Eskalation um Arzneimittelpreise

Martin Shkreli feuert zurück

New York - 27.01.2017, 07:15 Uhr

Das Enfant terrible der Pharma-Branche: Martin Shkreli bei seiner Festnahme 2015. (Foto: dpa)

Das Enfant terrible der Pharma-Branche: Martin Shkreli bei seiner Festnahme 2015. (Foto: dpa)


In der immer wieder neu aufflammenden Diskussion um hohe Arzneimittelpreise in den USA liegen die Nerven mittlerweile blank. Nachdem sich die Branche in einer Anzeige von den Methoden Martin Shkrelis distanziert hat, will der nun nicht weiter der Prügelknabe sein und attackiert seinerseits öffentlich mehrere Pharmaunternehmen ob deren Preispolitik. 

Martin Shkreli hat sich im Jahr 2015 innerhalb kurzer Zeit einen Namen gemacht: Nachdem seine Firma Turing Pharmaceuticals den Preis für ein seit Langem existierendes Arzneimittel (Daraprim mit dem Wirkstoff Pyrimethamin) zur Behandlung von Toxoplasmose quasi über Nacht um 5000 Prozent (!) erhöht hatte, rollte insbesondere in den USA eine Welle der Empörung über Shkreli. Doch auch die gesamte Pharma- und Biotechbranche kam nicht ungeschoren davon und muss sich seitdem vorwerfen lassen, teils unmoralisch hohe Preise für ihre Produkte zu verlangen. Von politischer Seite drohen immer wieder Maßnahmen zur Eindämmung der Arzneimittelpreise. Dem Ruf der Branche hat das nicht gut getan. Zuletzt bezichtigte der neue US-Präsident Donald Trump die Hersteller wegen der hohen Preise des „Mordes“.

Offenbar hat die US-Pharmaindustrie nun genug. In einer mehrere Millionen Dollar teuren Anzeigenkampagne, die der Branchenverband Pharmaceutical Research and Manufacturers of America (PhRMA) kürzlich schaltete, distanzieren sich die darin zusammengeschlossenen Unternehmen deutlich von Shkreli und dessen Preispraktiken, berichten mehrere US-Medien.

Die öffentliche Diskussion um Arzneimittel „hat sich auf eine bestimmte Person mit Kapuzenpullover“ konzentriert, sagte demnach PhRMA-Vorstandschef Stephen Ubl dem US-Fernsehsender CNBC. Gemeint war damit unmissverständlich Shkreli und dessen aggressive Preispolitik. Die neue Kampagne werde laut Ubl zeigen, dass es in der Arzneimittelindustrie um harte Arbeit und wissenschaftliche Forschung gehe und nicht um Preistreiberei. Oder wie er in anderen Worten formulierte: „Weniger Kapuzenpullover, mehr Laborkittel.“ 

Shkreli attackiert die Branche

Doch Shkreli wäre nicht er selbst, würde er sich nach diesen Spitzen ruhig verhalten. Wenngleich er seinen Posten als Vorstandschef von Turing Pharmaceuticals aufgeben musste und mit einer Betrugsklage konfrontiert ist, kam seine Antwort prompt und unmissverständlich. Nur Stunden nach Veröffentlichung der PhRMA-Kampagne schaltete Shrkeli seine eigene Website namens www.pharmaskeletons.com frei, deren einziges Ziel es offenbar ist, hart zurückzuschießen.

Dort spricht er PhRMA-Chef Ubl im ersten Satz persönlich an: „Wage es nicht, den Finger auf mich zu richten für die Probleme, die die Pharmaindustrie hat.“ Und: „Schaut in den Spiegel. Pharma ist eine tolle Industrie, die große Dinge tut. Aber es ist dumm, zu versuchen, mich in eine bestimmte Ecke zu schieben.“ Seine Botschaft: Die von ihm initiierten Preissteigerungen seien nichts im Vergleich zu den Vergehen anderer Arzneimittelhersteller. Shkreli nennt auf seiner Website dezidiert 26 Pharmaunternehmen und überzieht sie mit harscher Kritik. Das Medium Stat News weist allerdings darauf hin, dass nicht alle seine Aussagen wirklich zutreffend seien.

Zusätzlich schlägt Shkreli in einem YouTube-Video verbal um sich: „Ich bin ziemlich angefressen. Wenn man Firmen wie Bayer, Amgen und Allergan vertritt, sollte man mich nicht als Schwarzes Schaf darstellen – lasst das doch.“ Konkret kritisiert Shkreli beispielsweise Unternehmen wie Biogen, die unter anderem Präparate gegen multiple Seklerose herstellen. Unverblümt nennt er Biogen das „schlimmste f… Unternehmen auf dem Planeten.“ Dabei verweist er auf das Multiple-Sklerose-Mittel Tecfidera, welches Biogen von einem europäischen Unternehmen gekauft habe, um anschließend den Preis anzuheben. Er geht auch auf Biogens neuestes Mittel Spinraza zur Behandlung der seltenen spinalen Muskelatrophie ein. Dieses soll laut Liste im ersten Jahr der Behandlung 750.000 Dollar kosten.

Auch das Biotechunternehmen Orexigen aus San Diego nimmt Shkreli ins Visier: „Diese Firma hat fast kein Geld. Ich nehme an, sie geben kaum etwas aus und versuchen, profitabel zu werden.” Diese Anspielung hat laut Stat News ihre eigene Geschichte: Nach Angaben der US-Börsenaufsicht SEC soll ausgerechnet eine Investition in Orexigen Shkrelis Hedge-Fonds in die Insolvenz geführt haben.

Sowohl PhRMA als auch Biogen und Orexigen haben nach Angaben von Stat News keinen Kommentar zu den Aussagen von Shkreli abgegeben. 



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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