Apothekenthema im Bundestag

Bewegung im Versandhandels-Konflikt

Berlin - 08.03.2017, 13:15 Uhr

Es bewegt sich etwas: Wenn am morgigen Donnerstag die Fachpolitiker von CDU und SPD mit Apothekern und Versandapothekern aufeinandertreffen, könnte eine Kompromisslösung präsentiert und besprochen werden. (Foto: Wes)

Es bewegt sich etwas: Wenn am morgigen Donnerstag die Fachpolitiker von CDU und SPD mit Apothekern und Versandapothekern aufeinandertreffen, könnte eine Kompromisslösung präsentiert und besprochen werden. (Foto: Wes)


Union und SPD scheinen sich im Konflikt um den Arzneimittel-Versandhandel anzunähern. In einem Zeitungsbericht erklärte Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU), dass er zwar weiterhin das Rx-Versandverbot verfolge, aber unter Umständen auch den von der SPD vorgeschlagenen „Boni-Deckel“ akzeptieren würde. Welche Ziele SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach verfolgt, ist weiterhin völlig unklar.

Fast sechs Monate nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung könnte am morgigen Donnerstag vielleicht eine Entscheidung darüber fallen, welche Rolle der Arzneimittel-Versandhandel in Zukunft spielen soll. Die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD, Georg Nüßlein (CSU) und Karl Lauterbach (SPD), laden die Vertreter der Apotheker und Versandapotheker ein, um über etwaige Kompromisse zu beraten. Bislang war keine Einigung in Aussicht: Die Unionspolitiker und die ABDA auf der einen Seite meinen, dass das Rx-Versandverbot die beste Lösung wäre. Die SPD und die Versandapotheker sind gegen ein Verbot und für einen regulierten Preiswettbewerb.

An diesen verhärteten Fronten tut sich aber nun etwas: In einem Bericht der Schwäbischen Zeitung zeigte sich der in der Unionsfraktion für das Thema Gesundheit zuständige Georg Nüßlein erstmals gesprächsbereit, was die Vorschläge der SPD betrifft. Wörtlich wird er zitiert: „Man kann über einen Boni-Deckel reden, wir sind mit allem zufrieden, was mit der SPD zu machen ist und was den Standort-Apotheken hilft.“ Zur Erklärung: Die SPD-Politiker Sabine Dittmar und Edgar Franke hatten den Vorschlag eingebracht, Rx-Boni im Sozialrecht für alle Apotheker bis zu einer Bagatellgrenze von einem Euro zu erlauben, den Versandhandel zu erhalten und das Apothekenhonorar mittelfristig umzustellen.

Nüßlein stellte allerdings klar, dass die Union das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe in einem Referentenentwurf vorgeschlagene Rx-Versandverbot nicht aufgeben werde. Allerdings könne die „Boni-Kappung ein Teil der Übergangslösung“ sein, heißt es in dem Zeitungsbericht. Auch eine bessere Vergütung von Beratungsleistungen der Apotheker sei eine Möglichkeit einer Zwischenlösung, sagte Nüßlein. Schon am gestrigen Dienstag hatte Nüßlein gegenüber DAZ.online Zweifel darüber geäußert, dass das Verbot mit Blick auf das anstehende Notifizierungsverfahren zeitlich überhaupt noch umsetzbar sei.

Wird die ABDA nervös?

Auch die ABDA scheint in der Diskussion um das Versandverbot zunehmend nervöser zu werden. Die Interessenvertretung der Apotheker veröffentlichte am heutigen Mittwoch eine Pressemitteilung, in der sie den Vorschlag der SPD-Politiker nochmals aufs Schärfste kritisierte. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt erinnerte außerdem erneut an den Zeitdruck in der Sache. Es werde Zeit, den Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums umzusetzen, weil keine tragfähigen Alternativen vorgelegt worden seien.

Welche Ziele SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach in der morgigen Unterredung verfolgen wird, bleibt weiterhin völlig offen. Am Rande einer Pressekonferenz der AOK Baden-Württemberg in Berlin wollte der SPD-Politiker auf die Frage, ob er den Vorschlag seiner Fraktionskollegen unterstütze, nicht antworten.

Lauterbach erklärte: „Es liegt ein Vorschlag aus meiner Fraktion vor, zu dem ich mich aber nicht äußern möchte, weil wir noch in den laufenden Verhandlungen stehen.“ Trotzdem empfinde er die Situation als „sehr übersichtlich“. Zu seinen eigenen Zielen sagte Lauterbach lediglich, dass er das Verbot weiterhin ablehne. Sein Kompromissvorschlag, das Rx-Versandverbot zu beschließen und gleichzeitig die Zuzahlungen für Chroniker zu streichen, habe die Union abgelehnt.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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6 Kommentare

Pisas Öl brennt auch ...

von Christian Timme am 08.03.2017 um 14:32 Uhr

Jede RXVV "Vermeidungsentscheidung" ist ein Bekenntnis zur eigenen Unfähigkeit die notwendige Rechtssicherheit zu schaffen. Die Vergangenheit hat gezeigt das es in den "geschaffenen Lücken" zwischen deutschem Recht und dem der EU sehr lukrative und geduldete Biotope gibt und weiter geben wird. Das ist eine "Förderungspolitik" und keine "Vermeidungspolitik". Das ist "Wasch mich ohne mich nass zu machen" und das kapiert bereits jeder Hilfsschüler nur nicht bestimmte Politiker. Während wir über Pisa diskutieren wird bereits Pisa-Politik betrieben. Dieser Zustand ist bereits aktuell ein Skandal, aber Wachstum bedeutet ja "Steigerung". Damit hatten wir ja bereits in der Vergangenheit "Berührungspunkte" mit gravierenden Spätfolgen. Wenn schon unsere "türkischen Freunde" beliebig Erinnerungen zu Hilfe nehmen um uns zu disziplinieren, was wollen wir uns jetzt beweisen um damit weitere Grundlagen schaffen?. Ich verzichte auf weitere Präzisierungen ...

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Bonideckel

von Karl Friedrich Müller am 08.03.2017 um 14:10 Uhr

Dieser Bonideckel geht mir so was von auf den Keks. Nur ???!!! 1€ pro Packung?

Wieviele Packungen gibt eine Apotheke im Schnitt pro Jahr ab? 30.000?
Das sind dann 30.000€ weniger Einkommen für den Apothekenleiter.
Wer von den Befürwortern verzichtet dann ebenfalls solidarisch auf 30.000€?
So blöd ist keiner. Nur von Apothekern wirds verlangt.
Wir wollen MEHR Geld! Mit 3% in 13Jahren sind wir nicht üppig bedient!
Wenn Boni, dann muss die Vergütung entsprechend steigen! Die Boni zahlen dann KK oder Steuerzahler, wenn sie denn so dringend gewünscht sind. Aber beim Einkommen der Apotheker ist Ende der Fahnenstange.
Und dann noch die grenzenlose Naivität, DocMo würde sich an irgendwelche Gesetze oder Vereinbarungen halten.
Wie naiv darf ein Politiker sein?
Unfassbar.

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AW: Einspruch !

von gabriela aures am 08.03.2017 um 14:19 Uhr

Es sind nicht 30.000 € Einkommen weniger für den Apothekenleiter !
Daraus lesen die " interessierten Kreise", jeder Euro wandert direktemang in die Tasschen von Chef oder Chefin, was ja so überhaupt nicht stimmt .
Es sind 30.000 € weniger für den Betrieb "Apotheke" mit all seinen Angestellten ( und Strom, Software, Miete usw.), die fehlen.
Kompensiert werden kann das im Prinzip nur durch Einsparungen bei den Personalkosten !

AW: Bonideckel

von Frank Zacharias am 08.03.2017 um 14:33 Uhr

Die Rechnung ist ganz übersichtlich:

1€ Bonus kostet 1 Vollzeit-PTA pro Apotheke. - 20000 Arbeitsplätze

2€ Bonus kostet eine weitere PTA-Stelle. - 20000 Arbeitsplätze

Dazu kommen 4000 Apotheken, die geschlossen werden, weil sie bereits defizitär arbeiten - 12000 Arbeitsplätze

also fehlen mindestens pro € Bonus 22000 Arbeitsplätze direkt in den Apotheken.

Dazu kommen dann die Entlassungen in den Betrieben, die von der Apotheke leben: Grosshandel, EDV, Rezeptabrechnung, Boten, Zulieferer, Gewerbesteuer der Kommunen ( oh wie werden die SPD-Bürgermeister und Landräte jubeln!! )

AW: Bonideckel

von Karl Friedrich Müller am 08.03.2017 um 14:36 Uhr

Den letzten beißen die Hunde.
Der € pro Packung fehlt im Rohgewinn. Wenn alle anderen Parameter gleich bleiben, wird der Verlust bis zum Apothekenleiter durchgereicht. Einsparungen beim Personal sind nur theoretisch möglich, denke ich. Sonst arbeitet man schnell alleine.
Es ist aber klar, dass bei schlichteren Gemütern die Aussage falsch ankommt. Denen kann man leider auch nichts erklären. Solche sitzen auch in Regierung und Bundestag.

kompromissvorschlag

von Frank Zacharias am 08.03.2017 um 13:42 Uhr

Wenn alle einen vorschlag machen dürfen, dann habe ich auch einen:

Rx-Versandverbot + Streichung der Zuzahlung für Chroniker + Reduzierung der MwSt. bei Rx auf 0€ + Verankerung all dessen zusätzlich im Sozialrecht.

also ich finde das gut.

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