Koalitionsausschuss

Seehofer krank – Rx-Versandverbot vertagt

Berlin - 06.03.2017, 10:09 Uhr

Krank: Weil CSU-Chef Horst Seehofer erkrankt ist, musste das Treffen des Koalitionsausschusses am morgigen Dienstag abgesagt werden. Der Konflikt um das Rx-Versandverbot wird morgen somit nicht von den Parteispitzen entschieden. (Foto: dpa)

Krank: Weil CSU-Chef Horst Seehofer erkrankt ist, musste das Treffen des Koalitionsausschusses am morgigen Dienstag abgesagt werden. Der Konflikt um das Rx-Versandverbot wird morgen somit nicht von den Parteispitzen entschieden. (Foto: dpa)


Der Koalitionsausschuss von CDU, CSU und SPD wird am morgigen Dienstag nicht wie erwartet zusammenkommen, um über den Arzneimittel-Versandhandel zu beraten. Der Grund: CSU-Chef Horst Seehofer ist krank, und ohne die Parteispitzen kann das Treffen nicht stattfinden. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe versichert indes: Noch vor der Sommerpause soll es ein Gesetz geben.

Eigentlich hätte in dieser Woche alles ganz schnell gehen können: Die Parteispitzen von CDU, CSU und SPD wollten das seit Monaten existierende Streitthema des Arzneimittel-Versandhandels in den Koalitionsausschuss einbringen, um zu entscheiden, welchen Kurs man nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung einschlagen will. Die Union hatte dafür gesorgt, dass das Thema auf eine Themenliste des politischen Spitzengremiums kommt, das wenige Male im Jahr zusammenkommt, um über die strittigen Punkte zu beraten.

Doch das vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) verfolgte Rx-Versandverbot zögert sich anscheinend noch weiter hinaus: Denn das Spitzentreffen, an dem erstmals auch der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz teilnehmen sollte, kann nicht stattfinden. Ein Sprecher der CSU bestätigte gegenüber DAZ.online: „Herr Seehofer ist krank und kann daher nicht nach Berlin reisen. Der Versandhandel bleibt aber ein wichtiges Thema für uns.“ Es werde versucht, sobald wie möglich einen Ersatztermin zu finden.

Der SPD dürfte diese weitere Verzögerung in die Karten spielen. Denn die Bundestagsfraktion der Sozialdemokraten ist strikt gegen das Verbot des Versandes von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Die SPD-Gesundheitsexperten Sabine Dittmar und Edgar Franke setzen sich vielmehr dafür ein, dass der Rx-Versand erhalten bleibt, alle Apotheken Rx-Boni bis zu einer Bagatellgrenze von einem Euro gewähren können und das Apothekenhonorar umgestellt wird. Je länger sich der Plan des BMG nun verzögert, desto unwahrscheinlicher wird es, dass das Rx-Versandverbot noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden kann. Denn das Gesetz müsste noch durch ein mehrmonatiges Abstimmungsverfahren auf EU-Ebene.

Gröhe verspricht baldige Lösung

Auch SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach erneuerte am vergangenen Wochenende seine Kritik an den Plänen von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Im Wiesbadener Kurier erklärte der SPD-Politiker: Der Versandhandel habe insbesondere für Chroniker wichtige Vorteile, da manche Präparate von Apotheken nicht vorgehalten werden könnten. Zudem würden diese Patienten von erheblichen Preisvorteilen profitieren. Lauterbach weiter: „Um die flächendeckende Versorgung mit Apotheken nicht zu gefährden, sollten andere Dienstleistungen wie beispielsweise die Beratung besser vergütet werden.“ Bisher sei gute Beratung für die Apotheker aber finanziell ein Minusgeschäft. Schon vor Monaten hatte Lauterbach allerdings versprochen, ein Konzept für eine alternative Apothekenvergütung vorzulegen. Doch bis auf den ausformulierten Gesetzesvorschlag von Dittmar und Franke kam aus der SPD-Bundestagsfraktion kein konkreter Beitrag.

Gröhe scheint diese Diskussion weiterhin kalt zu lassen. Vor etwa drei Wochen hatte er seinen Referentenentwurf zum Rx-Versandverbot nach massiver Kritik des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) erneut leicht umformuliert und in die offizielle Abstimmung mit den anderen Bundesministerien gegeben. Zu erwarten ist, dass sich das von Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) geführte Haus im Rahmen dieser Ressortabstimmung wieder gegen das Versandverbot ausspricht. Gröhe hält aber an seinen Plänen fest und versprach in mehreren Zeitungsberichten: „Wir werden noch vor der Bundestagswahl ein Gesetz verabschieden.“

Somit rückt für die Apotheker wieder ein Treffen auf fachpolitischer Ebene in den Fokus, das am kommenden Donnerstag stattfinden soll. Die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Georg Nüßlein (CSU) und Karl Lauterbach (SPD) treffen sich zum zweiten Mal mit Vertretern der ABDA, der deutschen und ausländischen Versandapotheken sowie mehreren Vertretern der Regierungskoalition und des BMG, um im Versandhandels-Konflikt einen Kompromiss herbeizuführen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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Fronten bleiben verhärtet

6 Kommentare

Häh???

von Christian Springob am 06.03.2017 um 21:44 Uhr

Was meint Fliegenkalle eigentlich für Präparate, die von Apotheken nicht vorgehalten werden könnten? Verdreht er hier nicht mal wieder etwas? Bisher habe ich uns Vor-Ort-Apotheken immer so verstanden, dass wir einem Kontrahierungszwang unterstehen und damit quasi alles an Arzneimitteln beliefern und herstellen müssen. Von wenigen Ausnahmen wie bspw. Zytos oder Mischbeutel für parenterale Ernährung abgesehen.
Dieses ewige Rumgelüge, Aufweichen von Fakten und Scheinheiligtum dieses Typen bin ich so was von satt.
Wie auch die ganzen anderen Politiker, die sich mit den Rechtsbeugern, von Saudis-abhängigen Versenderen aus dem niederländischen Grenzbereich an einen Tisch sitzen. Hallo verdammt noch mal, für wen wird hier eigentlich Politik gemacht???

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rx vesandverbot

von Dr. Radman am 06.03.2017 um 13:02 Uhr

Jede Verzögerung bringt gutes mit sich. ...

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Seehofer

von Frank Ebert am 06.03.2017 um 11:21 Uhr

Ich kann mich noch gut erinnern wie Seehofer arrogant gesagt hat, er ist nie krank. Und jetzt? Ständig Schwächeanfälle und heute krank. Tja, manchmal sollte man mehr Demut zeigen.

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AW: Kranker Seehofer ...

von Christian Timme am 06.03.2017 um 16:09 Uhr

Er hat die nötige Gesundheitserfahrung, vom G-Minister bis zur Intensivstation, leider schon wieder alles vergessen. Aber die letzte Erfahrung steht noch aus ... und Merkel sieht auch nicht mehr soo "knusperfrisch" aus ...

das war es

von Karl Friedrich Müller am 06.03.2017 um 11:20 Uhr

wenn ich mir das Tagebuch von gestern ansehe und die Kommentare dazu, bin ich der Überzeugung, dass ein Rx Versandverbot nicht kommt.
Da die ABDA wie immer keinen weiteren Plan hat, sollten wir uns darauf einstellen.

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Warum

von Christiane Patzelt am 06.03.2017 um 11:03 Uhr

läuft es für uns eigentlich immer nur beschissen?

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