BKK-Dachverband

Egal, ob Info-Hotline oder Apotheke vor Ort

Stuttgart - 01.03.2017, 11:10 Uhr

Mehr „kreativen Wettbewerb“ um die pharmazeutische Beratung fordert BKK-Verbandschef Franz Knieps. (Foto: BKK-Dachverband)

Mehr „kreativen Wettbewerb“ um die pharmazeutische Beratung fordert BKK-Verbandschef Franz Knieps. (Foto: BKK-Dachverband)


Der Versandhandel für Arzneimittel sei „unverzichtbar“, erklärte der Chef des BKK-Dachverbands Franz Knieps am heutigen Mittwoch. Er betont, dass Versender aktuell weniger als 1 Prozent des Rx-Umsatzes ausmachen. Liberale Regelungen und Wettbewerb um die beste Beratung nutzen dem Patienten, argumentiert Knieps.

Der Vorsitzende des BKK-Dachverbands, Franz Knieps, ist ein Freund klarer Worte. Wie auch der „Bundesverband Managed Care“ (BMC), in dessen Vorstand er gleichfalls sitzt, nannte Knieps das EuGH-Urteil zu Rx-Boni „auch für Apotheker eine große Chance“ – auf einer Presseerklärung des BMC trat die ABDA unter Protest aus dem Verband aus.

Nun erneuert der BKK-Chef seine vehemente Kritik an den Forderungen der Apotheker: Laut Knieps sind Versandapotheken keine Gefahr für Vor-Ort-Kollegen: Die „Drohkulisse Apothekensterben“ sei angesichts des Anteils am Rx-Umsatz von weniger als einem Prozent Umsatz „absurd“, erklärt der BKK-Dachverband nun in einer Pressemitteilung – und der Versandhandel sei „unverzichtbar“.

Obwohl bekanntlich beim Rx-Versandhandel Rezepte weiterhin eingetütet und per Post verschickt werden müssen, betont der Verband, dass der Siegeszug von Smartphones und anderen mobilen Geräten „auch vor Apotheken“ nicht haltmache. „Gerade chronisch Kranke, oft multimorbide und nicht mobil, sind auf den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln angewiesen“, heißt es. Dies sei auch „per Ministerdekret“ nicht zurückzudrehen. „Schon gar nicht in ländlichen Gebieten, relativ weit entfernt von der nächsten Apotheke.“ Die Anforderungen an eine fachlich qualifizierte Beratung sei für alle Vertriebswege gleich hoch – „egal ob Apotheker vor Ort oder Pharmakologe an der Info-Hotline des Versandhändlers“, betont der BKK-Dachverband.  

„Kreativer Wettbewerb“ statt Status quo

Für Knieps ist „unstrittig“, dass liberale Regelungen zum Versandhandel den Patienten nützen. „Ein kreativer Wettbewerb um die beste pharmazeutische Beratung statt der Beschwörung der Aufrechterhaltung des Status quo würde auch Standesvertretern der Apothekerschaft gut zu Gesicht stehen“, erklärt er. 

Auch im Interview mit DAZ.online hatte Knieps die ABDA hart ins Gericht genommen und als „Bremse“ dargestellt: „Sie will zusätzlich etwas bezahlt haben, aber keine generelle Umstellung der Bezahlung“, erklärte der Chef des BKK-Dachverbands. Das sei „ein bisschen schwer zu verstehen“ – aber seiner Ansicht nach auch verständlich: In Zeiten, wo es wirtschaftlich gut läuft, sei keiner bereit, irgendwas zu ändern. „Veränderungen passieren immer dann, wenn der politische Druck die Bambusspitzen unter die Fingernägel treibt“, sagte Knieps. „Und diese Situation haben wir jetzt nicht.“

Eine ganze Branche könne nicht abgeklemmt werden

Die Politik sollte – idealerweise mit allen Beteiligten an der Versorgung – darüber diskutieren, wieviel Öffnung der Arzneimittelvertrieb benötigt, erklärt er nun. „Heutzutage kann man nicht eine ganze Branche vom Online-Versandhandel abklemmen.“ Es ginge um faire Wettbewerbsbedingungen für alle, die sich für eine zeitgemäße Versorgung für die 70 Millionen gesetzlich Versicherten engagieren, erklärte Knieps.

Wie er gegenüber DAZ.online gesagt hatte, kann sich der BKK-Verbandschef Preisvereinbarungen mit Versandapotheken vorstellen. Er hatte auch darauf hingewiesen, auf wessen Kosten die Rabatte eigentlich gehen: Diese gingen nämlich nicht den Kassen verloren – „sondern dem Apotheker, der einen solchen Bonus zahlt“, hatte Knieps gesagt.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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12 Kommentare

Betonung auf 1%

von Marius am 07.03.2017 um 21:18 Uhr

Wenn er betont, dass der Anteil nur 1% sei, könnte man meinen, ihm sei wichtig, dass es schnell mehr werden sollte. Für mich ist 1% kein Argument, dass etwas unverzichtbar ist...

Wann fangen die Krankenkassen endlich an, ihre Vertragsklauseln des Rahmenvertrags durch zu setzen!

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Franz Knieps

von Bernd Küsgens am 02.03.2017 um 6:26 Uhr

Für alle, die nichts über Knieps wissen: (aus Wikipedia)
" Von 1986 bis 1987 war er Referent für rechtspolitische Grundsatzfragen beim AOK-Bundesverband. Von dort wurde er zur Unterstützung der Arbeiten an der Gesundheitsreform von Minister Norbert Blüm 1987 bis 1988 an das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung abgeordnet. 1989 kehrte er zum AOK-Bundesverband als Leiter des Stabsbereichs Politik zurück. Diese Aufgabe hatte er bis 2003 inne, seit 1998 in der Position des Geschäftsführers Politik. Nach der Volkskammerwahl in der DDR im März 1990 war er bis zu deren Beitritt zur Bundesrepublik als politischer Berater der Ministerin Regine Hildebrandt tätig. Das SPD-Mitglied Knieps wurde im Februar 2003 von Ulla Schmidt zum Leiter der Abteilung Gesundheitsversorgung, Gesetzliche Krankenversicherung, Pflegeversicherung im Bundesministerium für Gesundheit berufen. Im Dezember 2009 wurde er von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler in den einstweiligen Ruhestand versetzt."

Jeder der noch nichts über Netzwerke weiß, kann hier dazulernen.
Bisher hat er sich in seiner neuen "Funktion" noch nicht für Ketten geäußert. Das kann aber noch kommen. Man sollte immer wissen, wo seine Freunde sitzen!!
PS.: auf Grund seines Alters wird uns Herr Knieps noch mindestens 5 Jahre erhalten bleiben.

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Verdrängungswettbewerb

von Reinhard Rodiger am 01.03.2017 um 22:00 Uhr

Jemand, der an vorderster Stelle eine Philosophie vertreten hat, den Leistungserbringern keinen Handlungsspielraum zu gewähren und lediglich das Missbrauchspotential der KK zu stärken, sollte froh sein, wenn diese Fehler wenigstens teilweise korrigiert werden.
Das völlige Unverständnis der Marktdynamik, die von rot-grün angestossen wurde,ist nur erklärbar durch die wahre Absicht: Verdrängungskrieg anzetteln, um leichtes Spiel zu haben.
Das ist insofern gelungen, als mehr als die Hälfte auf der schiefen Ebene gelandet sind und rutschen.Wenn es ihm jetzt darum geht,dieses Rutschen zu beschleunigen, so zeigt sich die fundamentale Nichtachtung um so deutlicher.Es ist das Ergebnis seiner Denkweise, dass Leistungserbringung kein Gegenstand politischer Beachtung ist.
Das ist brandgefährlich.
Wenn heute angegeben wird, dass ein Drittel mit dem aasgeknautschten OTC-Segment und zwei Drittel mit dem margenstärkeren RxVersand umgesetzt werden,dann bezeugt das die Wichtigkeit.Dies zu erhalten werden alle Register gezogen.Es ist bewusste Irreführung, dies mit 1 % und Unwichtigkeit abzutun.Denn dies ist so wenig, weil bisher nur nicht erlaubte Mittel zur verfügung standen.Es ist pressekundig, dass in den letzten Monaten der Zuwachs ganz steil nach oben geht(zitiert nach G.Kannamüller)
Es ist also eine völlig andere Debatte erforderlich.Nämlich die um die Verantwortung des Auftraggebers.

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AW: Verdrängungswettbewerb

von Bernd Jas am 06.03.2017 um 18:38 Uhr

Lieber Reinhard,
denkst Du wirklich dass die so strategisch-klug agieren und einen "Verdrängungskrieg anzetteln, um leichtes Spiel zu haben."?
Bei den ganzen Neid- und Bonidebatten sind meiner Meinung nach eher niedere Instinkte im Spiel.

AW: RW Verdrängungswettbewerb

von Reinhard Rodiger am 06.03.2017 um 20:20 Uhr

Lieber Bernd, niedrige Instinkte kann ich nicht ausschliessen.Das SPD-Ziel ist Bürgerversicherung und damit eine Krankenkasse und zentralisierte Versorgung.Da das nicht gut vermittelbar war, wurde unter dem Titel "Wettbewerb" das Prinzip Verdrängung gewählt.Eben durch ungleiche Bedingungen und Elimination der Mischkalkulation.Das ist so schön indirekt.Mir hat zB die Preisfreigabe OTC die Rentabilität zerstört.Und vielen anderen auch.Vor allem, weil (von "unseren") alles sonst auf Frequenz getrimmt war.Dagegen ist kein Kraut gewachsen.Soviel mehr an Menge ging nicht. Das überleben nur Premiumlagen(Grüne!) und Kapitalzuschussbetriebe (Grüne) oder hoffnungslose Idealisten oder die, die nicht aus dem Mietvertrag/Kredit rauskommen und müssen... oder..oder...

Dies ist gesehen worden und von "unseren" dahingehend unterstützt worden, dass sowieso 40% zuviel sind. Es handelt sich also um ein strategisch wirksame, aber nicht kluge Massnahmen.Im Doppelpack also. OTC-Rendite Entzug und Frequenzabhängigkeit.Einseitige vorteilserschaffende Massnahmen sind Selektion und nicht Wettbewerb.

Nur wird das zu selten verstanden, vermutlich auch gewollt.


Betriebskks sind die eigentlich verzichtbaren nach der Öffnung.

von Ratatosk am 01.03.2017 um 19:12 Uhr

Neben sonstigem Unsinn und vorsätzlichen Verschleierungen spielt der Herr ein gefährliches Spiel, da gerade die BKK besonders obsolet sind, Als Kasse für eine spezielle Firma, kann man gut finden oder nicht. Mit der Öffnung ist aber jeder Sinn dieser Kassen verschwunden, außer den schönen Pöstchen.
Will wahrlscheinlich verzweifelt von diesen Tatsachen ablenken.
Ach ja, nach den Pseudoargumenten sind die Alten auf dem flachen Land einfach gestorben ohne die Versender - und das hat keiner bemerkt oder wie ?
Wie so vieles aus dieser Ecke einfach nur noch schäbig

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Keine Argumente, Herr Knieps!

von Uwe Hansmann am 01.03.2017 um 16:24 Uhr

Mensch Franz Knieps, Sie waren schon mal weitaus besser in der Agumentation. Das ist zu dünn. Wer, wie Sie, Wettbewerb zum Allheilmittel erklärt, sollte ihn dann auch in gleicher! Form für sich selbst - sprich die Kassen - akzeptieren. Das sehe ich derzeit nicht. Erst recht nicht auf dem innereuropäischen Krankenkassenmarkt - so es ihn denn gibt. Oder sollte ernicht vielmehr umgehend gefordert werden, damit Ihnen mal richtig Beitragsdampf unter die Kassenflügel gemacht wird?

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soweit ich mich erinnere..

von Florian Becker am 01.03.2017 um 14:55 Uhr

..war der Herr doch zu Ullas Zeiten in ihrem Ministerium beschäftigt, oder nicht?
Steigbügelhalter für Ullas Versandhandelskreuzzug...

Da wundert man sich dann über gar nix mehr..

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Da geht noch was ...

von Christian Timme am 01.03.2017 um 13:38 Uhr

Stimmt, denn nur auf dem Rücken der Apotheken ist es so leicht den "Sparkommissar" zu spielen und den "allwissenden Umverteiler" zu mimen. Erstaunlich, wie geduldig die "Geknechteten" nach noch mehr betteln ...

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Wettbewerb? Aber dann richtig!

von Beobachter am 01.03.2017 um 13:09 Uhr

Eigentlich ist jedes geschriebene Wort zu diesem Thema zu viel. Ich verstehe nicht, dass erwachsene Menschen einen derart eingeschränkten Horizont haben und die Folgen nicht sehen.

Es geht doch eigentlich gar nicht um den Versandhandel (den gibt es doch schon lange) – es geht um die Preisbindung (wie im Buchhandel)

Also Wettbewerb - ok, aber dann richtig: Freie Einkaufskonditionen, freie Abgabepreise, keine Rabattverträge!!, kein Retax, europaweit konkurierende Krankenkassen, …
Wenn man das so will – aber will man das? Das wäre Wettbewerb. Will man denn wirklich Wettbewerb in diesem Sektor? Wem bringt das was, außer den Kapitalgesellschaften?

Und was ich überhaupt nicht verstehe ist, warum die Kassen DoMo nicht mit Null-Retax bestrafen. Dürfen tun sie es schon, denn DoMo hält sich nicht an den vereinbarten Vertrag in puncto Preisbindung. Und auch dass sich Patienten defacto auf Kosten der KK bereichern, in dem sie Boni bekommen, die ihnen nicht zustehen, sondern den KK.

Und wenn ich schon dabei bin: Ich verstehe nicht, warum die SPD, Grüne und FDP den eigenen inländischen Markt nicht schützen möchten. Jedes Land tut das, und es ist in Ordnung. Warum möchten diese Parteien alles dafür tun, ausländischen Kapitalgesellschaften eine hohe Rendite zu ermöglichen und den deutschen Markt zu zerstören. Das ist nach eigenen Aussagen das erklärte Ziel von DoMo und Co. Diese Strategie hat zum Ziel, viel Geld zu erwirtschaften und nicht dem Patienten oder den Kassen zu dienen.
Ich wundere mich schon über die Aussagen mancher Politiker und Kassenvertreter über deren „Fachkenntnisse“ und Weitsichtigkeit.

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Grenzen der KKK ...

von Christian Timme am 01.03.2017 um 13:07 Uhr

Eine gemeinsame Pressemeldung der KKs im Quartal wäre vollkommen ausreichend. Mit der Kreativität der KKs ist es, Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel, auch nicht gerade weit her. Und die publizierten Abweichungen dokumentieren die Geistesarmut in diesem Gewerbe. Mit dem Geld anderer Leute ist leichter Umgang, das enthebt weiterer Anstrengungen ... was war das nochmal ?

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Unverzichtbar

von Frank ebert am 01.03.2017 um 13:04 Uhr

Wir brauchen keine 250 Krankenkassen !

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