Infektabwehr

Der Hilferuf der Killerzellen

Bonn - 15.02.2017, 06:15 Uhr

Sobald Killerzellen (rot)
Wind von einer Infektion bekommen, rufen sie eine Art Mitarbeiterstab aus. (Foto: AG Kastenmüller / Universität Bonn)

Sobald Killerzellen (rot) Wind von einer Infektion bekommen, rufen sie eine Art Mitarbeiterstab aus. (Foto: AG Kastenmüller / Universität Bonn)


Kurz nach einer Infektion schwärmen unzählige Killerzellen aus, um befallene Körperzellen aufzuspüren und zu töten. So verhindern sie, dass sich die Erreger weiter ausbreiten können. Ein internationales Forscherteam hat nun einen wichtigen Mechanismus zur Aktivierung der Killerzellen aufgeklärt. 

Wissenschaftler vom Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Bonn haben zusammen mit Forschern aus Japan, den USA und Italien einen neuen Mechanismus der Immunabwehr entdeckt. Die Arbeit unter Federführung der Universität Bonn wird in der Zeitschrift „Immunity“ veröffentlicht.

Dabei geht es im Wesentlichen um die Frage, wie es zur Aktivierung und effizienten Vermehrung der Killerzellen kommt.

Jede Killerzelle hat ihren „Feind“

Killerzellen sind Zellen des Immunsystems, die veränderte Körperzellen, wie etwa von Krankheitserregern befallene Zellen oder Krebszellen, erkennen und sie zum Absterben bringen. Sie treten nur in Aktion, wenn ein Krankheitserreger aufgespürt wird und dann auch nur jeweils gegen ganz bestimmte. Jede trägt auf ihrer Oberfläche zahlreiche Rezeptoren desselben Typs. Eine Killerzelle erkennt immer nur einen Antigentyp und kann nur durch diesen aktiviert werden. Deshalb verfügt das Immunsystem über eine Vielzahl unterschiedlicher T-Killerzellen, um alle erdenklichen Formen von Antigenen ausfindig zu machen. 

Die Entdeckung der dendritischen Zellen

Für das Aufspüren der Krankheitserreger sorgen aber zunächst die dendritischen Zellen. Sie wurden durch den kanadischen Immunologen Ralph Marvin Steinman entdeckt, der in den frühen Siebziegerjahren als Wissenschaftler an einer Universität in Manhattan, New York City arbeitete. Wegen ihrer besonderen Form mit den verzweigten, spindelförmigen Fortsätzen nannte er sie dendritische Zellen. Steinmann vermutete, dass sie eine Schlüsselrolle in der Aktivierung anderer wichtiger Akteure der Immunabwehr, nämlich der B- und T-Zellen spielen könnten. Heute weiß man, dass Steinmann mit seiner Annahme richtig lag.  

Dendritische Zellen: Als Wachpersonal pausenlos im Einsatz

Dendritische Zellen gehören zu den  sogenannten „professionellen“ antigenpräsentierenden Zellen des Immunsystems. Als Wachpersonal sind sie pausenlos damit beschäftigt, im Körper nach Eindringlingen wie Bakterien oder Viren oder auch krankhaft entarteten Zellen, wie sie bei Tumoren auftreten, zu suchen. Haben sie etwas aufgespürt, so verschlucken sie es und präsentieren es anschließend auf der eigenen Oberfläche. Nach dem Kontakt mit dem Fremdkörper wandern sie in den nächsten Lymphknoten. Dort zeigen sie ihre Entdeckung anderen Immunzellen, damit diese gegen die fremden Strukturen vorgehen. Bis der passende Killer auf die dendritische Zelle stößt, dauert es meist ein wenig. Dann geht es allerdings schnell: Die Killerzelle beginnt sich rasant zu teilen. Die Immunantwort des Körpers ist angelaufen.

 Kooperation auf Zellebene

„Wir haben untersucht, was passieren muss, damit es zu einer möglichst effektiven Vermehrung der Killerzellen kommt“, erklärt Wolfgang Kastenmüller, der die neue Studie geleitet hat. „Bislang dachte man, dass dazu der Kontakt zur dendritischen Zelle ausreicht. Wir konnten aber zeigen, dass die Killerzelle zunächst eine Art Mitarbeiterstab zusammenstellt, indem sie gezielt andere Zelltypen herbeiordert.“

Wie die Forscher herausgefunden haben, stoßen die Killerzellen direkt nach dem Kontakt mit dem Fremdstoff eine Art chemischen Hilferuf aus. Aufnahmen mit einem Spezial-Mikroskops zeigten erstmals, wie sich daraufhin bestimmte Spezialzellen der Körperabwehr zu ihr aufmachen. Nach ihrer Ankunft setzen diese Helfer verschiedene Immunprozesse in Gang. Erst dadurch wird die Killerzelle vollständig aktiviert und beginnt sich nun massiv zu teilen. Außerdem differenziert sich die entstehende Abwehr-Armee: Einige Zellen werden zu besonders schlagkräftigen, aber kurzlebigen Killern, andere etwa zu Gedächtniszellen, die im Falle einer erneuten Infektion schneller aktiviert werden können.

„Die Killerzelle schafft sich also zunächst eine ganz spezifische Mikroumgebung“, betont Kastenmüller. „Diese ist für eine koordinierte und schlagkräftige Immunabwehr essenziell.“ Die Wissenschaftler hoffen, dass sich durch ihre Grundlagenarbeit langfristig neue Möglichkeiten auftun, mit denen Impfungen gegen Viren oder Tumoren weiter verbessert werden können.

Publikation: A. Brewitz et al.: CD8+ T cells orchestrate pDC – XCR1+ dendritic cell spatial and functional cooperativity to optimize priming; Immunity; DOI: 10.1016/j.immuni.2017.01.003. Publication stage: In Press Corrected Proof



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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