Vorsätze zur Fastenzeit

Kein Alkohol, nichts Süßes – und kein Handy 

Stuttgart - 01.03.2017, 12:45 Uhr

Nur ein Salatblatt? Ganz soweit geht der Verzicht der meisten Menschen während der Fastenzeit nicht. (Foto: WoGi / Fotolia)

Nur ein Salatblatt? Ganz soweit geht der Verzicht der meisten Menschen während der Fastenzeit nicht. (Foto: WoGi / Fotolia)


Am heutigen Aschermittwoch beginnt traditionell die Fastenzeit. Laut einer Umfrage der DAK erfreut sich Fasten zunehmender Beliebtheit. Fast 60 Prozent der Deutschen gaben an, schon einmal auf Alkohol oder Süßes verzichtet zu haben. Positive Effekte auf den Stoffwechsel lassen sich aber auch schon mit kurzen, intensiven Fastenintervallen erzielen. 

Der Brauch des Fastens ist Jahrtausende alt. In den großen Weltreligionen ist er meist an bestimmte (Fest-)Tage oder Zeiträume gebunden, so auch im Katholizismus. Dort wird traditionell vom heutigen Aschermittwoch bis Ostern gefastet. Heute geht es allerdings in der Regel nicht mehr darum wie im Alten Testament beschrieben, durch Fasten einen zornigen Gott zu besänftigen. Heute wird oft aus gesundheitlichen Gründen gefastet, um dem Körper etwas Gutes zu tun und ihm mal eine Pause zu gönnen – von religiösen und nicht-religiösen Menschen.

Ebenfalls geändert hat sich in den meisten Fällen das Ausmaß des Verzichts. Im Mittelalter stand sozusagen eine vegane Ernährung auf dem Speiseplan – sämtliche tierischen Lebensmittel waren verboten. Mitte des 16. Jahrhundert wurde das Ganze dann gelockert. Ab diesem Zeitpunkt war nur noch Fleisch tabu, Eier und Milchprodukte erlaubt. Die damals noch sehr ernst genommenen Verbote machten die Menschen erfinderisch. So wird aus bayerischen Klöstern berichtet, dass Gänse kurzerhand zu Wassertieren erklärt wurden. Die Idee dahinter: als Wassertiere waren sie Fischen gleichzusetzen und Fisch war auch in der Fastenzeit erlaubt.  Die schwäbischen Maultaschen gehen ebenfalls auf eine Trickserei aus der Fastenzeit zurück: Die Mönche im Kloster Maulbronn erhielten ausgerechnet während dieser Zeit ein großes Stück Fleisch – während des Dreißigjährigen Krieges. Der Hunger war groß. Daher versteckten die erfinderischen Mönche das Fleisch im Teig. Daher heißen die Maultaschen in Schwaben „Herrgotts B'scheißerle".

Ganz irdischer Verzicht

Heute geht es bei den meisten weniger um echte Fastenkuren, wie Heilfasten, sondern um den temporären Verzicht auf ein bestimmtes Nahrungs- oder Genussmittel. Ganz oben auf der Liste der Dinge, auf die verzichtet wird, steht Alkohol. 68 Prozent der Teilnehmer der DAK-Umfrage gaben an, darauf verzichten zu wollen. Auf Platz zwei folgen Süßigkeiten mit 59 Prozent, dann Fleisch (39 Prozent). Neben diesen „Klassikern“ finden sich aber  auch Handy- und Computer, sowie das Auto unter den Top 7 der Fastenvorsätze. Laut der Umfrage steigt insgesamt die Zahl der Fastenfans. 59 Prozent der Deutschen haben angegeben, mindestens einmal für mehrere Wochen gefastet zu haben, das sind 12 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. In der Altersgruppe der 33- bis 44-Jährigen sind es sogar 66 Prozent. Sie verzichten vor allem auf Alkohol, Süßigkeiten sowie Fernsehen oder das Rauchen, Jüngere hingegen eher auf Handy oder Computer. Die Gründe? Rund zwei Drittel der Befragten wollen mit dem Online-Verzicht Stress reduzieren (68 Prozent) – das sind 15 Prozent mehr als im Vorjahr – oder  die frei gewordene Zeit lieber mit Freunden und Verwandten verbringen.

Netter Nebeneffekt: Man nimmt ein wenig ab

Der Verzicht auf Genussmittel wie Alkohol, Süßes oder auch Fleisch hat – ganz klar – gesundheitliche Vorteile. Es senkt die Harnsäure- und Cholesterinwerte, der Blutzucker profitiert und das Geschmacksempfinden kann sich verbessern, erklärt die Chemnitzer Ernährungsberaterin Candy Cermak gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Und als netter Nebeneffekt nimmt man oft auch noch ein wenig ab. So eine kleine Umstellung birgt nach Ansicht der Expertin auch kein gesundheitliches Risiko. Wer aber Heilfasten möchten, also eine Zeitlang komplett auf feste Nahrung verzichten will, solle sich vorher von Arzt und Apotheker beraten lassen. Denn Heilfasten ist in manchen Fällen kontraindiziert, zudem kann die Wirkung von Arzneimitteln beeinflusst werden, sodass Dosisanpassungen erforderlich sind. 

Intervallfasten beeinflusst den Stoffwechsel positiv

Und wem es bis Ostern zu Lange dauert: Bereits über einen kurzen Zeitraum beeinflusst Fasten den Stoffwechsel positiv. So kann bereits das sogenannte Intervallfasten Effekte bringen. Dabei wird zum Beispiel zwei Tage die Woche, also 48 Stunden, gefastet und fünf Tage ausgewogen, normal gegessen. Dazu sei allerdings gesagt, dass hier der Verzicht auf Süßes oder Alkohol nicht ausreicht. Beim Intervallfasten wird die Nahrungszufuhr bei Frauen auf 500, bei Männern auf 600 Kalorien reduziert. Den molekularen Mechanismus, der hinter den positiven Effekten steckt, haben nun Forscher des Helmholtz Zentrum München untersucht, in  Zusammenarbeit mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung.

Sie konnten zeigen, dass ein bestimmtes Protein (GADD45β) in Zusammenhang mit der Fettanreicherung in der Leber und einem erhöhten Blutzuckerspiegel steht. Mäuse, denen das Gen für dieses Protein fehlte, entwickelten leichter eine Fettleber. Und auch bei Menschen mit niedrigen Spiegeln dieses Proteins finden sich eher erhöhte Leberfettwerte und Blutzuckerspiegel. Setzt man nun durch Fasten die Leberzellen unter Stress, denn das ist es für den Körper erstmal, wird die Synthese von GADD45β angekurbelt. Je mehr Hunger, desto mehr Genexpression und in der Folge mehr Protein. Dadurch werden Fettzellen abgebaut und der Blutzuckerspiegel sinkt.

Die Forscher wollen diese Erkenntnisse nutzen, um Wirkstoffe zu entwickeln, die den Nahrungsentzug simulieren können und so neue Therapiemöglichkeiten bei Diabetes und Adipositas eröffnen. Der Fastenwillige kann auf dieser Basis guten Gewissens und wissenschaftlich begründet, nur zwei und nicht sieben Tage die Woche fasten. 

Nicht nur der Stoffwechsel ...

... wird positiv durch Fasten beeinflusst, der Nahrungsverzicht bremst auch autoimmune Entzündungsprozesse. Mehr dazu lesen Sie hier. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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