US-Seuchenschutzbehörde

Experten in Sorge um H7N9-Infektionen in China

Stuttgart - 01.03.2017, 16:00 Uhr

Eine chinesische Lehrerin klärt ihre Schüler in der Stadt Chuzhou über die Prävention von H7N9-Infektionen auf. (Foto: dpa)

Eine chinesische Lehrerin klärt ihre Schüler in der Stadt Chuzhou über die Prävention von H7N9-Infektionen auf. (Foto: dpa)


Nachdem die Fallzahlen der H7N9-Virus-Infektionen in China in den letzten Jahren eher abnahmen, sieht es seit Oktober 2016 nach einer Kehrtwende aus. Experten der US-Seuchenschutzbehörde CDC sind alarmiert – Infektiologen bewerten das Virus als derzeit größte Pandemie-Gefahr.

Nachdem eine Infektion eines Menschen mit dem neuen Vogelgrippe-Virus H7N9 in China im März 2013 erstmalig beobachtet wurde, traten nach Zahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO gut 1220 bestätigte Fälle auf – offenbar wurden alle Patienten in China angesteckt. Die Fallzahlen schwanken dabei von Jahr zu Jahr, doch seit Oktober 2016 gibt es nach Angaben der WHO eine Häufung: Im Zeitraum bis Februar trat gut ein Drittel aller bisherigen H7N9-Infektionen beim Menschen auf, allein im Januar waren es nach staatlichen Informationen aus China knapp 200 Fälle. Rund 40 Prozent der Patienten mit bestätigter H7N9-Infektion verstarben, wie die US-Seuchenschutzbehörde CDC schreibt.

Dabei erfolgt die Ansteckung bislang anscheinend nur von infiziertem Geflügel. „Obwohl kleine Häufungen von H7N9-Infektionen beim Menschen berichtet wurden, so bei Heilberuflern, legt die derzeitige epidemiologische und virologische Evidenz nahe, dass das Virus nicht die Möglichkeit zur Übertragung zwischen Menschen erworben hat“, schreibt die WHO.

Besorgniserregende Veränderungen

Doch die aktuellen Zahlen veranlassen Experten zur Sorge, auch da sie zuvor eher rückläufig waren, wie der US-Branchendienst „STAT“ schreibt – und da H7N9-Fälle die H5N1-Infektionen überholt hätten. Der Direktor der Influenza-Abteilung des CDC, Daniel Jernigan, bezeichnete Veränderungen des Virus als „besorgniserregend“ – hierüber sei auch Tom Price, der neue US-Gesundheitsminister, informiert worden. „Wir sind hier über die diesbezüglichen Unsicherheiten und die Anzahl der Veränderungen, die derzeit passieren, beunruhigt“, zitiert „STAT“ den CDC-Experten. 

Der Mikrobiologe Malik Peiris von der Universität Hongkong bezeichnete H7N9 laut dem Branchendienst als „derzeit größte Pandemie-Gefahr“. Die Situation sei momentan „nicht besonders beruhigend“, erklärte er. Auch die CDC teilt diese Einschätzung: Das „Influenza Risk Assessment Tool (IRAT)“ der Behörde hat H7N9 das größte Potenzial bescheinigt, eine Pandemie auszulösen. Auch wenn das aktuelle Risiko durch das H7N9-Virus auf die öffentliche Gesundheit niedrig ist, könne es durch Veränderungen die Möglichkeit erhalten, sich leicht auszubreiten und „einen globalen Ausbruch der Erkrankung“ auslösen, schreibt die US-Seuchenschutzbehörde.

Die WHO passt Impfstoffe an

Durch die aktuellen Veränderungen des Virus sei auch der Notvorrat von 12 Millionen Impf-Dosen gegen H7N9 weniger nützlich, schreibt „STAT“. Impfexperten der WHO würden voraussichtlich hierauf reagieren und die Grippeimpfung für die kommende Wintersaison an die Evolution von H7N9 anpassen.

Während das Virus bislang eine geringe Pathogenität bei Geflügel hat, ändert sich dies aktuell wohl: In der chinesischen Provinz Guangdong (Kanton) sind Mutationen aufgetaucht, die es für Hühner gefährlicher machen – wie möglicherweise auch für Menschen. Nach Auskunft des CDC-Experten Todd Davis beträfe das Virus dann möglicherweise andere Organe als die Lunge, schreibt „STAT“. Auch sprächen nach Berichten einige Varianten des Virus nicht mehr auf Oseltamivir (Tamiflu®) an.

Nur Gensequenzen, keine Proben

Um zu untersuchen, wie gut Impfstoffe gegen die aktuellen Varianten von H7N9 wirken, würden CDC-Experten gerne Proben untersuchen. Doch China tauscht laut Aussage von Jernigan zwar die Gen-Sequenzen der Viren aus, allerdings keine biologischen Proben, die sich die Behörde erhofft. Eine Synthese der DNA sei zwar möglich, doch würde sie zu lange dauern, erklärt der CDC-Experte. Hierzu müsse die chinesische Regierung grünes Licht geben – auf Arbeitsebene seien die Kontakte gut, erklärte Jernigan. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.