Stoffwechsel und Immunabwehr

Gemeinsamer Mechanismus entdeckt

Basel - 09.02.2017, 11:10 Uhr

(Foto: Sebastian Kaulitzki / Fotolia)

(Foto: Sebastian Kaulitzki / Fotolia)


Beim Essen wird nicht nur Nahrung, sondern auch eine Menge von Bakterien aufgenommen. Der Körper muss deswegen nicht nur den aufgenommenen Zucker verstoffwechseln. Er muss auch die unliebsamen Eindringlinge bekämpfen. Beides hängt offenbar eng zusammen.

Mediziner von der Universität und vom Universitätsspital Basel haben erstmals gezeigt, dass die Nahrungsaufnahme eine Entzündungsreaktion auslöst, die bei Gesunden schützend wirkt. Die Erkenntnis eines Zusammenhangs zwischen Ernährung und Entzündung ist prinzipiell nicht neu. So kommt es beim Typ-2-Diabetes zu einer chronischen Entzündung mit negativen Auswirkungen, wie dem Absterben der Insulin-produzierenden Betazellen. Hierfür wird eine Überproduktion des hieran beteiligten Botenstoffs Interleukin-1beta (IL-1beta) verantwortlich gemacht. Die Hemmung der ausufernden Produktion von IL-1beta wird deshalb als Ansatz zur Diabetes-Therapie bereits klinisch erprobt.

Jede Mahlzeit löst eine Entzündung aus

Eine mögliche physiologische Rolle von IL-1beta im Glukosestoffwechsel war jedoch bislang unerforscht. Genau hierauf konzentrierten sich die Untersuchungen von Wissenschaftlern am Departement Biomedizin der Universität und des Universitätsspitals Basel. Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Immunology“ veröffentlicht. 

Das Team um den Chefarzt Endokrinologie, Diabetologie und Metabolismus am Universitätsspital Marc Donath konnte zeigen, dass dieselbe Entzündungsreaktion, die bei Übergewichtigen so heftig ausfällt, dass sie Diabetes auslösen kann, auch positive Aspekte hat. Tritt sie nur kurzfristig auf, so spielt sie nach ihrer Theorie bei Gesunden eine wichtige Rolle bei der Zuckeraufnahme und der Aktivierung des Abwehrsystems.

Abwehrsystem aktiviert

Den komplexen Mechanismus beschreiben sie vereinfacht so: Während einer Mahlzeit nehmen bestimmte Abwehrzellen, die Makrophagen, um den Darm zu. Je nach der Glukosekonzentration im Blut produzieren diese „Fresszellen“ den Botenstoff IL-1beta. Dieser wiederum stimuliert das Insulin aus den Betazellen der Bauchspeicheldrüse. Darauf gibt das Insulin an die Makrophagen die Rückmeldung, die Produktion von IL-1beta zu erhöhen. Auf diese Weise regeln IL-1beta und Insulin und gemeinsam den Blutzucker. Überdies bewirkt der Botenstoff IL-1beta gleichzeitig, dass das Immunsystem mit Glukose versorgt und so aktiviert wird.

Mehr Infektionen bei Mangelernährung

Der Mechanismus von Stoffwechsel und Immunsystem ist nach der Interpretation der Baseler Forscher jeweils abhängig von den aufgenommenen Bakterien und den Nährstoffen, die während der Mahlzeit eingenommen werden. Wenn die Nährstoffe ausreichend sind, kann das Immunsystem auf die fremden Bakterien adäquat reagieren. Bei Nahrungsmangel müssen die wenigen verbleibenden Kalorien umgekehrt für wichtige Lebensfunktionen eingespart werden. Dies geht auf Kosten der Immunantwort und könnte nach Meinung der Wissenschaftler erklären, warum bei Hungersnöten häufiger Infektionskrankheiten auftreten.

Quelle:

Dror E et al. Postprandial macrophage-derived IL-1β stimulates insulin, and both synergistically promote glucose disposal and inflammation. Nat Immunol. 2017 Jan 16. doi: 10.1038/ni.3659. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.