Aufruf in der Schweiz

Apotheker sollen potenzielle Terroristen erkennen

Stuttgart - 07.02.2017, 11:15 Uhr

Bei großen Mengen bestimmter Chemikalien, wie Aceton oder hochkonzentriertes Wasserstoffperoxid, sollen Apotheker hellhörig werden, rät die Schweizer Polizei. (Foto: picture alliance / Shotshop)

Bei großen Mengen bestimmter Chemikalien, wie Aceton oder hochkonzentriertes Wasserstoffperoxid, sollen Apotheker hellhörig werden, rät die Schweizer Polizei. (Foto: picture alliance / Shotshop)


In der Schweiz freiwillig, in der EU Pflicht

In den vergangenen Wochen haben Schweizer Apotheken daher einen Brief erhalten. Darin werden sie vom Bundesamt für Polizei fedpol dazu aufgerufen, verdächtige Kunden zu melden – telefonisch oder per Mail. In dem Schreiben finden sich Medienberichten zufolge auch Hinweise, woran man solche Kunden möglicherweise erkennen kann. So können beispielsweise Nervosität, der Wunsch nach einer ungewöhnlich großen Menge einer Chemikalie oder die Weigerung, Auskunft über die geplante Verwendung zu geben, ein Hinweis auf terroristische Motive sein. Insgesamt listet das fedpol 15 freiverkäufliche Chemikalien auf, die für den Bau von Sprengstoffen verwendet werden können. Dazu zählen etwa Wasserstoffperoxid, Natriumperchlorat oder Nitrate in Düngemitteln.

Im Gegensatz zur EU setzt die Schweiz aber auf Freiwilligkeit, eine Meldepflicht soll es nicht geben. Anders in den Mitgliedsstaaten der Union. Hier schreibt die EU-Verordnung 98/2013 für bestimmte Chemikalien – die sogenannten Ausgangsstoffe für Explosivstoffe – vor, „verdächtige Transaktionen“ zu melden, dazu gehören zum Beispiel Natriumperchlorat, Aceton, Nitrate sowie eben Wasserstoffperoxid. 

Grundstoffüberwachung empfiehlt, Verdächtiges zu melden

Für andere Stoffe wie Kaliumpermanganat und Lösungsmittel wie Salzsäure wird dies lediglich empfohlen. Auflagen gibt es neben potenziellen Ausgangsstoffen für Sprengstoffe nämlich auch für Substanzen, die für die unerlaubte Herstellung von Betäubungsmitteln missbraucht werden können. Die maßgebliche Vorschrift ist hier das Grundstoffüberwachungsgesetz (GüG).

Die betroffenen Stoffe sind in drei Kategorien eingeteilt. Sie unterliegen unterschiedlich strengen Regelungen, beispielsweise was die Dokumentationspflichten oder die Erlaubnis, damit zu handeln, angeht:

  • Kategorie 1 sind häufig verwendete Grundstoffe für die Herstellung von Betäubungsmitteln, zum Beispiel Lysergsäure, Ephedrin oder Pseudoephedrin.

  • In Kategorie 2 b finden sich vor allem Reagenzien, die bei der BtM-Herstellung Anwendung finden, darunter eben Kaliumpermanganat oder Essigsäureanhydrid.

  • Die letzte Kategorie – Kategorie 3 – beinhaltet Hilfsstoffe, also Lösungsmittel. Sie unterliegen zumindest laut GüG keiner gesetzlichen Beschränkung. Lediglich die Ausfuhr in Drittländer wird in Abhängigkeit von der Menge und Ausfuhrland in Form einer Genehmigungspflicht reglementiert. Dazu gehören zum Beispiel Salzsäure oder Schwefelsäure und Aceton. Wobei bei den beiden Letzteren die oben genannte EU-Verordnung greift und es daher Auflagen gibt.

Die Empfehlung, „verdächtige Transaktionen“ an die zuständigen Behörden zu melden, gilt für alle Stoffe, die unter das Grundstoffüberwachungsgesetz fallen. 

Die aktuell gültigen Abgabebestimmungen für Chemikalien an Privatpersonen finden Sie hier. 




Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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