Säuglingen ab dem vollendeten zweiten Lebensmonat, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sowie zur Tetanusprophylaxe im Verletzungsfall eingesetzt.

Die Grundimmunisierung gegen Wundstarrkrampf umfasst drei Injektionen mit dem Tetanus-Adsorbat-Impfstoff zum Zeitpunkt 0, 4 - 6 Wochen und 6 - 12 Monate. Danach ist bei nahezu allen Geimpften ein schützender Antikörpertiter (die individuelle Schutzschwelle liegt bei 0,1 I.E./ml) gegen Tetanus erreicht. Spätestens alle zehn Jahre sollte bis ins hohe Alter eine Auffrischimpfung erfolgen. In der Regel erfolgt die Tetanus-Grundimmunisierung als 6-fach-Kombinationsimpfung gegen Tetanus, Diphtherie, Polio, Keuchhusten, Hib und Hepatitis B über vier Impftermine zwischen Ende des zweiten Lebensmonats und Ende des ersten Lebensjahres. Auffrischimpfungen mit einem Kombinationsimpfstoff gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten werden zwischen vollendetem fünften und sechsten sowie zwischen dem neunten und 17. Lebensjahr durchgeführt.

Die Schutzwirkung tritt etwa 14 Tage nach der zweiten Impfung ein und hält circa ein Jahr an. Nach der dritten Impfung hält der Schutz bis zu fünf Jahre. Im Verletzungsfall, der mehr als fünf Jahre nach der dritten Impfung oder einer Auffrischimpfung eintritt, muss eine Tetanus-Prophylaxe erfolgen.

Sehr häufig treten nach der Impfung Schmerzen, Schwellungen und Rötung an der Einstichstelle sowie Muskelschmerzen auf. Zudem kommt es häufig zu Abgeschlagenheit, Gelenk- und Kopfschmerzen.

Personen mit akuten behandlungsbedürftigen Erkrankungen sollten frühestens zwei Wochen nach Genesung geimpft werden, mit Ausnahme der postexpositionellen Impfung.

Bei der Impfung verletzter Personen ohne Tetanusschutz oder mit unbekanntem Impfstatus findet eine Simultanimpfung statt, das heißt die Kombination aus aktiver Immunisierung mit Tetanustoxoid und passiver Immunisierung mit Tetanus-Antitoxin (zum Beispiel Tetagam®). Tetagam® P enthält Immunglobulin vom Menschen (hauptsächlich IgG) mit einem spezifischen hohen Gehalt an Antikörpern gegen das Tetanustoxin. Neben der postexpositionellen Prophylaxe nach tetanusgefährdeten Verletzungen wird das Impfserum zur Therapie des klinisch manifesten Tetanus eingesetzt.

Beide Impfstoffe liegen gebrauchsfertig vor. Der Impfstoff Tetanol® ist eine weißliche und trübe Suspension. Vor der Anwendung ist die Fertigspritze zu schütteln. Die Injektion einer Impfdosis (0,5 ml unabhängig vom Alter) erfolgt tief intramuskulär. Bei Vorliegen einer schweren Blutgerinnungsstörung kann Tetanol® auch subcutan verabreicht werden. Eine intravasale Applikation darf nicht erfolgen, da es zu einer Schocksymptomatik kommen kann. Das gilt auch für die Verabreichung von Tetagam® P.

Das Impfserum wird körperwarm und langsam intramuskulär, vorzugsweise ventrogluteal, injiziert. Zur Prophylaxe von Tetanus erhalten Kinder und Erwachsene die gleiche Dosis: 250 I.E., das entspricht einer Fertigspritze Tetagam® P (1 ml). Die Dosis kann auf 500 I.E. erhöht werden, beispielsweise bei tiefen oder kontaminierten Wunden sowie Fremdkörpereindringung (Biss-, Stich- oder Schusswunden) oder bei Erwachsenen mit überdurchschnittlich hohem Körpergewicht.

Nebenwirkungen wie allergische oder generalisierte Reaktionen (Schüttelfrost, Fieber, Kopfschmerzen) und Reaktionen an der Injektionsstelle sind selten. Allgemein wird nach der Injektion von Tetagam® P eine Nachbeobachtungszeit von mindestens 20 Minuten empfohlen.

Trübe Lösungen oder Lösungen mit Rückständen dürfen nicht verwendet werden.

Auch noch wichtig

Der Impfstoff Tetanol® darf nicht mit anderen Arzneimitteln in einer Spritze vermischt werden. Zeitabstände zu anderen Impfungen sind nicht erforderlich, die Injektionen sind jedoch an unterschiedlichen Körperstellen vorzunehmen. So erfolgt bei einer Simultanimpfung die Gabe von Tetanus-Immunglobulin kontralateral, um eine gegenseitige Deaktivierung der Impfkomponenten zu vermeiden.

Während einer immunsuppressiven Therapie oder bekanntem Immundefekt kann der Impferfolg der aktiven Tetanus-Immunisierung eingeschränkt oder infrage gestellt sein. In diesem Fall ist ein Antikörpernachweis zu Kontrollzwecken empfehlenswert.

Nach Verabreichung von Tetagam® ist ein Abstand von mindestens drei Monaten zu der Impfung mit Virus-Lebend-Impfstoffen einzuhalten, da die Gabe von Immunglobulinen deren Wirksamkeit beeinträchtigen kann. Im Falle von Masern kann die Beeinträchtigung bis zu fünf Monate anhalten.

Darf´s ein bisschen mehr sein?

Der einzig wirksame Schutz gegen Tetanus ist die Impfung. Nur ein komplett durchgeführtes Impfprogramm führt zu einem optimalen Impfschutz. Auffrischimpfungen sind konsequent vorzunehmen.

Informationen des RKI zur Tetanus-Impfung finden Sie hier.

Den Impfkalender mit den aktuellen Impfempfehlungen der STIKO finden Sie hier.



Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

tetanol/tetagam

von Zück am 09.03.2017 um 22:57 Uhr

>lobenswert, aber sind Sie sich sicher, daß Pharmazeut/in zu
dieser Verordnung noch einen Kommentar abgeben muß ?
Ist das nicht leeres Stroh gedroschen um die Zeilen zu füllen ?
MfG
G.Zück

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Tetanol/Tetagam

von zück am 09.03.2017 um 22:45 Uhr

Gehe ich jetzt davon aus, daß Arztpraxen keine Ahnung haben
was sie verordnen, oder ist der Artikel nur leeres Stroh gedroschen, sprich "ich könnt als Pharmazeut/in noch was dazu sagen" ?

MfG

G.Zück

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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